| # taz.de -- Kommentar Weißrussland: Barmherzigkeit aus Kalkül | |
| > Weißrusslands Präsident Lukaschenko lässt politische Gefangene frei. Das | |
| > ist vor allem ökonomischen Interessen geschuldet. | |
| Bild: Weißrusslands Präsident Lukaschenko gibt den Saubermann. | |
| Die Freilassung von sechs politischen Gefangenen in Weißrussland ist zu | |
| begrüßen. Doch mit einer „Geste des Humanismus“, wie der autokratische | |
| Dauerherrscher Alexander Lukaschenko der Öffentlichkeit weismachen will, | |
| hat das alles nicht das Geringste zu tun. | |
| Hinter dem längst überfälligen Schritt steckt ein knallhartes politisches | |
| Kalkül. Zum einen geht es darum, die Tür zum Westen ein kleines Stück | |
| weiter zu öffnen. Dieses Bemühen ist seit längerem erkennbar - nicht | |
| zuletzt durch die Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der | |
| Ostukraine, für die sich Lukaschenko als Vermittler in der weißrussischen | |
| Hauptstadt Minsk so großzügig zur Verfügung stellte. | |
| Die Freilassung der Oppositionellen ist ein weiterer Versuch des Vortastens | |
| in Richtung Westen - schließlich war die Inhaftierung der | |
| Regierungskritiker mit ein Grund für die Europäische Union, 2011 Sanktionen | |
| gegen den Zehn-Millionen-Einwohnerstaat zu verhängen. Lukaschenkos Flirt | |
| mit Brüssel ist vor allem ökonomischen Interessen geschuldet, weil das Land | |
| für seine marode Wirtschaft schlicht Investititonen und Kredite braucht. | |
| Gleichzeitig ist das Agieren Russlands in der Ukraine auch nicht gerade | |
| dazu angetan, den auf die Unabhängigkeit seines Landes bedachten | |
| Lukaschenko weiter in die Arme des Nachbarn zu treiben. | |
| Die plötzliche „Barmherzigkeit“ des Präsidenten folgt aber auch | |
| innenpolitischen Erwägungen. Am 11. Oktober finden Wahlen statt, bei denen | |
| sich Lukaschenko im Amt bestätigen lassen will. Dass das auch so kommt, | |
| daran zweifelt niemand, denn das Terrain ist bereitet. Ernst zu nehmende | |
| Gegenkandidaten gibt es nicht. Und der jetzt frei gelassene Sozialdemokrat | |
| Mykola Statkewitsch kann nicht antreten, weil zufällig gerade die Frist für | |
| die Registrierung abgelaufen ist. | |
| Deshalb sollten all jene, die jetzt nicht mit lobenden Worten sparen, sich | |
| in Zurückhaltung üben. Weißrussland ist ein Land, in dem nach wie vor | |
| schwerste Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind und immer | |
| noch die Todesstrafe vollstreckt wird. Daran ändert auch die jüngste | |
| Entwicklung nichts. | |
| 24 Aug 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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