# taz.de -- Kommentar Verantwortung für Firmen: Schon die Drohung wirkt | |
> Deutsche Textilhersteller sollen soziale Standards nicht nur propagieren, | |
> sondern auch weltweit umsetzen. Das Gesetz wäre ein Fortschritt. | |
Bild: Eine Textilarbeiterin in Bangladesch näht Pyjamas für den europäischen… | |
Ein erstaunlicher Gesetzentwurf kommt da aus dem Haus von | |
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Einheimische Unternehmen sollen | |
soziale Standards und Menschenrechte nicht nur in hübschen Berichten und | |
wohlklingenden Werbeslogans propagieren, sondern weltweit umsetzen. Das | |
würde der Wirtschaft erhebliche Mühen und Kosten verursachen. Eine Frage | |
ist nun, ob Müller sein Vorhaben ernst meint. | |
Beschäftigten in Deutschland geht es ziemlich gut – trotz allem. Das liegt | |
auch daran, dass ein großer Teil der miesen und billigen Produktion von | |
Konsumgütern in ärmere Länder ausgelagert wurde. Die hiesigen Bürger*innen | |
und Verbraucher*innen profitieren von dieser Art der Globalisierung. | |
Wohlstand und Lebensqualität bei uns basieren auf Armut und | |
Umweltzerstörung in anderen Teilen der Welt. | |
Müller betrachtet diesen Widerspruch als Problem – und den Hinweis auf die | |
christlichen Werte im Namen seiner Partei als politische Verpflichtung. | |
Kurz nach seinem Amtsantritt vor fünf Jahren [1][gründete er das Bündnis | |
für nachhaltige Textilien,] mit dem er die Mitgliedsfirmen dazu bringen | |
will, soziale und ökologische Standards der globalen Produktion zu erhöhen. | |
Diese Veranstaltung ist bisher im Wesentlichen freiwillig. Deshalb dauert | |
alles ziemlich lange. Gemessen an seinen öffentlichen Äußerungen ist Müller | |
darüber zunehmend verärgert – deshalb jetzt dieser Gesetzentwurf. Zwei | |
Varianten sind nun möglich. Der Text könnte als Drohkulisse dienen, um den | |
Bekleidungskonzernen und anderen Branchen auf die Sprünge zu helfen. Oder | |
dem Minister ist daran gelegen, das Gesetz auch gegen Widerstände | |
tatsächlich durchzudrücken. | |
Das würde nicht einfach. Wirtschaftsorganisationen wie der Gesamtverband | |
Textil und Mode dürften schon dabei sein, die Messer zu wetzen. Patrick | |
Zahn, Chef des Textildiscounters Kik, ist einer der wenigen Manager, die | |
ein solches Gesetz gutheißen. Aus dem Prozess gegen sein Unternehmen | |
[2][wegen des Fabrikbrandes in Pakistan 2012] hat er den Schluss gezogen, | |
dass er nicht alleine für die Missstände in der globalen Textilindustrie am | |
Pranger stehen möchte. Alleine diese Einsicht eines Unternehmers zeigt, | |
welchen Fortschritt das Gesetz bedeutete, käme es durch. | |
11 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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