# taz.de -- Nazis im Nahbereich: Mit Rechten leben | |
> Hamburg, Bremen oder Hannover sind nicht Chemnitz. Aber auch hier gibt es | |
> Rechte in einflussreichen Positionen – und in allernächster Nähe: als | |
> Lehrer, Chorleiter, Onkel. | |
Bild: Rechte unterwegs: Zwei Teilnehmer der Hamburger „Merkel muss weg“-Dem… | |
HAMBURG taz | Sie kommen nicht aus dem Nichts. Sie sind kein Niemand. Sie | |
verteilen Geld und schaffen Räume. Sie unterrichten, ordnen an, befehlen | |
oder leiten. Die neuen Rechten kommen aus der Mitte der Gesellschaft, nicht | |
vom Rand. Und an den Rändern entscheidet sich auch nicht allein die | |
politische Entwicklung der Republik. Die gesellschaftliche Mitte trägt die | |
Verantwortung mit – und sie driftet nach rechts. | |
In den vergangenen Jahren dürfte die Begegnung mit „Ich bin ja kein | |
Rassist, aber …“-Personen oder „Ich bin kein Nazi, aber man muss doch mal | |
sagen dürfen“-Typen bei den meisten Menschen keine Seltenheit gewesen sein. | |
Sie sind unsere Eltern, Verwandte, Freunde, Kollegen, Kumpels und | |
Vereinsfreunde. Mal im gediegenen Ton, mal mit lautstarkem Gebrüll wird da | |
erklärt, dass die Politik die eigenen Leute vergessen hat, Randgruppen | |
bevorzugt, die „Asylanten“ die innere Sicherheit gefährden, die Feministen | |
es zu weit treiben, dass die falschen Menschen zu viel staatliche Hilfe | |
bekommen, und und und … | |
Die vermeintlichen Wutbürger sind nicht irgendwo anders, sie sind unter uns | |
– und wir sind es auch manchmal selbst. Die in dieser Wochen vorgestellte | |
Studie der Bertelsmann-Stiftung über populistische Einstellungen belegt, | |
dass etwa jeder dritte Bundesbürger „populistisch eingestellt“ ist – 30,4 | |
Prozent. Das seien knapp vier Prozent mehr als im „Populismusbarometer“ des | |
Vorjahres, heben die Forscher vom Wissenschaftszentrum Berlin hervor, die | |
für die Stiftung in Mai und August jeweils 3.400 Wahlberechtigte befragten. | |
Im privaten Umfeld könnte man jetzt abzählen. | |
## Die Wutbürger sind unter uns | |
Und auch alternative Lebenskonzepte schützen bekanntlich nicht vor rechten | |
Ressentiments. Beim Kinderarzt im Szeneviertel wird da nach der Mutter | |
gefragt, wenn der Vater das kranke Kind bringt. In der links-grünen | |
Männerrunde wird gewitzelt, dass die Veganerin ja schon gerne mal ein | |
Fleisch in sich haben würde. In trauter Runde im Park wird sich über die | |
osteuropäischen Obdachlosen beschwert. Auch die Bio-Boheme ist schon lange | |
nicht mehr frei von der „rohen Bürgerlichkeit“. | |
In der letzte Studie der seit zehn Jahren laufenden | |
[1][Langzeituntersuchung zur „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“] | |
warnte der Erziehungswissenschaftler Wilhelm Heitmeyer vor dieser | |
„Entkultivierung des Bürgertums“. Dieser Prozess offenbare sich im | |
Auftreten und der Art, wie Personen versuchen, ihre eigenen Ziele mit | |
„rabiaten Mitteln“ durchzusetzen, schrieb Heitmeyer bereits 2012. Die | |
„sozialen Privilegien“ würden auch mit der Abwertung und Ausgrenzung | |
„nutzloser“ und „kulturfremder“ Gruppen hart verteidigt. „Die angebli… | |
Liberalität der höheren Einkommensgruppen erodiert“, prognostizierte er. | |
Acht Jahren später treiben in Norddeutschland Akteure der neuen Rechten | |
diese rohe Bürgerlichkeit weiter voran. Der Ausgang dieses Prozesses: | |
unklar. | |
Den ganzen Schwerpunkt über Rechtsausleger im persönlichen Umfeld finden | |
Sie in der taz nord am Wochenende oder [2][hier]. | |
6 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.uni-bielefeld.de/ikg/Handout_Fassung_Montag_1212.pdf | |
[2] /e-kiosk/!114771/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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