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# taz.de -- Kontroversen um Hans-Georg Maaßen: Ein langjähriger Merkel-Kritik…
> Der Verfassungsschutz-Chef fiel schon früher durch seltsame Haltungen
> auf. Belegt hat er seine Spekulationen auch damals schon nicht.
Bild: Genießt trotz unzähliger Fehltritte das Vertrauen seines Chefs: Hans-Ge…
Berlin taz | Es waren deutliche Worte, die Malu Dreyer (SPD) für Hans-Georg
Maaßen fand. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV)
stelle die Glaubwürdigkeit von Politik, Medien und den vielen Augenzeugen
infrage, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin der Bild am
Sonntag. Er schaffe weitere Verunsicherung und zerstöre das Vertrauen in
den Staat.
„Ich glaube daher nicht, dass er noch der richtige Mann an dieser Stelle
ist“, so Dreyer. Seit Freitag fordern Oppositionspolitiker und
SPD-Vertreter den Rücktritt des obersten Verfassungsschützers, weil
[1][dieser in einem Bild-Interview die Authentizität eines Videos infrage
gestellt hatte], das mutmaßlich zeigt, wie Rechtsextreme Ende August
Passanten in Chemnitz verfolgten.
Seiner Behörde lägen keine belastbaren Informationen darüber vor, dass
„Hetzjagden“ stattgefunden hätten, so Maaßen. Es lägen auch keine Belege
dafür vor, dass das Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch sei.
Nach seiner vorsichtigen Bewertung „sprechen gute Gründe dafür, dass es
sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die
Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“.
[2][Mehrere Medien haben allerdings Indizien für die Echtheit des Videos
gesammelt.] Geflüchtete in Chemnitz bestätigten, verfolgt worden zu sein.
Welche Erkenntnisse dagegen sprechen, ließ Maaßen offen. Auch eine später
versandte Pressemitteilung beinhaltete keine Präzisierung. „Das BfV prüft
alle zugänglichen Informationen hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts, um zu
einer belastbaren Einschätzung der Ereignisse zu kommen“, hieß es
lediglich.
Mehrere unrühmliche Rollen
Möglicherweise ist die Äußerung [3][als Kritik an Bundeskanzlerin Angela
Merkel zu werten], deren Regierungssprecher Steffen Seibert zuvor von
„Hetzjagden“ in Chemnitz gesprochen hatte. Es wäre nicht das erste Mal,
dass der Verfassungsschutz-Chef die Regierungschefin angreift. Gemeinsam
mit Bundespolizei-Präsident Dieter Romann schilderte Maaßen nach
Informationen der Welt am Sonntag bei einem Treffen mit 100
Chefredakteuren, warum sie die Linie der Kanzlerin ablehnten.
Kontroversen sind Hans-Georg Maaßen auch sonst nicht fremd. Eine erste
unrühmliche Rolle spielte der Jurist 2002 als Referatsleiter für
Ausländerrecht im Innenministerium. [4][Maaßen erstellte damals das
Rechtsgutachten im Fall Murat Kurnaz]. Der in Deutschland aufgewachsene
türkische Staatsbürger war von der US-Regierung 2001 im Rahmen des „Kriegs
gegen den Terror“ als „feindlicher Kämpfer“ auf der US-Militärbasis
Guantánamo (Kuba) festgehalten worden.
Maaßen sollte in seinem Gutachten klären, ob die Bundesregierung sich dafür
einsetzen solle, Kurnaz zurück nach Deutschland zu holen. Der Rheinländer
kam zu dem Ergebnis, Kurnaz’ Aufenthaltsgenehmigung sei erloschen, weil
dieser länger als sechs Monate nicht in Deutschland gewesen sei – der Grund
für dessen Abwesenheit war allerdings die fragliche Inhaftierung in
Guantánamo.
Auch mit seinen Äußerungen zum US-Whistleblower Edward Snowden geriet
Maaßen in die Kritik. 2016 sagte er vor dem [5][NSA-Untersuchungsausschuss
im Bundestag, er halte die Annahme für begründet, dass Snowden] Teil der
„hybriden Kriegsführung“ Russlands gegen den Westen sei. Außerdem habe es
eine „hohe Plausibilität“, dass Snowden für Russland spioniere. Auch dama…
legte Maaßen keine Belege für seine Vermutungen vor.
Neuer Konfliktherd in der Union
Im Fall des tunesischen Attentäters Anis Amri belegten interne Papiere,
dass der Verfassungsschutz einen V-Mann im Umfeld des
Breitscheidplatz-Täters platziert hatte, nachdem die Bundesregierung genau
das abgestritten hatte. Und dann gab es noch [6][die vielen Gespräche
Maaßens mit AfD-Funktionären], die erst vor wenigen Wochen Schlagzeilen
machten.
Die Opposition und die SPD wollen den Verfassungsschutz-Chef nun loswerden.
Trotz der zahlreichen Rücktrittsforderungen genießt Maaßen die
Rückendeckung seines Vorgesetzten. Horst Seehofer – der vor Kurzem erst die
Migrationsfrage als „Mutter aller Probleme“ bezeichnet hatte – sprach
Maaßen sein Vertrauen aus.
Allerdings konnte auch der Bundesinnenminister nicht erklären, worauf die
Einschätzung des Verfassungsschutzpräsident zum Chemnitz-Video beruht:
„Worauf er das stützt, weiß ich nicht“, sagte der CSU-Politiker.
Regierungssprecher Steffen Seibert vermied es in der Pressekonferenz am
Freitag, Maaßen im Namen der Kanzlerin das Vertrauen auszusprechen. Die
Personalie könnte ein weiterer Konfliktherd in der Union werden.
9 Sep 2018
## LINKS
[1] /Diskussion-ueber-Hetzjagden-in-Chemnitz/!5533957
[2] /Faktenlage-nach-Maassens-Behauptung/!5531208
[3] /Diskussion-um-Hetzjagd-in-Chemnitz/!5533999
[4] /Maassens-umstrittenes-Kurnaz-Gutachten/!5088502
[5] /Verfassungsschutzchef-Maassen/!5312689
[6] /Verfassungsschutz-Chef-in-der-Kritik/!5528550
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
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