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# taz.de -- Studie zu Linksextremismus: Täglich grüßt der Postautonome
> Der Präventionsrat Schleswig-Holstein lässt eine Online-Studie zu
> linksextremistischen Erscheinungen machen. Die Befragung stößt vielerorts
> auf Kritik.
Bild: Wer weiß, was sie im Schilde führen? Linksradikale auf der Straße
Hamburg taz | Der Landespräventionsrat in Schleswig-Holstein bittet um
Mithilfe, um das „Phänomen des Linksextremismus“ einordnen zu können. Mit
einer Studie will er linksextremistische Erscheinungsformen und
insbesondere linke Gewalt erfassen. Ein „wichtiger Baustein der
wissenschaftlichen Studie“ sei eine Onlinebefragung mit siebzehn Fragen,
schreibt Thomas-Michael Kassun, der Geschäftsführer des „Rats für
Kriminalitätsverhütung“.
Am 9. Januar hat Kassun verschiedene Stellen mit der Bitte um Mitarbeit
angeschrieben. Sie seien als „geeignete Akteure“ identifiziert worden, weil
sie „durch ihre Arbeit mit Linksextremismus konfrontiert sind und/oder
zumindest mit milieuaffinen Menschen in Kontakt stehen können“. Bis zum
25. Januar soll die Studie laufen.
Viele Akteure waren überrascht, denn in dem großen Kreis des
Landespräventionsrates war die Studie nicht angekündigt und auch nicht
vorgestellt worden. Die Onlinebefragung stieß bei verschiedenen Trägern der
Beratungs- und Bildungsarbeit auf Kritik – nicht bloß wegen der
inhaltlichen Annahmen in den Fragen, sondern auch wegen der mangelnden
empirischen Aussagekraft. Der Link ist offen: Wer will, kann einfach
mitmachen, und das mehrfach.
Nach Fragen zur Berufserfahrung wird ermittelt, ob man in seinem Arbeits-
oder Funktionsbereich schon mit der DKP, MLPD, Sozialistischen Deutschen
Jugend, Roten Hilfe, Autonomen, Postautonomen und „Sonstigen“ konfrontiert
war. Weitere Parteien oder Gruppen können angegeben werden. Zwei kleine
Hinweise zum Anklicken erklären einem sofort, was Postautonome von
Autonomen unterscheidet.
Nur wenn die Frage beantwortet wurde, kann die Studie weiter online
verfolgt werden. So darf dann angegeben werden wie relevant der
Linksextremismus im eignen Funktionsbereich und der Region sei und wie oft
einem „linke Gewalt“ begegnet wäre: „Niemals, Jährlich, Monatlich,
Wöchentlich, Täglich, Kann ich nicht sagen“, darf angekreuzt werden. Die
Frage impliziert ein hohes Gewaltpotenzial, was von jeder Polizeistatistik
widerlegt wird.
Als mögliche Ursachen linksextremistischer Einstellungen stehen zur
Auswahl: geringe Selbstkontrolle, erhöhter Drogenkonsum, Bedürfnis nach
Gemeinschaft, Suche nach Identität, Selbstinszenierung,
Desintegrationserfahrung, Abenteuerlust, instabiler familiärer Hintergrund,
schulische und berufliche Frustration.
Politische Motive werden aber nicht ausgeschlossen: Angekreuzt werden kann
Begeisterung für linksextreme Subkultur, die Ablehnung der bestehenden
Werte und Normen oder die Unzufriedenheit mit politischen
Partizipationsmöglichkeiten. Warum „politische Überzeugung und
Szenezugehörigkeit von Freunden“ eine Frage statt zwei sind, erschließt
sich nicht ohne Weiteres.
Bei den Ursachen kann zudem „Vorhandensein von Bevölkerungsgruppen, die als
Feindbilder und Gegner dienen“ angegeben werden. Bevölkerungsgruppen? Wohl
eher eine Frage aus dem Fragekatalog zum Rechtsextremismus. Oder gilt „die
Polizei“ als solch eine Gruppe?
Die letzten Fragen beziehen sich auf die Schwierigkeiten bei der
Prävention: Mangel an gesellschaftlicher Unterstützung, fehlende
Kooperationspartner oder fehlendes Vertrauen der Zielgruppe. Zuletzt wird
gefragt, wo Schwerpunkte gelegt werden sollten: bei der Verschärfung der
Gesetze für linksextremistische Straftaten, Stärkung der Polizei oder
Integrationsmaßnahmen für ehemalige Straffällige.
22 Jan 2019
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Rechtsextremismus
Schleswig-Holstein
Studie
Rechte Gewalt
Linksextremismus
Radikale Linke
Niedersachsen
Extremismus
Gefährder
Schwerpunkt Rassismus
Autonome Szene
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