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# taz.de -- Elbfähren außer Betrieb: Isoliert durch Niedrigwasser
> Der Wasserstand in der Elbe hat einen historischen Tiefstand erreicht.
> Die Elbfähren mussten ihren Betrieb einstellen. Der Streit über neue
> Brücken kocht wieder hoch.
DARCHAU taz | „Tanja“ liegt an der Kette. Die Fähre, die normalerweise Neu
Darchau im Kreis Lüchow-Dannenberg und Darchau im Kreis Lüneburg verbindet,
hat seit fünf Wochen wegen Niedrigwassers den Betrieb eingestellt. Nach
monatelanger Trockenheit hat die Elbe einen historischen Tiefstand
erreicht; am vorvergangenen Freitag sank der Pegel in Neu Darchau auf 66
Zentimeter. Schiffe wie die „Tanja“ – sie hat einen Tiefgang von 70
Zentimetern, ist 140 Tonnen schwer und darf bis zu 200 Personen und 21
Autos transportieren – können bei so einem Wasserstand nicht mehr
verkehren.
Vor knapp drei Wochen war auch 15 Kilometer stromabwärts in Bleckede
Schluss. Hier dümpelt die „Amt Neuhaus“ beschäftigungslos am Anleger.
„Immer öfter laufen wir Gefahr, dass wir uns auf den Sandbänken
festsetzen“, heißt es auf der Homepage des Fährunternehmens. „Unsere
Anleger sind auf beiden Seiten nach ganz unten gezogen, und weiter geht es
jetzt nicht mehr. Somit können wir nicht mehr richtig an- bzw. ablegen.“
Um überhaupt noch verkehren zu können, hatte die „Amt Neuhaus“ bereits
zuvor nur noch sechs statt wie sonst neun Autos pro Fahrt an Deck rollen
lassen. „Für die Kunden ist die Situation total schrecklich“, sagt Petra
Wilhelm vom Fährbetrieb in Bleckede. „Sie müssen Umwege über die Brücken
von siebzig, achtzig oder mehr Kilometern über die Brücken in Lauenburg und
Dömitz machen.“
Aber auch für das kleine Unternehmen sei die wetterbedingte Zwangspause
„die Katastrophe schlechthin“. Wie groß die Verluste letztlich werden,
hängt davon ab, wie lange der Stillstand noch dauert. Die Fähre
transportiert jedes Jahr im Schnitt rund 500.000 Personen und 175.000
Fahrzeuge und macht einen Umsatz von gut einer Million Euro.
## 40 Kilometer Umweg für Schüler*innen
Der eingestellte Betrieb hat insbesondere für Berufspendler und Schüler
Konsequenzen: Viele Kinder und Jugendliche aus der zu Niedersachsen
gehörenden, aber östlich der Elbe liegenden Gemeinde Amt Neuhaus fahren
normalerweise mit dem Schiff zum Schulzentrum in Bleckede. Sie müssen den
Bus nehmen und früher aufstehen. Durch den 40 Kilometer langen Umweg über
die Elbbrücken bei Lauenberg kann der morgendliche Weg derzeit gut und gern
zwei Stunden in Anspruch nehmen.
Die aktuelle Situation lässt die schon beendet geglaubte Diskussion über
den Bau einer weiteren Elbbrücke wieder hochkochen. Die parteilose
Bürgermeisterin im Amt Neuhaus, Grit Richter, ist eine Befürworterin dieser
Idee. Und auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU)
macht sich für eine neue Elbüberquerung stark. Er will noch im Herbst mit
der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern darüber diskutieren, ob sich
eine Brücke bei Neu Darchau gemeinsam finanzieren und bauen lässt.
## Brückengegner befürchten hohe Kosten und Umweltzerstörung
Dabei waren derartige Planungen im Sommer 2015 von der Mehrheit im
Lüneburger Kreistag zunächst beerdigt worden. Zu teuer, befanden die
Kommunalpolitiker. Bis zu 60 Millionen Euro wurden für die Elbüberquerung
veranschlagt. Neu Darchaus Bürgermeister Klaus-Peter Dehde (SPD) fürchtet
zudem, dass die Gemeinde durch die Zubringerstraßen zur Brücke
„zerschnitten“ wird.
Die Bürgerinitiative „Ja zur Fähre – Nein zur Brücke“ kämpft seit fas…
Jahren gegen ein solches Bauwerk. Sie führt auch ökologische Bedenken ins
Feld. Eine neue Brücke, so die Argumentation, werde zusätzlichen Verkehr
und viele Lastwagen anziehen. Neu Darchau liege in der ökologisch
hochsensiblen Elbtalaue. Eine Brücke, glaubt die Initiative, „würde dieses
Kleinod zerstören“.
## Neuer Anstrich während Zwangspause
Die Revierzentrale des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts in Magdeburg
hält es derweil für gut möglich, dass auch der Rekordwert von 66
Zentimetern Wasserstand in den kommenden Tagen noch unterschritten wird.
Gleichzeitig warnt die Behörde davor, die niedrige Elbe zu durchwaten. Der
Pegelstand sei ein Mittelwert – in der Fahrrinne und an anderen Stellen
könne das Wasser deutlich tiefer sein.
Fährfrau Petra Wilhelm will die Zwangspause für Reparaturen an ihrem
gepachteten Schiff nutzen, die „Amt Neuhaus“ soll einen frischen Anstrich
bekommen: „Aber keine großen Arbeiten, damit wir, sobald die Elbe wieder
mehr Wasser führt, sofort den Betrieb wieder aufnehmen können“.
3 Sep 2018
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Trockenheit
Hitze
Elbe
Deutsche Einheit
Schwerpunkt Klimawandel
Rhein
Elbvertiefung
Fischsterben
Elbe
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