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# taz.de -- Die EU und Weißrussland: Alles in bester Ordnung
> Die EU will die Sanktionen gegen den autoritären Staat aussetzen, weil
> die Wahl ruhig verlief. Oppositionsführer durften allerdings nicht
> teilnehmen.
Bild: Nur die Oppositionellen fordern noch den Boykott der Diktatur. Die EU hat…
Luxemburg/Minsk afp | Angesichts der unblutig verlaufenen
Präsidentschaftswahl belohnt die EU Weißrusslands autoritär herrschenden
Staatschef Alexander Lukaschenko mit der Aussetzung von Sanktionen. Die
EU-Außenminister gaben am Montag Frankreich zufolge grünes Licht,
Strafmaßnahmen gegen die Führung des Landes zunächst für vier Monate
auszusetzen. Anfang 2016 soll dann über die vollständige Aufhebung beraten
werden. Wahlbeobachter meldeten jedoch „bedeutende Probleme“ bei der
Stimmauszählung, die Opposition sprach von einer Inszenierung.
Der seit 21 Jahren regierende Lukaschenko wurde bei der Wahl am Sonntag mit
einem Rekordergebnis für eine fünfte Amtszeit gewählt. Er erhielt nach dem
vorläufigen Endergebnis 83,5 Prozent der Stimmen, die Wahlbeteiligung lag
bei 86,8 Prozent. Oppositionsführer waren nicht zugelassen.
Die einzige Oppositionskandidatin war Tazjana Karatkewitsch.
Lukaschenko-Gegner kritisierten ihre Kandidatur allerdings, weil sie der
Wahl lediglich ein scheindemokratisches Alibi verleihe. Die beiden anderen
Kandidaten, Siarhiej Hajdukewitsch und Nikolaj Ulachowitsch wurden weithin
als Lukaschenko-Gefolgsleute angesehen.
Nach der Wahl vor fünf Jahren waren Regierungsgegner aus Protest gegen das
Ergebnis auf die Straße gegangen. Lukaschenko hatte die Proteste brutal
niederschlagen lassen. Bei seiner Stimmabgabe am Sonntag hatte der
61-Jährige seine Gegner vor neuerlichen Protesten gewarnt.
Dessen ungeachtet gab die EU grünes Licht für die Aussetzung der Sanktionen
gegen die Führung des Landes. Der französische Europaminister Harlem Désir
sagte in Luxemburg, die EU-Außenminister hätten bei ihrem Treffen
entschieden, die Sanktionen ab November zunächst für vier Monate
auszusetzen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zufolge soll
dann Anfang des Jahres entschieden werden, ob sie endgültig aufgehoben
werden. Gegen Lukaschenko und rund 175 Vertraute und Anhänger gelten
derzeit von der EU verhängte Reise- und Vermögenssperren.
## Die Diktatur geht weiter
Zwar hätten die Wahlen „nicht den internationalen Standards“ entsprochen,
sagte Steinmeier. „Im Vergleich zu den letzten beiden
Präsidentschaftswahlen hat es allerdings Veränderungen gegeben.“ Er verwies
darauf, dass vor den Wahlen politische Gefangene freigelassen worden waren.
Eine erste Stellungnahme der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit
und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fiel aber kritisch aus: „Einige
bedeutende Probleme, insbesondere bei der Auszählung und Auswertung der
Stimmen, untergraben die Integrität der Wahl“, erklärte der Leiter der
Beobachtermission, Kent Harstedt, in Minsk. Es sei klar, dass das Land
„noch einen langen Weg vor sich hat, um seine demokratischen
Verpflichtungen zu erfüllen“.
Für die Opposition wäre ein Stopp der Sanktionen daher ein Skandal. Die
wichtigsten Oppositionsführer Mikola Statkewitsch und Anatoli Lebedko
bekräftigten, dass sie die Ergebnisse nicht anerkennen. Der einflussreiche
oppositionelle Schriftsteller Wladimir Nekljajew sagte der
Nachrichtenagentur AFP: „Wir betrachten dieses Spektakel nicht als Wahl und
erkennen es nicht an.“ Die frisch gekürte Literaturnobelpreisträgerin
Swetlana Alexijewitsch hatte Lukaschenkos Regierungsstil am Samstag als
„sanfte Diktatur“ bezeichnet und die EU davor gewarnt, den Druck auf ihn zu
lockern.
Nach Angaben aus EU-Kreisen sollen vier Weißrussen auf der Sanktionsliste
der Europäer bleiben. Sie werden beschuldigt, für das Verschwinden
politischer Aktivisten verantwortlich zu sein. Gleichfalls in Kraft bleibt
das europäische Embargo zu Waffenlieferungen und Material, das zur
Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden kann.
Die US-Regierung zeigte sich am Montag „enttäuscht“ über den Verlauf der
Wahl. Es habe „ernsthafte Probleme“ gegeben, befand das Außenministerium in
Washington. Glückwünsche zum „überzeugenden Sieg“ erhielt Lukaschenko vom
russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hoffe nun auf eine Stärkung der
„strategischen Partnerschaft“ beider Länder, schrieb der Kreml-Chef an
seinen Kollegen in Minsk.
13 Oct 2015
## TAGS
Weißrussland
Diktatur
Alexander Lukaschenko
EU-Sanktionen
Präsidentschaftswahl
Weißrussland
Swetlana Alexijewitsch
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