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# taz.de -- Kommentar Repressionen im Sudan: Tiananmen wird zum Regelfall
> Der Sturz al-Bashirs war der Erfolg einer mutigen Protestbewegung. Aber
> die wird jetzt niedergeschlagen und von der Welt allein gelassen.
Bild: Die Menschen behaupteten sich monatelang gegen staatliche Gewalt, hier Pr…
Viele Menschen konnten es kaum fassen, als am 11. April einer der
mörderischsten Gewaltherrscher der Welt, Omar Hassan al-Bashir im Sudan,
nach dreißig Jahren Terrorherrschaft abgesetzt wurde. Der von Sudans
Militär vollzogene Regimewechsel stellte den Triumph einer Volksbewegung
dar, die es gewagt hatte, den Traum von einer freien Gesellschaft auf die
Straße zu tragen.
Sie behaupteten sich monatelang tapfer gegen staatliche Gewalt: mutige
Frauen, selbstbewusste Menschenrechtsaktivisten, kämpferische
Gewerkschaften, unerschrockene Jugendliche. Sie träumten nicht nur von
Freiheit, sie lebten sie auch in ihren karnevalesken Massenkundgebungen und
Happenings, die die Welt über Wochen hinweg zum Staunen brachten – und
Autokraten zum Zittern.
Nun [1][ist der Traum vorerst ausgeträumt]. So wie der 4. Juni 1989 in
China geht auch der 3. Juni 2019 im Sudan als schwarzer Tag in die
Geschichtsbücher ein – als Tag, an dem die Hoffnungen eines ganzen Volkes
in Blut ertränkt wurden. Das Militär hat die Revolution gegen das Volk
gewendet. Bashir war offensichtlich das Bauernopfer, dessen Ausschaltung
[2][den anderen Generälen in Khartum nun hilft], ihre Macht in eine neue
Zeit hinüberzuretten – eine Zeit, in der das Volk aber genauso wenig zu
sagen haben soll wie bisher schon. Bashir ist weg, sein Gewaltsystem soll
bleiben.
Es ist noch zu früh, um sagen zu können, ob dieses zynische Spiel aufgeht.
Wäre es so einfach, müssten Sudans Generäle schließlich nicht seit
Jahrzehnten Krieg gegen das eigene Volk führen. Dass sie diesen Krieg jetzt
auch mitten in Khartum führen müssen, darf auch als Zeichen von Schwäche
gewertet werden. Es kann sich am Ende genauso gut gegen sie wenden.
Besonders stabil ist Sudans Gewaltsystem nicht.
So besteht noch ein Funken Hoffnung. Aber er kann schnell verglühen. Denn
das Schändliche an der ganzen Geschichte ist der Mangel an internationaler
Unterstützung für Sudans Demokratiebewegung. Wie schon zu Beginn der
Revolte gegen Assad in Syrien vor acht Jahren werden jetzt auch im Sudan
diejenigen, die im Angesicht der Gewehrläufe mutig für Freiheit einstehen,
alleingelassen. [3][Die Welt schaut zu, wie sie sterben]. Und so wie in
Syrien erhalten Sudans Generäle tatkräftige Unterstützung von ihren
Freunden im Ausland – das Volk aber erhält nichts.
Stück für Stück, Land für Land entsteht auf diese Weise eine sehr unschöne
neue internationale Ordnung, in der Tiananmen für den Regelfall steht und
nicht für die Ausnahme. Es ist nicht nur der Traum von einem freien Sudan,
der in Khartum gerade vernichtet werden soll. Es ist auch der Traum von
einer besseren Welt.
6 Jun 2019
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## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Sudan
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Militär
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