# taz.de -- Missy Magazine's Videoformat für Funk: Queerfeminismus für alle | |
> Der Jugendsender Funk hat nun ein queerfeministisches Format: „Softie“ | |
> erklärt komplexe Begriffe für Jugendliche bei Instagram und Facebook. | |
Bild: Die Aufmachung von „Softie“ ist bunt | |
Prinzessin oder Baumeister? Kinder müssen sich heute früh entscheiden, was | |
ihnen mehr entspricht. Oft ist die Entscheidung keine selbst getroffene, | |
sondern die gesellschaftlich „passende“. Ein paar Jahre später | |
funktionieren die typisierten Attribute des vermeintlich anderen | |
Geschlechts als Schimpfworte. Jungs wird gesagt, sie seien nicht stark, | |
nicht hart, nicht männlich genug. Mädchen dürfen ihre Stärken nicht zeigen, | |
sonst gelten sie als bossy. Kurz: Nichts scheint schlimmer, als die Regeln | |
dessen zu brechen, was als männlich oder weiblich gilt. | |
Mit seiner neuen Plattform „Softie“ hinterfragt Funk, der Jugendsender von | |
ARD und ZDF, solche Zuschreibungen. Seit einer Woche ist das neue, | |
queer-feministische Format online. Im ersten Video geht es um nicht-binäre | |
Geschlechtsidentität, also um Menschen, die sich weder als männlich noch | |
als weiblich identifizieren. Die Aufmachung ist bunt, spielt mit der | |
Ästhetik der Emoji-Generation. „Softie“ läuft nicht im linearen Fernsehen, | |
sondern ausschließlich auf dem Bild-Portal Instagram und auf dieser anderen | |
Social-Media-Plattform aus Palo Alto, die an Relevanz einbüßt, Facebook. | |
Konzeptionell erfunden wurde „Softie“ vom Missy Magazine und dem | |
Redaktions- und Produktionsbüro Berliner Kooperative. Seit gut zwei Jahren | |
richtet sich Funk an Menschen von 14 bis 29, diejenigen also, die nicht | |
mehr linear fernsehen. Videos gucken sie aber schon – auf | |
Social-Media-Kanälen wie YouTube, Facebook, Instagram oder Snapchat. Funk | |
spielt darum auf all diesen Plattformen, angepasst an die Möglichkeiten und | |
Sehgewohnheiten. | |
Funk zeigt mit vielen Formaten ein vielfältigeres Bild der deutschen | |
Gesellschaft als ARD und ZDF in ihren linearen Programmen. Lydia Meyer, | |
Redakteurin und Produzentin der Videos bei der Kooperative Berlin, hält | |
„Softie“ aber nicht für einen Marketing-Clou der Öffentlich-Rechtlichen. | |
„Es soll ein konstruktives Format sein, das einer ganzen Reihe von | |
Menschen, die immer noch unterrepräsentiert sind in den Medien, eine Stimme | |
gibt“, so Meyer. | |
## Komplexe Themen zugänglich | |
Bewilligt ist „Softie“ erst einmal für ein halbes Jahr, also 26 Folgen. | |
Eine Woche lang geht’s immer um ein bestimmtes Thema – Gender, toxische | |
Männlichkeit, Mikroaggression, aber auch Style – mit einem Video sowie | |
passenden Gifs und Bildern, die über die Woche hinweg zum Teilen anregen. | |
Weiterführendes wird verlinkt. Alle Postings werden vom Mutterkanal | |
abgenommen, das Feedback von Funk sei bisher aber vor allem auf die formale | |
Kompatibilität mit Social Media ausgerichtet, meint Lydia Meyer. | |
„Weil ,Softie' von Funk beauftragt wurde, also vom Öffentlich-Rechtlichen, | |
haben wir auch einen Bildungsauftrag“, sagt die taz-Kolumnist*in sowie | |
Missy- und „Softie“-Redakteur*in Hengameh Yaghoobifarah. Das heißt, | |
„Softie“ erklärt komplexe Begriffe einfach, mit Menschen, die sich | |
auskennen: Non-binary wird von nicht-binären Personen erklärt; | |
Mikroaggressionen von Personen, die Alltagsrassismus, Sexismus oder | |
Bodyshaming erfahren; toxische Männlichkeit, also die prototypischen | |
Vorstellungen davon, wie ein Mann zu sein habe, von Männern. | |
In der Regel bleiben die Aussagen der Protagonist*innen unkommentiert | |
stehen. Eingriffe gibt es aber schon, durch Schnitte oder Einblendungen, | |
nicht zuletzt durch die redaktionelle Themenauswahl. Auch das, was die | |
Protagonist*innen sagen, klingt manchmal etwas auswendig gelernt, damit es | |
so knackig auf den Punkt kommt, wie es die Aufmerksamkeitsspanne bei Social | |
Media erfordert. | |
Aber: Komplexe Themen werden so einer größeren, weniger theorieaffinen | |
Gruppe zugänglich gemacht. Lydia Meyer: „Das Format gibt Leuten, die sich | |
noch nicht mit Queerfeminismus beschäftigt haben, einen Eindruck und macht | |
Lust darauf, sich damit zu beschäftigen.“ Es richtet sich aber auch an | |
Jugendliche, die eine queere Identität haben, aber dafür noch keine | |
Begrifflichkeit. Abseits von großen Städten sind Verbündete oft online zu | |
finden, Verständnis kommt oft mehr aus der Community als aus dem direkten | |
Umfeld. Wenn alles gut geht, kann „Softie“ genau so eine Community werden. | |
2 Dec 2018 | |
## AUTOREN | |
Diviam Hoffmann | |
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