# taz.de -- Was ist konservativ?: Talent zur Anpassung | |
> Kommt das Konservative wieder? Rechte und gemäßigte Christdemokraten | |
> reklamieren den Begriff für sich. Auf der Suche nach einem Lebensgefühl. | |
Bild: Viele wollen gerade mit dem Konservativen verheiratet sein | |
Astrid D. ist 30 und verdient ihr Geld als Texterin. Ein guter, | |
selbstbestimmter Job. Sie wohnt in Berlin-Kreuzberg, einer angesagten | |
Gegend. Aber: Dort ist es ihr zu dreckig. Sie würde lieber im Prenzlauer | |
Berg leben. | |
Astrid D. ist das, was sie hier erzählt, zu privat, sie bat darum, dass wir | |
ihren Nachnamen abkürzen. Sie hat klare Vorstellungen von ihrem Leben: Ihre | |
Kinder sollen „in geordneten Verhältnissen“ groß werden, sagt sie. Es | |
scheint, als würde sie sich selbst wundern, dass sie „geordnete | |
Verhältnisse“ sagt. Es klingt fremd, aber sie meint es so. | |
Andererseits: Das Leben soll nicht bis ins Letzte geplant sein. Wenn „man | |
mit 20 schon weiß, was man mit 50 machen wird“, erscheint ihr das spießig. | |
Sie will Selbstverwirklichung plus Verbindlichkeit, Job und Kinder. „Man | |
ist beruflich erfolgreicher, wenn man Familie und Zuhause hat“, sagt Astrid | |
D. Sie ist grüne Stammwählerin, vor zwei Jahren hat sie sich verlobt. | |
Ihr Freund hat ihr auf der Treppe einen Heiratsantrag gemacht, „sehr | |
romantisch“. Die Diele voller Kerzen, im Wohnzimmer warteten gemeinsame | |
Freunde. „Das war süß.“ Jetzt sind sie verheiratet, kirchliche Hochzeit, | |
weißes Kleid. Seit zwei Jahren haben sie eine Fernbeziehung. Er arbeitet | |
500 Kilometer entfernt, sie treffen sich jedes Wochenende. | |
Es gibt keine Statistik über Verlobungen. Aber sie scheinen, anders als in | |
der Post-68er-Zeit, wieder angesagt zu sein. Es gibt eine Art | |
Verlobungsindustrie und TV-Heiratsdokusoaps wie „Zwischen Tüll und Tränen�… | |
Verlobung war früher fixe Konvention. Wer verlobt war, durfte miteinander | |
alleine sein. Und es war ein einklagbares Eheversprechen. Wenn der Mann | |
sich aus dem Staub machte, die Frau ihre Unschuld verloren hatte, war | |
Kranzgeld fällig. In Deutschland wurde dieses Gesetz erst 1993 de facto | |
abgeschafft. | |
Verlobung heute ist anders, individualisiert. Manche Paare verloben sich | |
und heiraten nie. Bei manchen ist Verlobung kostspieliges Event mit Ring, | |
bei anderen private Feier. Ein Zitat aus einer scheinbar untergegangenen | |
Welt, als die Rollenmuster noch fest waren. Das Versprechen von | |
Verbindlichkeit und Form wirkt 2018 anziehend. | |
## Ein konservatives 1968 | |
Die Jüngeren, hat Jens Spahn kürzlich auf einer der Regionalkonferenzen | |
seiner Partei gesagt, „sind CDU. Aber sie wissen es noch nicht.“ Ein | |
markiger Spahn-Satz. Rechte Publizisten träumen von einer neokonservativen | |
Zeitenwende, einem neuen 1968, nur politisch andersherum. Aber ist die | |
Abwendung von den lockeren Post-68er-Umgangsformen schon ein Rollback? | |
[1][Ist die CDU 2018 noch konservativ?] Oder ist „Nachhaltig das neue | |
Konservativ“, wie der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann behauptet? | |
Sylvia Pantel, 57, sitzt in ihrem Abgeordnetenbüro in Berlin-Mitte und | |
schaut auf zwei Fotografien an der Wand: zwei Frauen, drei Männer – ihre | |
fünf Kinder. Alle drei Jahre auseinander, genau so geplant. „Für mich war | |
immer klar, dass ich viele Kinder haben will“, sagt sie. Kita? Nein. „Ich | |
hätte mir die Zeit mit den Kindern nicht nehmen lassen.“ Ihre kleine | |
Speditionsfirma hat sie nachts nebenbei gemanagt. Pantel ist eine Frau der | |
