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# taz.de -- Schwule und Lesben in der Bundeswehr: LGBT-Verein beklagt Diskrimin…
> Der „Arbeitskreis Homosexueller Angehöriger der Bundeswehr“ fordert
> Diversity-Beauftragte in der Armee. Homosexualität sei noch immer
> tabuisiert.
Bild: Der AHsAB lobt die Arbeit der Verteidigungsministerin. In der Truppe gebe…
Berlin taz | Der „Arbeitskreis Homosexueller Angehöriger der Bundeswehr“
(AHsAB) kritisiert die Präsidentin der Bundeswehr-Universität München,
Merith Niehuss. Niehuss hatte zuvor im November [1][in einem Interview mit
der Welt behauptet,] dass Homosexualität in der Bundeswehr kein Tabu sei.
Dies gelte nur für die Führungsebene, die sich mit dem Thema mittlerweile
auseinandergesetzt habe, heißt es in einer Stellungnahme. Dies reiche
jedoch nicht aus. „In weiten Teilen der Truppe ist es ein Tabu“,
[2][schreibt der Verein für schwule, lesbische, bisexuelle und transidente
Soldatinnen und Soldaten.]
„Aus unserer (nicht vom Bundesverteidigungsministerium geförderten)
täglichen Arbeit wissen wir, dass es abhängig von Dienstort,
Truppengattung, Dienstgrad und Karrierezielen noch immer schwer bis
unmöglich ist, ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. Bei Opfern
von Mobbing, Diskriminierung und Gewalt gibt es auch in der Bundeswehr noch
Angst damit offen umzugehen“, heißt es in dem Statement. Das Newsportal
watson.de [3][hatte zuerst über die Stellungnahme berichtet.]
Darin wird die Arbeit der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
(CDU) gelobt, die im Januar 2017 „schäbige Witze, herabwürdigende
Bemerkungen und widerwärtiges Verhalten“ im Umgang mit LGBT-Personen in der
Bundeswehr kritisierte. „Ob Sie schwul, lesbisch, transsexuell oder
heterosexuell sind, Sie sind uns herzlich willkommen“, [4][sagte sie
damals.] Zudem veranstaltete sie einen Workshop zum Thema „Sexuelle
Orientierung und Identität in der Bundeswehr“, bei dem sie forderte, dass
„offen und ehrlich“ über Diskriminierung innerhalb der Armee gesprochen
werden müsse.
Die Ministerin habe durch den Workshop „alle Personen sich outen lassen,
die sich outen wollten“, sagte Niehuss dazu in der Welt. Auch hier
widerspricht der AHsAB: „Dies war weder Intention des Workshops noch wurden
die Betroffenen aufgefordert sich ‚jetzt‘ zu outen. Ein Outing kann nicht
befohlen werden. Es wird erst dann erfolgen, wenn sich Betroffene sicher
fühlen und keine Angstvor Benachteiligung oder Gewalt haben müssen“, heißt
es in der Reaktion auf das Interview.
## Region spielt eine Rolle
Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums betonte im Gespräch mit der
taz, dass die Bundeswehr keinerlei Diskriminierung toleriere und „jedwedem
Verdacht entschieden entgegen“ trete. „Für uns spielen ausschließlich
Eignung, Leistung und Befähigung von Menschen eine Rolle – vollkommen
unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung,
Behinderung, Alter oder auch sexueller Orientierung oder Identität“, sagte
sie. „Dabei begreifen wir Vielfalt und die unterschiedlichen Fähigkeiten
und Erfahrungen unserer über 260.000 Bundeswehrangehörigen als Gewinn.“
Jens Marschner, Vorstandsmitglied des AHsAB und Hauptmann in der
Bundeswehr, will zum Thema Coming-Out in der Bundeswehr keine
generalisierenden Aussagen treffen. „Man kann nicht allgemein sagen, dass
ein Coming-Out in der Bundeswehr problematisch ist“, sagt er im Gespräch
mit der taz. Beispielsweise in Köln oder an anderen Orten, an denen
LGBT-Personen schon lange im Stadtbild sichtbar sind, gebe es weniger
Probleme.
„In anderen Bereichen, gerade in besonders männlich geprägten Berufsbildern
wie den Fallschirmspringern oder anderen Kampfverbänden oder auch in
Dienststellen aus stark katholisch geprägten Gegenden, gibt es teilweise
noch größere Vorbehalte gegenüber schwulen, lesbischen und bisexuellen
Soldaten.“
Der AHsAB fordert deshalb Diversity-Beauftragte in den Einheiten, an die
sich Betroffene von LGBT-feindlicher Diskriminierung wenden können. Im
Verteidigungsministerium gibt es zwar das Stabselement
„Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion“ und die „Ansprechstelle
Diskriminierung und Gewalt in der Bundeswehr“. Der Arbeitskreis kritisiert,
dass diese Stellen „nach militärischer Logik“ besetzt würden.
## Angst vor Coming-Out
„Nur selten findet man hier selbst Betroffene, welche aufgrund ihrer
Erfahrungen Hilfesuchenden helfen können“, heißt es in der Stellungnahme.
„Oft besteht Angst, sich unmittelbar an Vorgesetzte zu wenden“, sagt Jens
Marschner dazu. Er fordert, dass in den Personalräten neben
Gleichstellungs- und Schwerbehindertenbeauftragten auch Beauftragte für die
Themen sexuelle Orientierung und sexuelle Identität berufen werden müssten.
Die Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte der taz, dass die
Mitarbeiter des Stabselements und der Ansprechstelle „sehr sensibel und mit
größtmöglichem persönlichen Engagement“ nachgingen. „Dabei stehen sie m…
vielen unterschiedlichen Organisationen und Vereinen in Kontakt, die sich
mit dem Thema Diversity beschäftigen, um eine stete Weiterentwicklung zu
gewährleisten.“
Viele LGBT-Personen innerhalb der Bundeswehr scheinen dies offenbar anders
wahrzunehmen. Das Ministerium würde zwar „sehr gute Arbeit leisten“, so
Marschner. Bei den Diskriminierungsfällen, die dem Verein bekannt sind,
gebe es jedoch „Vorbehalte, sich an diese Stelle oder an den
Wehrbeauftragten zu wenden, da viele befürchten, so Gefahr zu laufen, dass
der Fall in viel mehr Bereichen bekannt wird, als gewünscht.“ Dadurch würde
man dann „viel weitläufiger geoutet“, ein Coming-Out wäre „nicht mehr
selbst bestimmbar.“
Alleine diese Befürchtung zeigt, dass ein Coming-Out häufig mit Angst und
Schmerz verbunden ist – auch in der Bundeswehr.
21 Dec 2018
## LINKS
[1] https://www.welt.de/politik/deutschland/article181743946/Diversity-beim-Mil…
[2] https://www.ahsab-ev.de/fileadmin/Dokumente_allgemein/Reaktion_auf_das_Inte…
[3] https://www.watson.de/deutschland/politik/451312686-wie-gut-geht-es-homosex…
[4] http://www.fr.de/politik/bundeswehr-von-der-leyen-stellt-sich-hinter-homose…
## AUTOREN
Frederik Schindler
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