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# taz.de -- Bremen attackiert Firmenwagen-Privileg: Ein bisschen Klassenkampf
> Per Bundesratsinitiative will der Bremer Senat die Absetzbarkeit von
> Dienstwagen begrenzen – und so für Steuergerechtigkeit und weniger
> Emissionen sorgen.
Bild: Sollen nach dem Willen des Bremer Senats nicht mehr unbegrenzt abzugsfäh…
Bremen taz | Wenn es nach der Bremer Finanzbehörde geht, müssen die
deutschen Angestellten nicht um ihre Villen im Tessin, wohl aber um ihren
Maybach und Rolls Royce fürchten: Heute berät der Senat über eine
Bundesratsinitiative, die das Firmenwagen-Privileg eindämmt. Die
Beschlussvorlage regt an, dass die Anschaffung von Wagen nicht mehr
unbegrenzt, sondern nur noch bis zu einem Preis von 150.000 Euro
abzugsfähig sein sollte.
Im Normalfall muss das in der heutigen Senatssitzung beschlossen werden:
Der Entwurf hatte fristgerecht allen Ressorts vorgelegen. Bedenken wurden
nach taz-Informationen keine angemeldet – obwohl Bremen sich doch als
Automobilstandort in Szene setzt. Kritik zieht der Entwurf trotzdem auf
sich: Obwohl man sich bei der Finanzsenatorin „einen ökologischen
Lenkungseffekt“ und so einen „Beitrag zur Reduzierung der Emissionen“ von
der Deckelung verspricht, [1][lehnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den
Vorstoß ab].
Das könnte überraschen, denn die DUH durchleuchtet seit Jahren das deutsche
Dienstwagenunwesen, und „ja, das ist die richtige Baustelle“, sagt
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. „Es ist sogar das richtige Mittel.“ Ab…
„Was dort als Höchstbetrag vorgesehen ist, ist völlig absurd.“ Selbst
höchst repräsentative Oberklasse-Fahrzeuge gebe es schließlich für weitaus
weniger Geld. „Wer in der Steuererklärung für seine Fahrten zur
Dienststelle nicht die kürzeste Strecke angibt, riskiert ja auch Ärger mit
dem Finanzamt“, so Resch.
Er regt deshalb an, eine Summe von nicht über 50.000 Euro und, nach
britischem Vorbild, die Einhaltung der CO2-Obergrenzen zur Bedingung für
die staatliche Dienstwagenförderung zu machen. „Damit hätte man die Chance,
die Innovationsrichtung zu beeinflussen“, so Resch.
Die Marktmacht ist enorm: Tatsächlich sind laut Kraftfahrtbundesamt fast
zwei Drittel der neuen Autos für gewerbliche Halter zugelassen. Das einzige
PKW-Segment, in dem Privatnutzer*innen die Mehrheit bilden, sind
Wohnmobile. Schon 2011 kommt anhand dieser notorischen Werte eine Studie
des Kölner Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts (Fifo) [2][zu dem
Schluss,] dass es sich bei dem Dienstwagenprivileg um „die größte
Steuervergünstigung in Deutschland“ handele. Sie führe zu „starken
Verzerrungen in der Konsumwahl“ und verschulde „umfangreiche
Treibhausgasemissionen“. Zudem habe sie einen deutlich regressiven
Charakter, sprich: „Die Subventionshöhe steigt mit dem Einkommen der
Begünstigten.“
Je reicher, desto mehr Kohle vom Staat: Das ist das Gegenteil von
Steuergerechtigkeit. Und [3][nur in Einzelfällen verbietet] der
Bundesfinanzgerichtshof auch mal einem Kleintierarzt, die Kosten für seinen
Ferrari Spider vollumfänglich als Betriebsausgaben geltend zu machen. Hier
setzt der Entwurf der Finanzsenatorin an: Denn Luxus-Limousinen seien weit
häufiger noch als der Rest als Firmenfahrzeuge registriert. [4][Bei 86,5
Prozent liegt der Anteil bislang im Jahr 2018], im Jahr 2017 waren es 84
Prozent der Oberklasse-Autos. Und „einige Fahrzeugtypen der Oberklasse
werden fast ausschließlich als Firmenwagen angeschafft“, heißt es im
Entwurf.
Wenigstens die würde man erfassen. Zugleich versucht man, mit der
zögerlichen Begrenzung rechtlich auf der sicheren Seite zu bleiben: Es
gelte „den in der Steuerrechtsprechung anerkannten
Repräsentationsbedürfnissen der Unternehmen“ Rechnung zu tragen, gibt der
Entwurf zu bedenken. Um den Vorstoß in den Bundesrat zu bringen, braucht
Bremen die Zustimmung mindestens eines weiteren Bundeslandes. Brandenburg
und Thüringen gelten als mögliche Unterstützer.
30 Oct 2018
## LINKS
[1] https://www.duh.de/
[2] https://d-nb.info/1048677044/34
[3] https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/514151/
[4] https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Neuzulassungen/Segmente/segmente_…
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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