Tat. Sie trägt eine strapazierfähige Frisur, alles an ihr wirkt praktisch. | |
Sie lacht viel, redet viel und kommt ja auch aus Düsseldorf. In der CDU ist | |
sie seit 1996. Wegen der Bildungspolitik. | |
Jetzt ist sie Co-Sprecherin des Berliner Kreises der CDU, des rechten | |
Flügels. Vor ein paar Jahren war Alexander Gauland Spiritus rector der | |
Gruppe, ehe er zur AfD wechselte und zum Quartalsextremisten wurde. Pantel | |
bastelt an einem familienpolitischen Plan. Weil ein Kitaplatz den Staat | |
1.500 Euro kostet, sollen Familien, die ihre Kinder nicht in die Kita | |
schicken, 1.500 Euro bekommen. Alle, unterschiedslos, nicht wie beim | |
Elterngeld abhängig vom Einkommen. | |
Dass der Staat Kitas fördert und Väter ermuntert, zu Hause zu bleiben, | |
passt Pantel nicht. „Wer aufs Kind aufpasst, ob Papa oder Mama, das geht | |
den Staat nichts an“, sagt sie. Dass Kitas unter Merkel gefördert wurden, | |
gilt ihr als Indiz, dass das Konservative in der CDU verloren gegangen ist. | |
Die Familie steht im Zentrum ihres Weltbildes. Ihr Plan: eine Herdprämie de | |
luxe. Am Ende bleiben ja meist die Mütter zu Hause. So eine Familienpolitik | |
wärmt Konservativen in der Union das Herz – die urbanen | |
Selbstverwirklichungsmilieus erreicht die CDU damit kaum. | |
## Keine Ahnung von Klimapolitik | |
Rechts neben der resoluten Rheinländerin ist in der CDU nicht mehr viel. | |
Eigentlich gar nichts. Sie ist gegen die doppelte Staatsangehörigkeit, | |
gegen das Einwanderungsgesetz und für den Paragrafen 219a mit dem | |
Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche. Sie hat gegen den | |
Koalitionsvertrag gestimmt, weil der zu wenig Union enthält. Dass „der | |
Islam nicht zu Deutschland gehört“, ist sowieso klar. | |
2017 hat sie ein Papier des Berliner Kreises zum Klimawandel | |
unterschrieben, das auch für Unions-Rechte krass ausfiel. Tenor: Der | |
Treibhauseffekt wird übertrieben. „Chancen wie die eisfreie Nordpassage, | |
neue Fischfangmöglichkeiten und Rohstoffabbau“ seien „vermutlich größer … | |
mögliche negative ökologische Effekte“. Das klang wie Trump und AfD. Pantel | |
distanziert sich davon nicht, müht sich aber auch nicht um den Eindruck, | |
Ahnung von Klimapolitik zu haben. | |
Die CDU-Rechten haben mehr Einfluss als früher, mehr Abgeordnete, mehr | |
Fachwissen. Dass nicht erneut der Merkel-Vertraute Volker Kauder, sondern | |
Ralph Brinkhaus zum Chef der Unionsfraktion im Bundestag gewählt wurde, | |
war, so stellt es Pantel dar, auch ein Verdienst des Berliner Kreises. Dass | |
die CDU-Rechte machtpolitisch wieder mitmischt, hat auch [2][der | |
UN-Migrationspakt] gezeigt. Pantel fürchtete, dass die UN „deutsche Politik | |
beeinflussen und später diktieren“ kann – weil der Pakt als soft law in | |
deutsches Recht einsickern würde. „Wenn der Text nicht verbindlich ist, | |
warum steht x-mal drin, dass wir uns verpflichten?“, fragte sie. | |
Auf Druck des Berliner Kreises verabschiedeten Union und SPD im Bundestag | |
einen Antrag, der fixiert, dass der Migrationspakt „keine einklagbaren | |
Rechte und Pflichten“ bedeutet. Die Agitation ging von der AfD aus. Der | |
Pakt, so der AfD-Mann Petr Bystron, ziele auf den „Austausch der | |
Bevölkerung“. Für die Umvolkungs-Paranoiker, die glauben, dass die | |
Bundesregierung die Deutschen vernichten will, war der UN-Pakt eine ideale | |
Vorlage. Die AfD „legt den Finger in die Wunde“, sagt Pantel. Es könne | |
nicht sein, dass „man Kritik, nur weil sie von der AfD kommt, nicht | |
wahrnimmt“. Nervig sei bei der AfD, dass deren Leute in Ausschüssen den | |
