# taz.de -- Kolumne Eier: Bin ich gemacht oder mache ich? | |
> Der Konflikt zwischen Biologie und sozialer Konstruktion prägt | |
> Feminist*innen. Trans Leute laufen Gefahr, zerrieben zu werden. Das muss | |
> nicht sein. | |
Bild: Ist man als Frau geboren, wird man zu einer gemacht oder macht man sich s… | |
„Man ist nicht als Frau geboren, man wird es“, sagt Simone de Beauvoir. | |
Klare Sache? Keineswegs. Noch immer streitet man im Feminismus darüber, was | |
nun „gemacht“ ist und was „angeboren“. | |
Die Autorin [1][Marlen Hobrack schreibt in der Welt], man dürfe die | |
biologische Definition von „Frau“ nicht durch Inklusion von trans* Frauen | |
auflösen. „Eine echte Frau kann ihr Frausein nicht wie ein Kleid | |
ausziehen“, schreibt Hobrack und wehrt sich gegen den Vorwurf, diese Denke | |
sei transphob. | |
Es ist eine Mär, dass Feminist*innen alle den Konstruktivismus („wir sind | |
gemacht“) lieben. Viele sind Fans des Objektivismus („wir sind, was wir | |
sind“). Denn Feminismus entstand von und für „Frauen“ – als ziemlich | |
eindeutig, ziemlich biologisch-medizinisch definierte Gruppe, die sich gut | |
mobilisieren ließ, weil sie nämlich mit den ziemlich eindeutig, ziemlich | |
biologisch-medizinisch definierten Männern klare Gegner hatte. | |
## Mehr als eine verkopfte Debatte | |
Verabschiedet man sich von dieser ziemlichen Eindeutigkeit, dann war’s das | |
mit der Bewegung, fürchten nicht wenige, und wollen „die Frau“ (und | |
implizit auch „den Mann“) retten – und zwar biologisch.Ich finde das nicht | |
komplett falsch. Viele feministische Themen sind biologisch. Wer arbeitslos | |
schwanger ist, wird Ihnen bestätigen, dass diese Situation mehr als eine | |
Diskursformation ist. Aber Feminismus ist auch mehr als Uterus. | |
Vielleicht denken Sie jetzt: Eine verkopfte Debatte um Begrifflichkeiten, | |
wie sie nur Geisteswissenschaftler*innen einfällt! Allerdings hat sie reale | |
Auswirkungen auf Menschen, die trans* sind – also Menschen, die für ihr | |
Geschlecht keinen Beweis in Form von Unterleibsorganen auf den Tisch legen | |
können. Sie sind Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt und brauchen deshalb | |
feministische Netzwerke. Was aber, wenn diese Netzwerke befinden, dass | |
mensch nur mit Uterus Unterschlupf erhält – und das, obwohl die trans* Frau | |
unter vielen patriarchalen Phänomenen (wie sexualisierte Gewalt oder | |
Ausbeutung) ebenso leidet wie die cis Frau? | |
Marlen Hobrack zeigt Verständnis für Feministinnen, die trans* Frauen | |
zurückweisen: „Diese Ablehnung gründet sich wohl auch auf die Sorge, dass | |
Transfrauen das ohnehin schwer zu definierende feministische | |
Kollektivsubjekt ‚Frau‘ endgültig undefinierbar machen.“ Abgesehen davon, | |
dass diese Debatte ohne und zulasten von trans* Personen geführt wird, | |
finde ich nicht, dass es hier einen Konflikt geben muss. Feminismus muss | |
nicht zwingend als Frontlinie „Cis-Frauen-gegen-cis-Männer“ funktionieren. | |
Im Gegenteil: Voraussetzung dafür, dass sich das Patriarchat mit all seinen | |
Unterproblemen auflöst, ist, dass sich „der Mann“ abschafft. Im Ansatz | |
passiert das. Aber dafür muss es auch möglich sein, dass sich „die Frau“ | |
ein wenig abschafft. Letztlich geht es im Feminismus nämlich um Macht – um | |
diejenigen, die sie haben, und diejenigen, die darunter leiden. Und Macht | |
ist nicht biologisch. Macht ist erst einmal Macht. | |
28 Sep 2018 | |
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[1] http://xn--Der%20Konflikt%20zwischen%20Biologie%20und%20sozialer%20Konstruk… | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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