# taz.de -- Innenministerkonferenz in Magdeburg: Abschiebestopp bleibt in Kraft | |
> Die Innenminister verlängern den Abschiebestopp für Syrer*innen. Für | |
> straffällige Asylsuchende planen sie ein Punktesystem. | |
Bild: Bundesinnenminister Horst Seehofer und Sachsen-Anhalts Innenminister Holg… | |
Berlin taz | Das Abschiebeverbot von Deutschland nach Syrien bleibt | |
bestehen. Darauf einigten sich die Innenminister von Bund und Ländern in | |
Magdeburg auf ihrer Halbjahreskonferenz, die am Freitag zuende ging. In der | |
derzeitigen Lage in Syrien sei es ausgeschlossen, Menschen dorthin | |
abzuschieben, sagte Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen. | |
„Das wird auch absehbar nicht möglich sein.“ | |
Das bisherige Abschiebeverbot wäre zum Jahresende abgelaufen. Einige | |
Minister hatten gefordert, zumindest Intensivtäter und Gefährder wieder | |
nach Syrien abzuschieben. Ein aktueller [1][Lagebericht des Auswärtigen | |
Amtes] aber schildert die Lage dort weiter düster: Der Bürgerkrieg sei | |
keineswegs vorbei, Rückkehrern drohe Haft und Folter. | |
Der Abschiebestopp werde nun bis Ende Juni 2019 verlängert, erklärte Holger | |
Stahlknecht (CDU), Vorsitzender der Innenministerkonferenz. Bei | |
unveränderter Lage verlängere sich dies bis zum Jahresende 2019. Die | |
Innenminister forderten aber „eine differenzierte Betrachtung von | |
Rückkehrern“ ein, die in Deutschland schwere Verbrechen begehen: So könnte | |
geschaut werden, ob diese Assad-Anhänger seien und deshalb weniger | |
gefährdet. Geprüft werden sollen auch „Ausweisungsoptionen in | |
Drittstaaten“. | |
Bei Abschiebungen nach Afghanistan konnten sich die Länder nicht einigen. | |
Dorthin werden bereits heute Intensivtäter und Gefährder abgeschoben – | |
trotz schwieriger Lage in dem Land. Gegen eine Ausweitung der Abschiebungen | |
auf weitere afghanische Flüchtlinge, wie von den Unions-Ministern | |
gefordert, sperrte sich die SPD. Nun bleibt es beim Status Quo. | |
Für sogenannte Dublin-Abschiebungen – also Zurückweisungen von | |
Asylbewerbern in andere EU-Länder, in denen sie zuvor schon registriert | |
wurden – sicherte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Ländern | |
wiederum zu, dass diese fortan der Bund übernimmt. Auch bei den | |
umstrittenen Ankerzentren lenkte Seehofer ein. Die Länder waren | |
aufgefordert, diese einzurichten, um dort Asylabläufe zu sammeln und zu | |
straffen. Da alle Länder inzwischen dargelegt hätten, dass sie | |
Einrichtungen besäßen, in denen schnellere Verfahren und Abschiebungen | |
stattfänden, reiche dies aus, sagte Seehofer. Man müsse sich nicht „über | |
ein Namensschild“ streiten. | |
Die Minister diskutierten auch über ein neues [2][Punktesystem für | |
Intensivstraftäter unter Asylbewerbern]. Den Vorschlag legte kürzlich das | |
Bundeskriminalamt vor. Demnach könnten die Polizeibehörden eine zentrale | |
Intensivtäterdatei anlegen, in der die Gelisteten Punkte für Straftaten | |
bekämen. Einfache Delikte wie Diebstahl erhielten einen Punkt, | |
Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr zehn Punkte, Mord 70 Punkte. Ab | |
60 Punkten würde eine Ausweisung aus Deutschland erfolgen. | |
## Wen betrifft der Punktekatalog? | |
Seehofer sprach von einem „klugen Vorschlag“, die Länderminister stimmten | |
zu. Nun aber müssten offene Fragen geklärt werden. Wohin etwa sollen | |
straffällige Syrer abgeschoben werden? Beträfe der Punktekatalog auch | |
anerkannte Flüchtlinge? Seehofer sprach von einem „notwendigen“ Vorstoß u… | |
verwies auf schwere Verbrechen etwa von syrischen Intensivtätern in | |
Chemnitz und zuletzt in Freiburg. | |
Ungeklärt bleibt, wie mit Identitätstäuschungen von Flüchtlingen umzugehen | |
ist. Hier bestehe weiter eine „Strafbarkeitslücke“, konstatierten die | |
Minister. Der Bund müsse hier eine Lösung finden. | |
Jenseits von Migrationsfragen beauftragten die Innenminister den | |
Bundesverfassungsschutz zu prüfen, ob sich nach Chemnitz und Köthen ein | |
bundesweit aktives, rechtsextremes Netzwerk gebildet hat. Nach Problemen | |
mit waffenvernarrten Reichsbürgern soll bei Zuverlässigkeitsprüfungen von | |
Waffenscheinen nun eine Abfrage beim Verfassungsschutz Pflicht werden. Der | |
Geheimdienst soll zudem selbst die Waffenbehörden informieren, wenn ihm | |
extremistische Umtriebe von Waffenhaltern bekanntwerden. | |
Schließlich soll auch das Abfackeln von Pyrotechnik in Sportstadien | |
schärfer geahndet werden. Auf die diskutierten Haftstrafen bis zu einem | |
Jahr konnten sich SPD und Union jedoch nicht einigen. Hier wird nun | |
weiterdiskutiert. | |
30 Nov 2018 | |
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[1] /Lagebericht-des-Auswaertigen-Amts/!5548754 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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