Mund kaum aufmachten, aber sobald eine Kamera anginge, den Lautsprecher | |
gäben. Aber das ist eher ein Abzug in der B-Note. | |
Beim UN-Migrationspakt war zu beobachten: Die AfD macht den Wind, der die | |
Segel der CDU-Rechten bläht. Auch wenn Pantel im Bundestag dann für den | |
Pakt stimmte. | |
## Nicht zu viel Freiheit! | |
„Bewahren, was sich bewährt“, so versteht die erdverbundene Pantel das | |
Konservative. Doch widerspruchsfrei ist dieser Konservatismus nicht. | |
Bewahrung der Schöpfung, aber bald in Grönland nach Öl bohren? Dem | |
Moderaten, Ausgleichenden verpflichtet, aber AfD-Hetze achselzuckend | |
hinnehmen? Widersprüche sind bei Konservativen nicht selten, ja typisch. | |
Das Unscharfe gehört seit jeher zum Konservativen. Manche wollen deutsche | |
Städte ohne Moscheen, andere sind, [3][wie Friedrich Merz], neoliberal und | |
offen für Migration und Globalisierung. | |
Das Ideal der Liberalen ist Freiheit, das der Linken Gleichheit. Die | |
Konservativen wollen nicht zu viel Freiheit und nicht zu viel Gleichheit. | |
Entgegen ihrem Mantra, das immer Gültige zu verteidigen, sind sie flexibel. | |
Im 19. Jahrhundert zogen sie gegen die Demokratie ins Feld, im 20. gegen | |
Fortschritt und Massengesellschaft. Konservative haben, gerade weil ihre | |
eigene Wertefestplatte leer ist, Talent zu Anpassung. | |
Was ist konservativ, Herr de Maizière? „Maß und Mitte“, sagt der CDU-Mann. | |
Er neigt auch am Ende seiner politischen Karriere noch zu Sätzen, bei denen | |
Widerspruch zwecklos scheint. „Wir erleben eine gesellschaftliche | |
Verrohung“ ist so ein Satz. Und er sieht viele Indizien dafür: Dass | |
Polizisten und Rettungskräfte bei Einsätzen bespuckt werden. Dass | |
Journalisten mit ausländischem Namen nur deswegen „in sozialen Medien | |
angepöbelt werden“. Dass es manchmal nicht mehr verpönt ist, sich vor | |
Gericht „ungebührlich zu verhalten“. Dass Schüler Lehrerinnen beschimpfen. | |
„In unserer Gesellschaft, in den Medien ist alles fortissimo. Keine Pausen, | |
kein Crescendo. Jeder Fehler ist gleich Staatsversagen.“ | |
Verfall überall, Autoritätsverlust, wohin man blickt. Es ist des | |
Konservativen liebstes Lied. Thomas de Maizière, 64, war lange ein enger | |
Vertrauter von Merkel, Verteidigungs- und Innenminister und loyal bis in | |
die Haarspitze. Er ist, wie Volker Kauder und Volker Bouffier, kein | |
Granit-Konservativer mehr, sondern offener. Er ist Merkel in die Mitte | |
gefolgt, hat das Nein zu Atomkraft und Wehrpflicht, die Akzeptanz von | |
Mindestlohn, Frauenquote und die Flüchtlingspolitik durchgewunken. Weil | |
konservativ heißt, im Zweifel pragmatisch zu sein, und nicht rauchende | |
Ruinen zu verteidigen. | |
Vor dem Hamburger Parteitag hat er für [4][Annegret Kramp-Karrenbauer als | |
Merkels Nachfolgerin] an der Parteispitze geworben. Den Gegner sieht er, wo | |
Pantel interessante Anregung hört: bei der AfD, die Gauland als legitimen | |
Erben der alten Union inszeniere. Dabei war die CDU „immer transatlantisch, | |
proeuropäisch, und hat sich zu unserer historischen Verantwortung bekannt“. | |
„Die AfD“, sagt er, ist „nicht konservativ, sondern völkisch.“ Und: �… | |
Dregger wäre ein harter Gegner der AfD.“ Dregger, der früher prominenteste | |
Vertreter des nationalkonservativen Flügels der CDU. | |
## „Wir sind nicht Burka“ | |
Die AfD beansprucht für sich das Konservative, das die Union unter Merkel | |
aufgegeben habe. Marc Jongen, Philosoph und AfD-Bundestagsabgeordneter, | |
vertritt die Idee eines „Avantgarde-Konservatismus“. Wir hätten gern | |
