# taz.de -- Frauenrechte in Afghanistan: „Wir werden nicht stummbleiben“ | |
> Afghanische Frauen kämpfen um ihr Mitspracherecht im Friedensprozess. Sie | |
> haben Angst vor den Taliban, trauen aber auch der Regierung nicht. | |
Bild: Junge Aktivistinnen wie Shaharzad Akbar wollen in Afghanistan für ihre R… | |
Kabul/Herat taz | Afghanische Frauen fürchten, dass bisher verfassungsmäßig | |
verbriefte individuelle und politische Rechte einem Friedensschluss mit den | |
Taliban zum Opfer fallen könnten. Khadija Hassani aus Bamian sagte der taz: | |
„Wir wollen Frieden, aber nicht auf Kosten des von uns Erreichten.“ Um dem | |
vorzubeugen, tritt an diesem Donnerstag in Kabul nach langen landesweiten | |
Konsultationen eine „Nationale Übereinkunft der Frauen“ zusammen. 25 | |
Delegierte aus jeder der 34 Provinzen wollen gemeinsame Positionen für | |
Friedensgespräche mit den Taliban formulieren und die Regierung drängen, | |
Frauen nicht nur wie bisher symbolisch an Verhandlungen zu beteiligen. | |
Im Vorfeld verlangte der Dachverband Afghan Women’s Network vor allem | |
Garantien für diejenigen Frauen, die schon in talibankontrollierten | |
Gebieten leben. Das Problem ist allerdings, dass Präsident Aschraf Ghanis | |
Regierung bisher gar nicht mit am Verhandlungstisch sitzt, weil die Taliban | |
nach wie vor Direktgespräche mit ihr verweigern. | |
Vor diesem Hintergrund äußern mehrere Frauenrechtlerinnen gegenüber der taz | |
die Befürchtung, dass die Regierung sie nur instrumentalisieren wolle, um | |
die eigene Verhandlungsposition zu stärken, sie aber letztendlich wieder | |
leer ausgehen könnten. Die Sorge ist berechtigt: Die Delegierten wurden in | |
einem von oben gesteuerten undemokratischen Prozess ausgewählt. Die | |
Federführung lag beim Büro der Präsidentengattin Rula Ghani und beim | |
Frauenministerium. Im Gegensatz dazu waren im November die | |
Zivilgesellschaftsdelegierten einer internationalen Afghanistan-Konferenz | |
in Genf noch per Wahl bestimmt worden. | |
Doch kaum jemand will die Skepsis offen aussprechen. Eine Delegierte, die | |
nicht namentlich genannt werden möchte, sieht die Frauenversammlung „mehr | |
als Teil des Wahlkampfes“. Im Juli ist Präsidentschaftswahl, Amtsinhaber | |
Ghani hat bereits mit großem Aufwand seine Kampagne gestartet. Seine | |
Wiederwahl ist aber unsicher. | |
## Prominente UnterstützerInnen | |
Sozan Behbudzade aus der westafghanischen Stadt Herat, Parlamentskandidatin | |
und Tochter einer Frauenrechtlerin, sieht keinen anderen Weg als eine | |
Teilnahme an der Kabuler Großveranstaltung. Aber: „Sollte die Regierung ihr | |
Versprechen nicht halten und wir Frauen werden an den Friedensgesprächen | |
wieder nur symbolisch beteiligt, werden wir separat mit den Taliban | |
sprechen. Wir werden nicht stummbleiben.“ | |
Die afghanischen Frauen erhalten jetzt prominente Unterstützung durch einen | |
offenen Brief, den Künstlerinnen und Nobelpreisträgerinnen von Margaret | |
Atwood über Ken Loach bis Shirin Ebadi unterschrieben und den der britische | |
Guardian veröffentlichte. | |
Für gut zwei Wochen nach der Frauentagung hat Präsident Ghani eine Loya | |
Jirga einberufen – eine Art Überparlament aus Vertretern aller sozialen, | |
ethnischen und politischen Gruppen. Der Präsident sagte dafür eine | |
Frauenquote von 30 Prozent zu. Laut Cheforganisator Omar Daudsai werden | |
2.000 Delegierte erwartet. Auch hier wird handverlesen. | |
Ein Aktivist, der anonym bleiben möchte, sagt der taz, die Regierung habe | |
sich über ihr nahestehende Dachverbände „in die Zivilgesellschaft | |
hineingesetzt“, manipuliere sie von innen und suche sich genehme | |
Vertreter*innen aus. Mitglieder seines Netzwerks seien vom Geheimdienst vor | |
öffentlicher Kritik an der Regierung gewarnt worden. Er fürchtet, die | |
Regierung wolle kritische Stimmen aus dem Friedensprozess ausschließen. | |
Am Dienstag begannen in Katar neue Direktgespräche zwischen US- und | |
Talibanvertretern. Zwei Arbeitsgruppen sollen konkrete Absprachen über | |
einen Zeitplan für einen generell zugesagten US-Truppenabzug sowie | |
Taliban-Garantien treffen, um künftige Aktivitäten von al-Qaida und | |
ähnlichen Gruppen von afghanischem Boden aus zu verhindern. | |
27 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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