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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Klimastreik am Fluchhafen
> Ver.di macht es vor: Um die Klimakiller in der Luft zu bekämpfen, muss
> Fliegen vor allem viel teurer werden. Egal, mit welchen Mitteln.
Bild: Gelbwesten als Klimaschützer: Jeder Flug weniger ist ein Gewinn
Es liegt wirklich nur an meinem guten Herzen, dass unser Freund M. nicht
unter der Brücke schlafen muss. „Kein Bett mehr, wenn du wieder mit dem
Flugzeug kommst“, sagte ich beim letzten Mal. M. wohnt in Köln, sucht eine
Wohnung in Berlin und nimmt dafür immer mal wieder gern schnell den
Flieger. Letzten Freitag stand er wieder ohne Bahnticket vor der Tür. Was
soll ich sagen. Auch Ökodiktatoren haben ihre weiche Seite.
Und M. geriet nicht mal [1][in einen dieser Streiks], mit dem die
Klimaschützer von Verdi derzeit den Himmel über Deutschland entlasten. Denn
jeder Flug, der am Boden bleibt, ist ein Sieg für die kommenden
Generationen.
Zur Erinnerung: Nichts ruiniert das Weltklima so prima wie unsere
CO2-Bilanz aus der Fliegerei. Global dürfte jeder von uns 2,3 Tonnen CO2 im
Jahr ausstoßen, wir Deutschen sind mit gut 10 Tonnen tief im Soll. Ein Flug
nach New York und zurück bucht schon mal 3,6 Tonnen auf Ihr Konto.
## Eine Flugreise versaut die ganze Ökobilanz
Da können Sie noch so viel Müll trennen, zu Fuß gehen, vegetarisch essen
und veganen Strom beziehen – eine ordentliche Flugreise versaut die ganze
Bilanz. Aufklären oder mit der Apokalypse drohen hilft nicht, das haben die
letzten Jahr gezeigt. Wir stürmen die billigen Flüge, als gäbe es kein
Morgen. Gibt es ja vielleicht auch nicht.
Die Gewerkschaften haben jetzt die Lösung, um Öko und Soziales endlich zu
versöhnen: Gelobt sei, was das Fliegen teuer macht. Wenn schon 20 Euro
Stundenlohn ein Problem sind, sollten die Sicherheitsleute am Gate ruhig
200 Euro die Stunde bekommen. PilotInnen sollten sich jedes Jahr einen
neuen Tesla leisten können, Flugbegleiter im Schampus baden.
Über den Wolken sollte jeder Atemzug einen Euro kosten. Für Parkplätze
sollte der Flughafen so viel berechnen wie ein Bahnticket zum anvisierten
Ziel kostet. Kerosin braucht eine saftige Luxussteuer wie andere dekadente
Umtriebe auch. Von den Flughafenabgaben und Sicherheitszuschlägen sollten
sich die Kommunen goldgekachelte Schwimmbäder leisten können. Und überall
im Umfeld der Airports, wo immer mal ein Säugling schlafen könnte, müssten
Flugverbotszonen herrschen.
Das sollte reichen, um Fliegen wieder zu einem Privileg der Oberschicht im
Sinne von Friedrich Merz zu machen. Heute spuckt der Flugverkehr in
Deutschland etwa 30 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Berücksichtigt
man die höhere Klimawirkung der Abgase in den oberen Luftschichten, ist das
etwa so schädlich fürs Klima wie die Lücke im deutschen Klimaschutz bis
2020.
Das heißt: Wenn wir bis 2020 alle Flüge in Deutschland wegstreiken, kommen
wir zwar nicht in die Nähe unseres Klimaziels, können das aber behaupten.
Eine Milchmädchenrechnung? Vielleicht. Aber auch nicht utopischer als die
anderen Klimapläne der Regierung.
Vor allem sollten wir die Dinge beim Namen nennen: M.s Heimatstadt geht mit
gutem Beispiel voran: Der Flughafen heißt dort Köln-Wahn. Wie wäre es also
mit München-Irrsinn, Frankfurt-Rhein/Unrein oder Hamburg Hybris. Und dann
bezeichnen wir die Klimabomber auch bitte noch als das, was sie wirklich
sind: Fluchzeuge.
19 Jan 2019
## LINKS
[1] /Tarifverhandlungen-Flugsicherheit/!5559729
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
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