gewusst, wo für ihn die Grenze zwischen rechtskonservativ und rechtsextrem | |
verläuft. Aber der AfD-Mann wollte nicht – wegen eines taz-Kommentars zu | |
seiner Partei gebe es „keine Basis für ein Gespräch“. | |
Konservative, so wie es de Maizière versteht, sind keine Revoluzzer, keine | |
68er, keine rechtspopulistischen Provokateure. Das Konservative existiert | |
aber nur ex negativo: Was sind die Konservativen, wenn sie mal ganz allein | |
zu Hause sind? Darauf hat auch er keine Antwort. | |
„Wir sind nicht Burka“ [5][lautete der Titel eines Aufsatzes], in dem er | |
2017 versuchte zu fassen, was die Bundesrepublik zusammenhält. De Maizière | |
lobte den entspannten Fußball-WM-Patriotismus von 2006, zitierte Brechts | |
Kinderhymne und schrieb, Punkt 1: „Wir geben uns zur Begrüßung die Hand“. | |
Dafür hagelte es Kritik. Dabei, sagt de Maizière, sei die ausgestreckte | |
Hand doch eine schöne Geste, die signalisiere, dass man die Waffen ablege. | |
Mag sein. Doch normativ kann eine Begrüßungsform nicht ernsthaft Leitkultur | |
definieren. Damit wären die, die sich lieber umarmen, rhetorisch halb | |
ausgebürgert. Als reine Beschreibung taugt de Maizières Botschaft auch | |
nicht: Manche begrüßen sich halt mit „Gimme five“, andere mit einem Nicke… | |
Das illustriert, warum die Versuche der Konservativen, die deutsche | |
Leitkultur dingfest zu machen, gescheitert sind. Liberalen reichen das | |
Grundgesetz und Verfassungspatriotismus, die Rechtspopulisten beschwören | |
das völkische Kollektiv. Das Leitkultur-Wir der Konservativen liegt | |
irgendwo im Nebel dazwischen. Doch entweder sind die Leitkultur-Formeln zu | |
eng für eine offene, plurale Gesellschaft. Oder sie sind so offen, dass sie | |
am Ende doch nur das Grundgesetz meinen. Was bleibt, ist die seufzende | |
Aufforderung, sich vor Gericht ordentlich zu benehmen und Rettungswagen | |
durchzulassen. Und das Gefühl, mal wieder missverstanden worden zu sein. | |
Und doch gibt es eine Renaissance konservativer Muster, und sei es – wie | |
bei Verlobungen – als Zitat. De Maizière findet, dass in der Oper wieder | |
mehr Anzüge und teure Kleider getragen werden, weniger Jeans und Pullis. | |
Und es gebe einen Überdruss, „sich an überzogene Regeln vermeintlicher | |
politischer Korrektheit zu halten“. Dafür ständen Ehe und Treue „bei | |
Jüngeren höher als früher im Kurs“. | |
## Hochburg des Bionade-Biedermeiers | |
Der Rückgriff aufs Traditionelle, Erprobte mag auch ein Reflex unklarer | |
Zukunftserwartungen sein. Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt | |
umpflügen – wie tief, ist unklar. In den nächsten Jahren werden | |
Hunderttausende Jobs wegfallen oder sich radikal verändern. Wen es trifft, | |
ist spekulativ – aber genau das Ungefähre schürt das Gefühl, es mit etwas | |
Unberechenbarem zu tun zu haben. Und auch die gut ausgebildete, stabile | |
Mitte, die bei Versicherungen und Banken, im Management oder in der | |
Buchhaltung arbeitet, wird tangiert. | |
Ein Novemberabend in der Kulturbrauerei in Berlin-Prenzlauer Berg. Hier | |
wohnen Gutausgebildete, junge Familien, viele Deutsche, wenig Migranten. | |
Mehr als ein Drittel wählt im Wahlbezirk Pankow 6 Grün. Die Gegend, in der | |
Astrid D. gerne wohnen würde, ist Hochburg des Bionade-Biedermeiers. | |
Winfried Kretschmann, der grüne Ministerpräsident aus Baden-Württemberg, | |
hat ein Büchlein geschrieben, das hierher zu passen scheint. „Worauf wir | |
uns verlassen wollen – für eine neue Idee des Konservativen“. Die Grünen | |
