Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lebensmittelverschwendung: Con denn tainern Sünde sein?
> AktivistInnen demonstrieren gegen den Wegwerfwahn, der Justizsenator
> unterstützt einen Hamburger Vorstoß zur Legalisierung des „Containerns“.
Bild: Klein, aber laut: Demo von FÖJlerInnen vor dem Landwirtschaftsministerium
„Warum muss immer alles verfügbar sein? Warum müssen die Auslagen in den
Bäckereien um 18 Uhr noch voll sein? Und nachher sind die Mülleimer voll
mit wunderbarem Essen?“ Die Fragen, die die junge Rednerin auf der
Demonstration „#StopTheWaste – Stoppt die Lebensmittelverschwendung“ am
Sonntagvormittag stellt, sind natürlich rhetorisch gemeint. Mit Johlen und
Pfeifen signalisieren ihre ZuhörerInnen volle Zustimmung. Genießbare
Lebensmittel wegwerfen? Geht gar nicht, finden die rund 120 jungen
Menschen, die mit phantasievoll bemalten Pappschildern und Musik über den
heißen Asphalt der Friedrichstadt ziehen.
Das ziemlich homogene Alter der DemonstrantInnen – um die zwanzig – ist
kein Zufall: Fast alle leisten gerade irgwendwo in Deutschland ein
[1][Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)], zum sogenannten Bundesaktionstag
ihres Jahrgangs haben sie sich an diesem Wochenende in Berlin getroffen.
Inhaltlich stand dabei diesmal das Thema Lebensmittelverschwendung auf der
Agenda. Mit der kleinen, aber lautstarken Demo wollen sie ihre Positionen
in die Öffentlichkeit tragen, dafür laufen sie vom Gendarmenmarkt zum
Umweltfestival der Grünen Liga Unter den Linden, das wie immer am Sonntag
der ADFC-Sternfahrt stattfindet.
Die massive Vernichtung von Essbarem – die Rede ist von 18 Millionen Tonnen
Lebensmitteln, die ErzeugerInnen, Handel oder VerbraucherInnen entsorgen –
hat in den vergangenen Jahren immer wieder für heftige Debatten gesorgt.
Auslöser sind meist Fälle von „Containern“. Dabei bedienen sich Bedürfti…
oder AktivistInnen an Abfallbehältern von Supermärkten, deren Inhalt oft
kaum verdorben ist. Im Januar erst wurden [2][zwei Frauen in Bayern wegen
„gemeinschaftlichen Diebstahls“ verurteilt], das milde Strafmaß ließ aber
erkennen, dass auch in den Gerichten die Einschätzung wächst, dass
Essenretten vielleicht nicht legal, aber letztlich doch legitim ist. Im
März gab es in Hannover einen Freispruch, allerdings hatten die Aktivisten
dort Schlüssel für die Behälter und mussten sie nicht aufbrechen.
Ende vergangener Woche meldete sich nun Hamburgs grüner Justizsenator Till
Steffen zu Wort: Auf der am Mittwoch und Donnerstag in Travemünde
stattfindenden Frühjahrskonferenz der Justizminister der Länder will er
[3][eine Legalisierung des Containerns vorschlagen]. Steffens Vorstoß: Wenn
das Wegwerfen von Lebensmitteln durch Händler als „Eigentumsaufgabe“
umdefiniert würde, bliebe straffrei, wer sich daran bedient. Sollte das
nicht konsensfähig sein, wird der Hamburger alternativ ein Wegwerfverbot
für Supermärkte nach französischem Vorbild vorschlagen.
## „Containern sollte straffrei sein“
Mit Berlin und Brandenburg abgestimmt hat Steffen seine Initiative nicht,
aber die Sprecher der jeweiligen Justizressorts haben bereits Unterstützung
signalisiert: „Containern sollte straffrei sein“, sagte laut dem
Tagesspiegel der stellvertretende Pressesprecher von Berlins Justizsenator
Dirk Behrendt (Grüne), Michael Reis. Das Blatt zitierte am Samstag auch den
Sprecher des Justizministeriums in Potsdam mit der Aussage, Brandenburg
werde die Legalisierung des Containerns unterstützen.
Das freut Fatma Modni, die als hessische FÖJ-Landessprecherin an der
Kundgebung teilnimmt. „Natürlich wäre es noch viel besser, wenn die
riesigen Überschüsse gar nicht entstehen würden, die dann im Müll landen“,
sagt sie der taz. Das finden auch die anderen Demonstrierenden, die
mittlerweile vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium in der Wilhelmstraße
„Stop! The! Waste!“ skandieren. Eine anderen Rednerin betont, dass es auf
ein Umdenken aller ankomme. Die KonsumentInnen sollten gegen die
Verschwendung der Konzerne und Ketten aktiv werden – aber eben auch mal
selbst „das Brötchen von gestern oder den detschigen Apfel essen“.
2 Jun 2019
## LINKS
[1] https://foej.de/foej-2/
[2] /Lebensmittelretterinnen-vor-Gericht/!5567029/
[3] /Vorstoss-des-Hamburger-Justizsenators/!5599424/
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Containern
Lebensmittelverschwendung
Dirk Behrendt
Till Steffen
Lebensmittelverschwendung
Lebensmittelverschwendung
Lebensmittel
Lebensmittel
Schwerpunkt Klimawandel
Containern
Containern
## ARTIKEL ZUM THEMA
Containerinnen über Konsum: „Lebensmittel wertschätzen“
Caroline Kuhn und Franziska Schmitt sollen wegen Containerns bestraft
werden. Jetzt ziehen sie vor das Bundesverfassungsgericht.
Strategie gegen Verschwendung: Eine App für die Tafeln
Firmen sollen mithilfe einer App leichter Lebensmittel an die Vereine
weitergeben. Ernährungsministerin Klöckner will so Verschwendung
reduzieren.
Verschwendung unschöner Lebensmittel: Normen auf den Müll
Zigtausend Tonnen Erdbeeren verfaulen jedes Jahr, weil sie angeblich nicht
schön genug aussehen. Die EU muss ihre Vermarktungsnormen ändern.
Wiederverwertung von Lebensmitteln: Essen wegwerfen? Gehört verboten!
Ein Bündnis aus 34 Organisationen will ein verbindliches Wegwerfverbot für
Lebensmittel. Auch die Regeln für Haltbarkeitsdaten will es ändern.
Der Hausbesuch: Keine Angst vor Verzicht
In Hamburg könnte Containern straffrei werden. Katharina Heinrich und
Mischa Bareuther leben schon lange von Weggeworfenem.
Vorstoß des Hamburger Justizsenators: Containern soll legalisiert werden
Justizsenator Till Steffen will Lebensmittelrettungen entkriminalisieren.
Alternativ könnte ein Wegwerfverbot für Nahrung kommen.
Freispruch für Lebensmittelretter: Recycling, kein Verbrechen
Beim Amtsgericht Hannover werden zwei Lebensmittelretter freigesprochen.
Rechtlich bleibt das „Containern“ eine Grauzone.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.