# taz.de -- Humanitäres Aufnahmeprogramm: Berlin hilft IS-Opfern | |
> Berlin will jährlich 100 Menschen aufnehmen, die besonders | |
> schutzbedürftig sind. Zunächst sollen vor allem jesidische Frauen und | |
> Kinder kommen. | |
Bild: Teilnehmer einer Gedenkkundgebung zum Völkermord an den Jesiden im Früh… | |
Berlin taz | 100 besonders schutzbedürftige Menschen will Berlin künftig | |
jedes Jahr über ein eigenes Aufnahmeprogramm in die Stadt holen. | |
Profitieren sollen davon insbesondere Angehörige der religiösen Minderheit | |
der Jesiden aus dem Nordirak und Syrien, die Opfer durch den Terror des | |
„Islamischen Staates“ (IS) geworden sind. Nach Paragraf 23 des | |
Aufenthaltsgesetzes soll ihnen aus humanitären Gründen ein gesicherter, | |
mehrjähriger Aufenthaltstitel gewährt werden, ohne dass sie zuvor ein | |
Asylverfahren durchlaufen müssen. | |
Einen entsprechenden Antrag werden die Koalitionsfraktionen von SPD, Linken | |
und Grünen am Donnerstag ins Abgeordnetenhaus einbringen. Nach monatelangen | |
internen Beratungen gilt eine Zustimmung als sicher. Berlin schließt sich | |
damit den Initiativen anderer Bundesländer an. So will Brandenburg | |
zukünftig bis zu 60 Menschen jährlich aufnehmen. Baden-Württemberg hatte | |
bereits 2015 und 2016 insgesamt 1.000 jesidische Frauen und Kinder [1][eine | |
Zuflucht geboten]. Zuvor hatte die Terrormiliz IS in der irakischen Region | |
Sindschar einen Völkermord an den Jesiden verübt und dabei viele Frauen | |
verschleppt und versklavt. | |
Die Auswahl der Schutzbedürftigen soll vor Ort in Kooperation mit | |
UN-Organisationen wie dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR erfolgen und gemeinsam | |
für Berlin und Brandenburg vorgenommen werden. In Berlin soll sowohl die | |
Unterbringung der Menschen als auch die Beratung sowie medizinische und | |
psychische Betreuung sichergestellt werden. | |
Die integrationspolitische Sprecherin der Grünen, Bettina Jarasch, rechnet | |
vor allem mit Frauen, die schwere Traumatisierungen und Gewalterfahrungen | |
haben: etwa Jesidinnen, die Kinder aus Vergewaltigungen haben und von ihren | |
Familien gezwungen werden, sich zwischen ihnen und ihren Kindern zu | |
entscheiden. | |
## Kapazität für 500 Menschen | |
In Berlin sollen sie in kleinen Wohngruppen von bis zu 20 Personen | |
untergebracht werden. Die Strukturen sollen für bis zu 500 Menschen | |
angelegt sein, da viele Betroffene über ein Jahr hinaus auf Hilfe | |
angewiesen sein werden. Laut Jarasch soll die Unterbringung aufgrund des | |
hohen Betreuungsbedarfs nicht in den neu entstehenden modularen | |
Flüchtlingsunterkünften (Muf) erfolgen. | |
„Ich bin froh, dass wir diesen Schritt in einer Zeit gehen, in der sich die | |
gesellschaftliche Debatte weg von der Willkommenskultur hin zur | |
Artikulation von Ängsten gedreht hat“, sagt Jarasch. Sie hoffe darauf, dass | |
das Programm auch über die Legislatur hinaus fortgeführt werde. Auch | |
anderen schutzbedürftigen Gruppen könnte dann geholfen werden. | |
24 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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