sind schon lange eine bürgerliche, liberale Partei. Jetzt also auch | |
konservativ? | |
Kretschmann hat, wie de Maizière, „einen Wunsch nach Orientierung und eine | |
Suchbewegung“ entdeckt. Manche Sätze klingen ähnlich wie bei dem | |
Ex-Minister – etwa, dass es mit der „überspannten politischen Korrektheit�… | |
übertrieben wurde. Oder dass „sich schick zu kleiden, ganz anders als bei | |
den 68ern, ein Trend ist“. Mann und Frau, sagt Kretschmann nach der | |
Buchpräsentation, „das ist eines der ältesten Bilder der Menschheit. Jetzt | |
gibt es noch ein drittes Geschlecht. Das sorgt für kleine Verunsicherungen. | |
Viele fühlen sich da überfordert“. | |
Die Skepsis gegenüber Emanzipationsbestrebungen von Minderheiten und den | |
Zumutungen einer politisch korrekten Sprache ist keineswegs grün – dafür | |
klassisch konservativ an Mitte, Maß und Mehrheit orientiert. „Welcome to | |
the club“, sagt de Maizière zum Versuch des grünen Realos, das Konservative | |
zu covern. Vieles klingt gleich: das Bekenntnis zum Westen, zu Europa, zu | |
Rechtsstaat, Marktwirtschaft, Pragmatismus und die schroffe Abgrenzung nach | |
rechts. „Die AfD ist intellektuell unredlich. Deshalb ist mit denen kein | |
Diskurs möglich“, sagt der Grüne. | |
## Grünes konservativ labeln | |
Bahnt sich da eine intellektuelle schwarz-grüne Fusion an, von Superrealos | |
und liberal gewendeten ex-konservativen Unionisten? Der Konservatismus des | |
Stuttgarter Ministerpräsidenten unterscheidet sich in zwei Punkten: | |
Kretschmann interessiert sich null für Versuche, die Leitkultur wetterfest | |
zu definieren. Das Deutsche ist dem Schwaben ziemlich wurscht. | |
Zweitens: „Nachhaltig ist das neue Konservativ“ schreibt der siebzigjährige | |
Grüne, der den „techniknaiven Konservativismus“ der Union kritisiert, dem | |
die Schöpfung nur Sonntagsrede ist und auf dessen Altar das BIP steht. Öko | |
statt Nation, das ist das Motto. Das Christliche ist dabei zur | |
Naturbewahrung säkularisiert, das Bürgerliche postnational. Dass | |
Kretschmann & Co nichts von knalligen Befreiungs- und linken | |
Umverteilungsideen halten, versteht sich von selbst. | |
Intellektuell ist das eine interessante Mixtur, in sich schlüssiger als | |
manche routinierten Versuche, in der Union das Konservative zu retten. Doch | |
ob Kretschmanns Konservativ-Offensive im grünen, städtischen Milieu zündet, | |
ist zweifelhaft . Das Buch verkauft sich mäßig – anders als der Essay des | |
Grünen-Chefs Robert Habeck „Wer wir sein könnten“. Der verteidigt die | |
linksliberale Demokratie und schafft es bis in die Bestseller-Liste des | |
Spiegels. | |
In der Kulturbrauerei sind nur drei Dutzend ZuhörerInnen gekommen, um | |
Kretschmanns grüne Programminnovation zu hören. Obwohl der Prenzlauer Berg | |
doch als berlino-schwäbische Hochburg gilt. Der Versuch, das Grüne | |
konservativ zu labeln, scheint nicht besonders erfolgreich. | |
Die Grünenwählerin Astrid D., verlobt, verheiratet und bürgerlich, findet | |
sich selbst „nicht konservativ“. Das Wort klingt auch für den Prenzlauer | |
Berg zu altbacken, zu sehr nach Ohrensessel oder kleinerem Übel. Es | |
leuchtet einfach zu wenig. | |
16 Dec 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Neue-CDU-Spitze/!5557625 | |
[2] /Schwerpunkt-UN-Migrationspakt/!t5551603 | |
[3] /Friedrich-Merz/!t5546388 | |
[4] /Annegret-Kramp-Karrenbauer/!t5202319 | |
[5] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/thomas-demaiziere-innenmini… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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