Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Elf Jahre Unabhängigkeit des Kosovo: Balkan-Stabilität wird brüc…
> Die Grenzen des von Serbien abgespaltenen Landes werden auch nach elf
> Jahren Unabhängigkeit von außen her infrage gestellt. Das ist
> hochriskant.
Bild: Kosovaren am Unabhängigkeitstag in Pristina
Sarajevo taz | Etwas enttäuscht klingt die Stimme von Evliana Berani am
Telefon. Auch die [1][Glückwünsche zum 11. Jahrestag der Unabhängigkeit des
Kosovo] am Sonntag muntern die aus einer serbisch-albanisch gemischten
Familie stammende Professorin nicht auf. Dabei gehört sie zu den
wichtigsten politischen Autoren ihres Landes. Ihre Veröffentlichungen lösen
bei den herrschenden Personen aller Seiten, auch den internationalen
Institutionen, Unbehagen aus.
Für Evliana Berani befindet sich [2][Kosovo heute wieder einmal in einer
unsicheren Position]. 20 Jahre nach dem Krieg hätten eigentlich schon lange
politische Lösungen zwischen Kosovo und Serbien gefunden werden müssen. Die
einseitige Unabhängigkeitserklärung vor elf Jahren wurde zwar von 111
UN-Mitgliedern anerkannt, doch nach wie vor stemmen sich Serbien, Russland
und auch China gegen die Anerkennung, und selbst die EU ist gespalten:
Spanien, die Slowakei, Rumänien, Zypern und Griechenland haben die
Anerkennung verweigert.
Obwohl Serbien Kosovo immer noch als Teil Serbiens ansehe und den Verlust
nicht verkraften will, gab es für Evliana Berani seit Kriegsende so etwas
wie eine Architektur der Stabilität. Die Nato und vor allem die USA
garantieren die Unverletzlichkeit der Grenzen. Unter diesem Schutzschild
wurde eine mit europäischem Recht durchaus vergleichbare Verfassung und ein
funktionierendes parlamentarisches System geschaffen.
[3][Kosovo definiere sich] trotz der 90-prozentigen albanischen
Bevölkerungsmehrheit als multiethnischer Staat, die Minderheiten seien in
dem 120-köpfigen Parlament überproportional vertreten. Doch jetzt sei eine
der Säulen dieser Stabilität infrage gestellt.
Unter Präsident Trump versuchen die USA sich weltweit aus den
Krisenregionen zurückzuziehen. „Auch zu Kosovo versucht man einen Deal.“
Die Amerikaner unterstützten jetzt die auch in Europa verbreitete Position,
zwischen Kosovo und Serbien solle es zu einem Ausgleich kommen, auch wenn
man damit eigene Prinzipien aufgeben sollte. Vor allem der österreichische
Diplomat und Balkanexperte Wolfgang Petritsch versucht seit Jahren von
Österreich aus die Idee zu verbreiten, Kosovo und Serbien sollten einem
ethnisch definierten Gebietsaustausch zustimmen.
## Druck von USA und EU nimmt zu
Nach Petritsch und seinen Unterstützern in der EU – so auch die
Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini oder Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron – sollte der vor allem von Serben bewohnte Nordteil des
Kosovo nördlich der Stadt Mitrovica Serbien zugeschlagen werden und Kosovo
dafür das südserbische Gebiet Presevo bekommen, das vor allem von Albanern
bewohnt wird.
Damit würde die bisherige Position der EU und der USA, auf dem Balkan keine
Grenzänderungen auf ethnischer Grundlage zuzulassen, unterhöhlt. Das könnte
zu unabsehbaren Konsequenzen in Bezug auf Bosnien, aber auch in Bezug auf
die Ukraine führen, warnen Kritiker, so drei ehemalige Hohe Repräsentanten
in Bosnien und Herzegowina, unter ihnen der deutsche Politiker Christian
Schwarz-Schilling, der zudem davor warnt, dass damit den nationalistischen
Strömungen in Europa entgegengekommen würde.
