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# taz.de -- Kolumne Geht's noch?: Moody’s enteignen!
> Die Ratingagentur Moody’s warnt Berlin davor, den Immobilienkonzern
> Deutsche Wohnen zu enteignen. Eines haben beide Unternehmen gemeinsam.
Bild: Blackrock ist Aktionär – bei der Deutschen Wohnen und bei Moody's
Panik in Berlin: Weil eine Bürgerinitiative Unterschriften dafür sammelt,
Immobilienkonzerne wie die Deutsche Wohnen zu enteignen, könnte das
Bundesland seine Bonität verlieren. Die Ratingagentur Moody’s droht damit,
[1][die Kreditwürdigkeit Berlins herabzustufen], sollte das Volksbegehren
erfolgreich sein. Senat, Wirtschaft und Presse reagieren besorgt – und das
zu Recht. Setzt Moody’s die Ankündigung um, muss das Land Berlin künftig
höhere Zinsen auf Kredite zahlen. Der Spielraum für öffentliche
Investitionen würde schrumpfen.
Und dass die Ratingagentur Ernst macht, ist gar nicht mal so
unwahrscheinlich. Zumindest wäre es im Interesse ihrer Eigentümer: Die
Fondsgesellschaft Blackrock ist größter [2][Aktionär der Deutschen Wohnen]
und mit 6,26 Prozent der Anteile gleichzeitig [3][drittgrößter Aktionär bei
Moody’s.] Der Vermögensverwalter MFS ist ebenfalls bei beiden Unternehmen
Großaktionär. Anders ausgedrückt: Über Moody’s warnen Finanzkonzerne das
Land Berlin vor ihrer eigenen Enteignung.
Das heißt nicht, dass die Ratingagentur falsch liegen muss. In ihrem
Bericht, den sie auf ihrer Homepage [4][für gerade mal 200 Dollar zur
Verfügung stellt], argumentiert sie durchaus schlüssig: Enteignungen würden
Investoren abschrecken und ließen den Schuldenstand steigen.
Nun ist das Ratinggeschäft aber keine Naturwissenschaft mit präzisen
Vorhersagen. Die Einschätzung von Moody’s ist eben nicht mehr als eine
Einschätzung, eine Meinung darüber, wie sich die Zahlungsfähigkeit Berlins
entwickeln könnte. Und neben dieser Meinung gibt es auch noch andere. Zum
Beispiel diese hier: Die Entschädigung für die Enteignung der Deutschen
Wohnen läge wohl unter dem Marktwert der Wohnungen. Das Land Berlin käme
also relativ billig an neue Vermögenswerte. Das wäre eigentlich gut für die
Bonität.
Dass Ratingagenturen mit ihren Beurteilungen nicht immer richtig liegen,
zeigt die Erfahrung. Die Finanzkrise haben sie mitverursacht, indem sie
miese Papiere zu gut bewertet haben. Studien legen nahe, dass das [5][an
eigenen Profitinteressen lag]. Ob das beim Moody’s-Rating für Berlin
ähnlich ist? Wir wissen es nicht. Möglich ist es aber.
Ausschließen ließe sich das in Zukunft nur, indem Ratingagenturen neu
organisiert werden: nicht mehr profitorientiert und in Privatbesitz,
sondern gemeinnützig in Stiftungen. Die Idee gibt es schon länger. Jetzt
bräuchte es nur noch eine Kampagne. Arbeitstitel: Moody’s enteignen!
15 Mar 2019
## LINKS
[1] /Deutsche-Wohnen-und-Co-enteignen/!5580634
[2] https://ir.deutsche-wohnen.com/websites/dewohnen/German/1400/aktionaersstru…
[3] https://www.nasdaq.com/symbol/mco/institutional-holdings
[4] https://www.moodys.com/research/Land-of-Berlin-Proposed-referendum-to-expro…
[5] https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1512732
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Moody´s
Deutsche Wohnen
Enteignung
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Deutsche Wohnen & Co enteignen
Die Linke Berlin
Grüne Berlin
Ratingagentur
Milieuschutz
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