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# taz.de -- Kommentar Weissrussland: Zum Abschuss freigegeben
> Bereits die Verkündung des Urteils gegen die Todeskandidaten mobilisierte
> 270.000 Personen in Belarus. Die Exekution der beiden Männer könnte noch
> größere Auswirkungen haben.
Bild: Kämpferin gegen Todesstrafe: Tamara Tschikunowa im Jahr 2005
Wer noch gehofft hatte, der Staatspräsident von Belarus, Alexander
Lukaschenko, würde mit den Todeskandidaten Dmitri Konowalow und Wladislaw
Kowaljow ein Einsehen haben, sieht sich leider eines Besseren belehrt. Mit
seiner Weigerung, von der Möglichkeit der Begnadigung Gebrauch zu machen,
hat Lukaschenko beide im wahrsten Wortsinne zum Abschuss freigegeben.
Vielleicht wurden die Männer, deren Verantwortung für mehrere Anschläge das
Gericht nicht einmal im Ansatz nachweisen konnte, bereits hingerichtet. Den
Zeitpunkt der Tötung im staatlichen Auftrag geheim zu halten und die
Angehörigen der Verurteilten im Unklaren zu lassen – auch das hat in
Belarus Methode und offenbart einmal mehr den menschenverachtenden
Charakter dieses Regimes.
Alles dies passiert nicht auf einem entfernten Kontinent, sondern mitten in
Europa, also quasi vor der Haustür. Dieser Umstand macht in erschreckender
Weise deutlich, dass der Westen weder ein passendes Rezept im Umgang mit
derartiges Regimes hat noch über ein Instrumentarium verfügt, um dem
wahnwitzigen Treiben Lukaschenkos Einhalt zu gebieten. Es werden
Resolutionen verfasst und Einreise-Sanktionen gegen führende Vertreter des
Systems verhängt. Doch diese Mittel taugen offensichtlich nicht dazu, die
Staatsmacht zu beeindrucken. Die hat es mittlerweile offensichtlich ja
nicht einmal mehr nötig, Gefangene als Faustpfand einzusetzen, um Brüssel
Zugeständnisse abzutrotzen.
Dennoch: Minsk sollte gewarnt sein. Bereits die Verkündung des Urteils
mobilisierte 270.000 Personen in Belarus, sich mit ihrer Unterschrift für
die Verurteilten einzusetzen. Deren drohende oder schon erfolgte Exekution
dürfte dazu führen, dass sich noch mehr Menschen von dem Regime abwenden
und ihrem Unmut auch Ausdruck verleihen. Und so könnte sich die jüngste
Entscheidung des selbsternannten Diktators Lukaschenko als Bumerang
erweisen.
15 Mar 2012
## AUTOREN
Barbara Oertel
Barbara Oertel
## TAGS
Russland
Weißrussland
Alexander Lukaschenko
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