# taz.de -- Antisemitischer Anschlag in den USA: Elf Menschen in Synagoge ersch… | |
> Ein Mann hat in einer Synagoge in Pennsylvania elf Menschen getötet. Es | |
> ist der wohl schwerste Anschlag auf Juden in der Geschichte der USA. | |
Bild: Bewaffnete Sicherheitskräfte an der Synagoge in Pittsburgh | |
New York taz | Bei einem Angriff, der an Massaker in schwarzen Kirchen in | |
den USA erinnert, hat am Samstagvormittag ein Mann elf Menschen in einer | |
Synagoge in Pittsburgh erschossen. Der mit einem Sturmgewehr und drei | |
Pistolen bewaffnete Täter drang in eine Gebetsrunde im Untergeschoss der | |
„Tree of Life“-Synagoge ein und schoss los. Er setzte das Blutbad ein | |
Stockwerk höher fort und schrie dabei antisemitische Schimpfworte. Erst | |
nach einer beinahe einstündigen Schießerei schaffte die Polizei es, den | |
Täter, der sich im Büro der Synagoge verschanzt hatte, zu verhaften. Er ist | |
einer von wenigen Massenmördern, der seine Tat – wenngleich verletzt – | |
überlebte. | |
„Es ist ein sehr, sehr schrecklicher Tatort“, sagte der Polizeichef von | |
Pittsburgh, Wendell Hissrich, über die „Tree of Life“ Synagoge. Sie | |
befindet sich in Squirrel Hill, einem Stadtteil, in dem viele Mitglieder | |
der großen jüdischen Gemeinde von Pittsburgh leben. Unter der Woche sind | |
die Türen der schon Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Synagoge | |
geschlossen. Aber am Sabbat stehen sie für BesucherInnen offen. Neben | |
mehreren anderen Aktivitäten, fand zur Tatzeit eine Namensgebungszeremonie | |
für ein Neugeborenes in der Synagoge statt. | |
Es war ein angekündigtes Massaker. Der mutmaßliche Täter, der 46-jährige | |
Robert Bowers, hatte eine lange Spur von antisemitischem Hass in den | |
Sozialen Medien hinterlassen. Unter anderem schrieb er in „Gab“, einem | |
Netzwerk von weißen Nationalisten, das den grünen Frosch der rechten | |
Alt-Right-Bewegung als Logo hat und sich als Alternative zu Twitter | |
versteht: „all diese Juden müssen sterben“. Außerdem veröffentlichte er | |
Fotos von seiner Schusswaffensammlung. Wenige Minuten bevor er in die | |
Synagoge ging, setzte er am Samstag um 9:49 Uhr Ortszeit seine letzte | |
Mitteilung ab: „Ich gehe rein.“ Um 9:54 Uhr gingen die ersten telefonischen | |
Hilferufe bei der Polizei ein. | |
„Es war die vermutlich tödlichste Attacke gegen die jüdische Community in | |
der Geschichte der USA“, sagte Jonathan Greenblatt, der Chef der | |
Anti-Defamation League, die weltweit Antisemitismus beobachtet. Richard | |
Cohen, der Präsident des „Southern Poverty Law Center“, verglich das | |
Massaker mit vorausgegangenen rassistisch motivierten Gewalttaten in | |
religiösen Einrichtungen in den USA. Darunter die Schießerei in der Emanuel | |
AME Church in Charleston im Juli 2015, bei der neun AfroamerikanerInnen | |
ermordet wurden; die Schießerei in einem Sikh-Tempel in Oak Creek in | |
Wisconsin, bei der 2012 sechs Menschen starben, und dem Bombenattentat auf | |
eine Baptistenkirche in Birmingham, bei dem im Jahr 1963 vier schwarze | |
Mädchen umkamen. | |
## Aggressives Klima in den USA | |
US-Präsident Donald Trump machte in seiner ersten Reaktion auf die | |
Gewalttat in Pittsburgh die Opfer mitverantwortlich. Er nannte es zwar eine | |
„schreckliche, schreckliche Sache, was mit dem Hass in unserem Land und | |
überall in der Welt passiert“. Doch schon im nächsten Atemzug erklärte er, | |
dass „das Ergebnis viel besser“ gewesen wäre, wenn es einen „Schutz“ i… | |
Kirche gegeben hätte. Im Kontext der Schusswaffendebatte in den USA | |
bedeutet das: Wenn es im Inneren der Synagoge Waffen gegeben hätte. | |
„Unser Präsident war heute tief enttäuschend“, reagierte in New York der | |
Rabbiner Joshua Stanton von der „East End Temple“-Synagoge in einem | |
Interview mit CNN auf Trumps Äußerungen: „Er richtete seine Worte an die | |
Verkäufer von Schusswaffen, anstatt die Opfer zu trösten.“ Einer seiner | |
KollegInnen, Rabbiner Steven Wernick, ordnete das Massaker von Pittsburgh | |
in das gegenwärtige politische Klima in den USA ein: ,„Benehmen, das früher | |
marginalisiert war“, habe sich normalisiert. Die Menschen fühlten sich | |
„ermuntert, zur Tat zu schreiten“. Andere Mitglieder jüdischer Gemeinden | |
machen auch Trumps verbale Attacken gegen große demokratische Geldgeber wie | |
George Soros mitverantwortlich für diese Verrohung des Klimas. | |
Am Samstag kündigte Trump an, dass er nach Pittsburgh reisen will. Zugleich | |
lehnte er es ab, seinen abendlichen Wahlkampftermin in Murphysboro, | |
Illinois, zu streichen. Die Veranstaltung gehört zu einer Serie von | |
Wahlkampfauftritten, bei denen Trump für ein paar Stunden einfliegt und | |
seiner Basis mit aggressiven Worten gegen seine KritikerInnen, „Fake Media“ | |
und mit expliziten Aufrufen zu Gewalt gegen Reporter einheizt. | |
Das Massaker in der Synagoge erschüttert die USA zehn Tage vor den | |
Midterm-Wahlen. Und es folgt auf eine Woche von mindestens zwölf | |
Briefbomben, die an besonders trumpkritische PolitikerInnen der | |
Demokratischen Partei, sowie an ihr nahestehende Institutionen und | |
Geldgeber adressiert waren. Auch hinter der Welle von Briefbomben scheint | |
[1][ein radikal rechter Mann und Trump-Anhänger] zu stecken. Der | |
mutmaßliche Briefbombenabsender Cesar Sayoc, 56, ist in der vergangenen | |
Woche in Florida verhaftet worden. Er lebte in einem weißen Kleinlaster, | |
den er von außen mit Trump-Postern zugekleistert hatte. | |
28 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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