# taz.de -- Justiz in Weißrussland: Vier Jahre Haft für Journalisten | |
> Dmitriju Galko muss in eine Arbeitskolonie, weil er einen Polizisten | |
> angegriffen und dabei dessen Mobiltelefon zerstört haben soll. | |
Bild: Manchmal schwächelt er: Weißrusslands autokratischer Langzeitherrscher … | |
BERLIN taz | Er hatte mit einem Freispruch gerechnet und sich damit total | |
verspekuliert: Vier Jahre Freiheitsentzug und eine Geldstrafe in Höhe von | |
umgerechnet 370 Euro lautet das Urteil gegen den weißrussischen | |
Journalisten Dmitriju Galko, das ein Minsker Gericht am Dienstag gegen ihn | |
verhängte. Der vorsitzende Richter arbeitet sich übrigens gerne an | |
Andersdenkenden ab und steht auf der Sanktionsliste der Europäischen Union. | |
Galkos Vergehen: Er soll im vergangenen November bei einer Razzia in seiner | |
Minsker Privatwohnung, wo er mit seinem Sohn Geburtstag feierte, einen | |
Polizeibeamten angegriffen und dessen Mobiltelefon zerstört haben. | |
Galko, der von Nahrungsentzug und weiteren Misshandlungen während der | |
Untersuchungshaft berichtete, hält das Urteil für politisch motiviert. Der | |
Gedanke ist alles andere als abwegig. Der Journalist, der unter anderem | |
auch für die Londoner Times arbeitete, hatte an mehreren Protestaktionen | |
gegen Weißrusslands autokratischen Dauerherrscher Alexander Lukaschenko | |
teilgenommen und war wiederholt festgenommen worden – das letzte Mal 2017. | |
Ab 2013 hatte Galko regelmäßig für das weißrussische Onlineportal Novy | |
Tschas über den Euromaidan in der Ukraine sowie den Krieg im Donbass | |
berichtet, an dem beteiligt zu sein Russland ja nach wie vor bestreitet. | |
## Von Autobombe zerfetzt | |
2016 wurde er Herausgeber und Redakteur der weißrussischen oppositionellen | |
Onlinezeitung Belorusskij Partisan, deren Gründer, Pawel Scheremet, im | |
selben Jahr in der ukrainischen Hauptstadt Kiew von einer Autobombe | |
zerfetzt wurde. Dort ließ sich auch Galko nach dem Zwischenfall mit der | |
Polizei vorübergehend nieder. Als er im vergangenen April nach Minsk | |
zurückkehrte, schlug die Polizei zu. | |
Für Galko hätte das Urteil auch noch viel härter ausfallen können. Im | |
Gegensatz zu den sogenannten „Arbeitslagern mit verschärftem Regime“ darf | |
er seine Strafe in einer Arbeitskolonie mit etwas gelockerten | |
Sicherheitsbestimmungen absitzen. In der „Chimija“ – die Bezeichnung stam… | |
noch aus Sowjetzeiten – schuften die Insassen in Fabriken, dürfen aber mit | |
einer Erlaubnis ihren Knast auch mal stundenweise verlassen. Ansonsten sind | |
die Bedingungen so unterirdisch wie in normalen Gefängnissen auch – | |
angefangen bei völliger Überbelegung und fehlendem Warmwasser. | |
„Ich werde über 1.000 Kilometer entfernt von meiner Familie und meinem | |
kleinen Sohn meine Strafe absitzen“, zitiert die weißrussische Zeitung | |
Nascha Niwa den Verurteilten, der noch damit hadert, ob er in Berufung | |
gehen soll oder nicht. „Sie hoffen, wenn sie mich in ein Gefängnis dieses | |
Typs schicken, dass alle mich vergessen werden. Wäre ich in ein reguläres | |
Arbeitslager geschickt worden, würden sich jeder an mich erinnern.“ | |
Ob Galkos Schicksal wirklich in Vergessenheit gerät, dürfte auch von seine | |
Kollegen abhängen – in Weißrussland, aber auch im Ausland. | |
18 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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