Hinter die Idee stellten sich aber inzwischen auch Kosovos Präsident Hashim
Thaçi und Serbiens Präsident Aleksandar Vučić. Die Verlockung, einen
„ewigen“ Friedensvertrag zustande zubringen, beflügelt alle Akteure. Doch
in beiden Staaten gibt es eine starke Opposition. In Kosovo sind es
Premierminister Ramush Haradinaj und alle Oppositionsparteien sowie die
Mehrheit der Bevölkerung; in Serbien die orthodoxe Kirche, die Kosovo nach
wie vor als Teil Serbiens ansieht, und die nationalistische Rechte.
Für Evliana Berani liegt der ethnisch definierte Gebietsaustausch noch in
weiter Ferne. Zwar habe sich als einzige größere Nation Deutschland gegen
diesen Deal ausgesprochen, lobt sie, doch auch in der Bevölkerung sei
Widerstand spürbar, sogar in den betroffenen Gebieten. Der Druck aus den
USA und Europa werde aber zunehmen, ist ihre Prognose. Allerdings, sagt
Evliana Berani: Der Gebietsaustausch könne nach der Verfassung nur im
Parlament entschieden werden. „Und da ist die Mehrheit eindeutig dagegen.“
17 Feb 2019
## LINKS
[1] /Leben-in-Kosovo/!5482664
[2] /Kommentar-Konflikt-im-Kosovo/!5495027
[3] /Debatte-10-Jahre-Kosovo/!5482486
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Kosovo
Serbien
serbische Minderheit im Kosovo
Unabhängigkeit
serbische Minderheit im Kosovo
Schwerpunkt Emmanuel Macron
serbische Minderheit im Kosovo
Slowakei
Tschetnik
Reiseland Serbien
Serbien
Serbien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vorladung vors Kosovo-Strafgericht: Premier Haradinaj tritt zurück
Der Ministerpräsident von Kosovo gibt sein Amt auf. Doch wohl nicht nur,
weil er vor dem Kosovo-Strafgericht erscheinen soll, wie er behauptet.
Westbalkan-Konferenz in Berlin: Ein Hintertürchen ist offen
Serbien und Kosovo einigen sich bei der Balkankonferenz auf einen
konstruktiven Dialog. Doch in beiden Ländern dürfte es Widerstand geben.
Road-Trip durch Kosovo: Unter Ausgegrenzten
Serben sollen in Serbien leben, Albaner in Kosovo. Dazu muss man nur die
Grenzen verschieben. So lautet der Plan. Was sagen die Betroffenen?
Präsidentschaftswahl in der Slowakei: Bürgerrechtlerin gewinnt erste Runde
Die Anwältin Zuzana Čaputová geht in der Slowakei als Favoritin in
Stichwahl gegen EU-Kommissionsvize Sefcovic. Der scheidende Präsident
unterstützt sie.
Weltkriegsgedenken in Bosnien: Aufmarsch der Tschetniks
Hunderte serbische Nationalisten erinnern an den Tschetnik-Führer Draza
Mihailovic. Das löst in Bosnien heftige Debatten aus.
Serbiens autonome Provinz Vojvodina: Europa im Kleinen
Der Norden Serbiens ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Werte.
Menschen aus 26 Nationen und ethnischen Gruppen leben hier.
Kommentar Putin-Besuch in Serbien: Demonstration von Macht und Liebe
Wladimir Putin ließ sich in Belgrad feiern. Das zeigt: Russland hat noch
Einfluss auf dem Balkan. Und Serbien ist eine Scheindemokratie.
Proteste in Serbien: Gerechtigkeit für Oliver Ivanović
Teilnehmer mehrerer Kundgebungen fordern Aufklärung im Fall des Mordes an
dem serbischen Politiker im Kosovo 2018. Von den Tätern fehlt jede Spur.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.