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# taz.de -- Infrastruktur für Flüssiggas: Regierung gibt Gas
> Die Regierung beschließt neue Regeln für LNG-Gas-Terminals. Die Kosten
> tragen die Kunden. Kritiker sehen darin ein Geschenk an die US-Regierung.
Bild: Das Forschungsschiff „Atar“ fährt mit emissionsarmem Flüssiggas
Berlin taz | Wenn die Bundesregierung Pläne zum Klimaschutz macht oder
erneuerbare Energien fördern will, zieht sich das oft über Monate und Jahre
hin. Aber wenn es sich um die Förderung von fossilen Brennstoffen dreht,
geht es manchmal ganz schnell: Derzeit drückt die Große Koalition im
Rekordtempo eine Regelung für den Bau neuer Gas-Terminals durch. Und
während sie bei Strom- oder Benzinpreisen immer warnt, man dürfe die
Menschen finanziell nicht überlasten, verschiebt sie mit diesem Vorschlag
die Finanzierung von den Unternehmen auf die Kunden.
Es geht um die Bedingungen für den Bau von Hafen-Terminals für LNG-Gas an
der Nordseeküste bei Brunsbüttel, Stade oder Wilhelmshaven. Anders als
Erdgas aus der Pipeline wird dieser Brennstoff verflüssigt und per Schiff
transportiert.
Schon im [1][Koalitionsvertrag ist vorgesehen], den Aufbau dieser
Infrastruktur zu unterstützen. Denn Gas soll laut Bundesregierung nach dem
Ende der Kohle und des Atoms den Übergang zu einem Energiesystem aus
Erneuerbaren garantieren. Und neben der stark kritisierten „Nordstream
2“-Pipeline aus Russland eröffnen LNG-Terminals die Chance, Gas aus den USA
oder aus Katar auf den deutschen Markt zu bringen.
Wie das geschehen soll, regelt nun eine [2][„Verordnung zur Verbesserung
der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland“]
aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Darin wird festgelegt, dass der
Anschluss der geplanten Terminals an das deutsche Gasnetz nicht von den
Investoren zu tragen ist, sondern auf die Netzentgelte und damit auf alle
Kunden umgelegt wird. Die zuständige Bundesnetzagentur hatte dieses
Ansinnen abgelehnt, weil es rechtlich nicht zulässig war.
## „Nicht strittig“ findet nur die eine Seite
Das Wirtschaftsministerium aber will das nun ändern, denn es befürchtet
laut Verordnung, dass „zum Teil sehr lange Leitungen erforderlich werden
und die damit verbundenen hohen Kosten einzelne LNG-Projekte
unwirtschaftlich machen können“. In den Unterlagen ist von 134 Millionen
Euro Investitionen und 2,1 Millionen Euro jährlicher Betriebskosten die
Rede.
Auch Energieexpertin Claudia Kemfert vom „Deutschen Institut für
Wirtschaftsforschung“ (DIW) sieht das LNG-Terminal positiv: Anders als
Nordstream-2 könne ein solches Projekt dazu dienen, Schiffe mit Gas zu
betanken und erneuerbares Gas aus Windstrom ins Netz einzuspeisen.
Die Regierung jagt nun ihre Verordnung mit Hochdruck durch den
Regierungsapparat. Die Anhörung der Verbände lief vom 14. bis 19. März, die
Abstimmung zwischen den Ressorts, die sonst oft Wochen dauert, gelang an
wenigen Tagen und bereits am Mittwoch soll die Vorlage vom Kabinett
entschieden werden. Das Vorhaben sei eben „nicht strittig“, erklärte ein
Sprecher des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage.
Das aber gilt höchstens für die Regierung. [3][Umwelt- und
Verbraucherschützer dagegen laufen Sturm:] „Es ist nicht richtig, dass zum
Schluss wieder die Privatkunden zahlen sollen“, sagt Thomas Engelke vom
Verbraucherzentrale Bundesverband. „Das sollte der Investor tragen. Und
wenn die Regierung es fördern will, sollte sie das aus Steuermittel
machen.“ Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisiert den Schnellschuss: Bis
2050 müsse nach dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz auch fossil erzeugtes
Gas aus dem Energiemix verschwinden, dafür gebe es keinen Plan der
Bundesregierung. Eine „künstlich verbesserte Wirtschaftlichkeit“ des
Terminals könne dazu führen, dass die Anlagen unrentabel würden. Und
schließlich wehren sich die Umweltschützer dagegen, dass über diese
Terminals Gas aus den USA importiert wird, das dort mit der
umweltschädlichen Fracking-Methode gewonnen wird.
Für Constantin Zerger, Klimaexperte der DUH, hat die Eile noch eine andere
Bedeutung: „Die Regierung macht so großen Druck, weil sie offenbar
US-Präsident Trump damit nach dem Streit um Nordstream 2 ein Geschenk
machen will, weil Trump auf den Export von LNG-Gas setzt. Aber es kann
nicht sein, dass dafür unsere Klimaziele über Bord gehen.“ Zufall oder
nicht: Just in der Woche der Entscheidung war ein hochrangiger Beamter des
US-Außenministeriums in Berlin, um „deutsch-amerikanische Kooperation in
Energiefragen“ zu diskutieren, wie die US-Botschaft ankündigte.
25 Mar 2019
## LINKS
[1] https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/847984/5b8bc23590d4cb28…
[2] https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Service/Gesetzesvorhaben/verordnun…
[3] https://hansa-online.de/2019/03/featured/121392/klimaschuetzer-machen-front…
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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