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# taz.de -- Kolumne Minority Report: In der hässlichen Ecke
> Es ist mehr als fahrlässig, Rechtsextreme zu umarmen, statt sie zu
> ächten. Ihre Strukturen gedeihen vor unser aller Augen.
Bild: Ganz rechts: der thüringische AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke
Wir haben ein Problem. Und mit wir meine ich wir, die wir uns auf einen
Minimalkonsens einigen können, und zwar: Nie wieder Faschismus. Nach dem
antisemitischen Anschlag vergangene Woche [1][auf eine Synagoge im
US-amerikanischen Pittsburgh,] bei dem elf Menschen getötet wurden, hören
die tragischen Nachrichten aus den USA nicht auf. In der Nacht zum Freitag
wurde versucht, sieben Synagogen im New Yorker Stadtteil Williamsburg in
Brand zu stecken. Verletzt wurde dieses Mal zum Glück niemand.
Nun ist Amerika sehr weit weg und [2][die gefährliche Rhetorik des
US-Präsidenten Trump begünstigt diese Taten] halt besonders. Mit diesem
Denken ließe sich das Ganze schnell wegwischen – leider ist es nicht so
einfach. Auch in Deutschland werden irgendwann die nächsten Wahlen kommen,
auch hier haben wir Politiker mit gefährlicher Rhetorik. Vor allem aber
geht das Gefahrenpotenzial von einer Gesellschaft aus, die erschreckend
tolerant mit menschenfeindlichem Gedankengut umgeht – solange es sich eben
„nur“ gegen irgendwelche Minderheiten richtet.
Das ist keine Schwarzmalerei, sondern eine nüchterne Feststellung. Oder
glauben Sie etwa, dass es sich in den USA bei der Hälfte aller
Wahlberechtigten um Rechtsextreme handelt? Ich glaube das nicht. Trotzdem
zeigte sich knapp eine Hälfte bereit für Donald Trump zu stimmen, der mal
eine Mauer um das Land bauen, mal auf Flüchtlinge schießen und mal Frauen
einfach so zwischen die Beine grapschen will, bloß weil er es kann. Sie
gaben ihre Stimme jemandem, der der rechtsextremen Szene so nahe steht,
dass er sich kein einziges Mal öffentlich von ihr distanzieren wollte,
[3][nicht nach Charlottesville] und nicht nach Pittsburgh.
Hat man Trump unterschätzt? Das ist eine ziemlich billige Ausrede. Das wäre
in etwa so, als würde in Deutschland jemand in drei Jahren sagen, man habe
AfD-Politiker Björn Höcke unterschätzt, obwohl dessen [4][Dresdner Rede zum
Holocaust-Mahnmal („Denkmal der Schande“)] hinlänglich bekannt ist. Aber es
ist zugegeben auch etwas verwirrend, wenn Medien, die sich gerade in der
politischen Mitte verorten wollen, plötzlich mit Nazis umgehen, wie mit
etwas schrägen, aber eigentlich liebenswürdigen Oberstudienräten.
## Ganz normal
[5][So durfte Höcke im vorletzten Spiegel] als ganz normaler, geachteter,
naturverbundener Politiker mit einer Reporterin im Wald durch gelbes Laub
spazieren und wird mit Aussagen zitiert wie: „Hitler war auch nur ein
Mensch.“ Gefolgt von: „Ich bin letztlich auch nur ein Mensch.“
Ja, Menschen sind Menschen. Bäume sind Bäume. Aber was will der Spiegel uns
eigentlich damit sagen? Dass die AfD auch nur eine Partei ist, und somit
regierungsfähig? Es ist mehr als fahrlässig, Rechtsextreme zu umarmen,
statt sie zu ächten, sie in die Mitte zu holen, statt in ihrer hässlichen
Ecke stehen zu lassen. [6][Gerade jährt sich zum siebten Mal die
Selbstenttarnung des NSU.]
Der Gerichtsprozess ist zu Ende, aber sind es auch die Strukturen? Nein.
Sie gedeihen vor sich hin vor unser aller Augen. Sie rücken langsam in die
Mitte und kaum jemand denkt daran eine Grenze zu ziehen. Wir haben ein
Problem.
5 Nov 2018
## LINKS
[1] /Toedlicher-Terror-in-Synagoge-in-Pittsburgh/!5543551
[2] /Kommentar-Angriffe-in-den-USA/!5543537
[3] /Trump-ueber-Charlottesville/!5439818
[4] /Bjoern-Hoeckes-Dresden-Rede/!5372797
[5] https://www.deutschlandfunk.de/matthias-dell-waldspaziergang-mit-hoecke-der…
[6] /NSU-Terror-und-Rechtsextremismus/!5544793
## AUTOREN
Fatma Aydemir
## TAGS
Minority Report
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