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# taz.de -- Pressefreiheit in Weißrussland: 17 Journalisten verhaftet
> In Weißrussland wurden 17 Journalisten festgenommen. Ohnehin gibt es in
> dem Land nur noch wenige kritische Medien.
Bild: Alles um Weißrusslands Präsidenten Lukaschenko ist autoritär – und e…
In Weißrussland wird es für Journalisten [1][wieder einmal ungemütlich]. 17
von ihnen wurden in den vergangenen 48 Stunden festgenommen. Die
Betroffenen arbeiten bei zwei unabhängigen Nachrichtenportalen
beziehungsweise -agenturen Tut.by, BelaPan sowie der Wissenschaftszeitung
Nauka. Auch Paulyuk Bykowski, örtlicher Korrespondent der Deutschen Welle,
wurde einvernommen.
Parallel dazu wurde bei Razzien in Wohnungen und Redaktionsbüros das im
autoritär regierten Weißrussland bekannte Programm abgespult – will heißen:
Beschlagnahme von technischen Equipment, Unterlagen, Computern, Laptops und
Kreditkarten.
Die Vorwürfe gegen die Medienmacher sind bizarr: Angeblich hätten sie sich
von 2017 bis heute in insgesamt 15.000 Fällen Zugang zu Informationen auf
der Webseite der staatlichen Nachrichtenagentur BelTA verschafft und dafür
nicht bezahlt. Im Falle einer Verurteilung drohen den Journalisten bis zu
zwei Jahren Haft sowie ein temporäres Berufsverbot.
Ein Kommentar der oppositionellen weißrussischen Journalistin Irina Chalip
zu den jüngsten Repressionen ließ nicht lange auf sich warten. Chalip
arbeitet in Minsk für die Nowaja Gazeta, wurde wiederholt vom
weißrussischen Geheimdienst KGB zusammengeschlagen, mehrfach festgenommen
und 2011 wegen ihrer Berichterstattung über Proteste gegen Wahlfälschungen
zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
## Keine gegenseitige Verleumdung
Alle offiziellen Informationen, wie zum Beispiel über Milcherträge in der
Landwirtschaft, seien bei BelTA frei zugänglich. Zahlenden Abonnenten
könnten diese lediglich 15 Minuten früher abrufen. Daher mache es überhaupt
keinen Sinn, die Seite von BelTA zu hacken.
Und: „Journalisten verleumden sich nicht gegenseitig. Wenn jemand jedoch
Chef eines staatlichen Propagandabetriebes ist, muss er die Befehle von
oben ausführen, das heißt, auch jemanden verleumden. Und genau das ist im
vorliegenden Fall geschehen“, schreibt Chalip auf der Webseite [2][der
Nichtregierungsorganisation Charter 97], die sich
Menschenrechtsverletzungen widmet.
Auch internationale Organisationen sind alarmiert. Es sei schwierig, in dem
Vorgehen gegen Journalisten in Weißrussland etwas anderes als ein Mittel
der Einschüchterung unabhängiger Medien zu sehen.
Das alles vollziehe sich im Kontext eines wachsenden Drucks, der auf
kritische Stimmen ausgeübt werde, sagte Johann Bihr, zuständig für
Osteuropa bei „Reporter ohne Grenzen“. Der Europarat forderte Weißrussland
auf, schnelle und transparente Ermittlungen durchzuführen und die
festgenommen Journalisten wieder auf freien Fuß zu setzen.
## Keine politischen Razzien
Demgegenüber beeilte sich Anatoli Glaz, Sprecher des weißrussischen
Außenministeriums, darauf hinzuweisen, dass die Festnahmen und Razzien
keineswegs politisch motiviert seien. Die aktuelle Situation habe
mitnichten eine politische Dimension und nichts zu tun mit Pressefreiheit
beziehungsweise journalistischen Aktivitäten in Weißrussland, zitiert ihn
die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti.
Repressionen gegen die wenigen noch verbliebenen oppositionellen Medien
sind in Weißrussland an der Tagesordnung. Die Steuerbehörden stellen wegen
angeblicher Unregelmäßigkeiten finanzielle Forderungen in absurder Höhe,
Journalisten werden aus fadenscheinigen Gründen vor Gericht gezerrt.
Im vergangenen Juni verabschiedete das weißrussische Parlament
Zusatzbestimmungen zum geltenden Mediengesetz. Danach können Personen
strafrechtlich verfolgt werden, die „falsche“ Informationen im Internet
verbreiten. Verfasser von Posts und Kommentaren in Onlineforen müssen sich
identifizieren, Webseitenbetreiber die Kommentare moderieren. Bei Verstößen
gegen das Gesetz kann die inkriminierte Webseite gesperrt werden.
Für kritische Beobachter ist der Sinn der Gesetzesänderung klar. So gehe es
nicht darum, die Bürger vor falschen Informationen zu schützen, sondern
mehr Macht darüber zu haben, welche Informationen die Bürger überhaupt
bekommen, heißt es in einer Stellungnahme der US-Organisation Committee to
Protect Journalists (CPJ).
9 Aug 2018
## LINKS
[1] /Justiz-in-Weissrussland/!5518287
[2] /Presseunfreiheit-in-Weissrussland/!5480121
## AUTOREN
Barbara Oertel
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Weißrussland
Alexander Lukaschenko
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