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# taz.de -- Deutsche Konzerne in Südamerika: Menschenrechte sind variabel
> Laut einer Studie handeln deutsche Unternehmen in Südamerika mit in der
> EU verbotenen Pestiziden und kaufen Kupfer aus verseuchten Minen.
Bild: In vielen Entwicklungsländern werden als hochgefährlich eingestufte Pes…
Berlin taz | Deutsche Unternehmen kommen ihrer Verantwortung bei der
Achtung der Menschenrechte „nur in Ansätzen nach“. Das ist das Fazit
[1][einer aktuellen Fallstudie] des Öko-Instituts. Die Bundesregierung
sorge außerdem nicht ausreichend dafür, dass die Firmen in der EU geltende
Standards auch im außereuropäischen Ausland einhalten.
Die Forscher*innen des Öko-Instituts haben verschiedene Fälle untersucht,
in denen deutsche Unternehmen zweifelhaften Handelsgeschäften in Übersee
nachgehen. Kupferimporte für die deutsche Automobilindustrie etwa stammen
demnach zu großen Teilen aus Peru und Chile, wo im Bergbau hochgiftige
Schwermetalle eingesetzt werden. Die Grubenabwässer verseuchen die
umliegenden Gewässer. Das verletze verschiedene von den Vereinten Nationen
postulierte Menschenrechte wie das Recht auf sauberes Wasser, Gesundheit
und angemessene Ernährung. Immer wieder gebe es auch Zwangsumsiedlungen und
weitere Eingriffe.
Als problematisch bezeichnen die Autor*innen außerdem den Vertrieb
hochgiftiger Schädlingsbekämpfungsmittel, die in der EU verboten sind.
Europäische Agrarchemiekonzerne verkaufen in vielen Entwicklungsländern
Pestizide, die die Welternährungsorganisation FAO und die
Weltgesundheitsorganisation WHO als „Highly harzardous“ (kurz: HHP), also
hochgefährlich, klassifizieren.
Laut taz-Recherchen gehören in der Tat mindestens 164 der 229 in Bolivien
zugelassenen Ackergifte zu diesen HHPs. 105 sind in anderen Ländern
verboten, davon 75 in der EU. Hierzu zählt beispielsweise das Bienengift
Imidacloprid sowie das Herbizid Atrazin. Beides wird vom deutschen
Chemiekonzern BASF hergestellt.
Auf Anfrage der taz erklärte BASF, ausschließlich Produkte zu vertreiben,
die auch in mindestens einem OECD- bzw. „Hochregistrierungs“-Land
zugelassen seien und zusätzlich zu den Anforderungen des Ziellandes auch
die Prinzipien des „Internationalen Verhaltenskodex über
Pestizidmanagement“ der FAO und der WHO erfüllten.
Das Unternehmen wich der Frage nach dem toxischen Risiko seiner in der EU
verbotenen Pestizide allerdings aus und verwies darauf, dass das
Produktportfolio immer „auf den regionalen Markt zugeschnitten“ werde.
Teilweise handle es sich um Produkte für „Kulturpflanzen, die aufgrund
klimatischer Bedingungen nicht in Deutschland angebaut“ werden.
Der jährliche Pestizideinsatz in Bolivien nimmt stark zu. In den
vergangenen zehn Jahren hat er sich auf mehr als 40 Tonnen vervierfacht.
Der sprunghafte Anstieg geht vor allem auf den Einsatz des umstrittenen
Totalherbizids Glyphosat im Anbau genveränderter Sojabohnen zurück. Viele
Kleinbauern sind finanziell von den Pestizidhändlern abhängig – oft kennen
sie die Gefahren nicht, viele vergiften sich chronisch.
Krebsfälle nehmen zu, Nervenerkrankungen wie Parkinson ebenfalls. Auch
hormonelle Störungen, schwere Missbildungen und Fehlgeburten sind Folgen
des Herbizideinsatzes. Bolivien steht damit exemplarisch für viele
Entwicklungsländer, in denen die Bevölkerung unter dem ausufernden Einsatz
von Pflanzenvernichtungsmitteln leidet.
## Öko-Institut fordert gesetzliche Regelungen
Die Autor*innen der Studie fordern die Unternehmen auf, Umwelt- und
Menschenrechtsrisiken entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette – also von
der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung ihrer Produkte – zu
analysieren und dabei die Betroffenen miteinzubeziehen. Ziel sei die
Entwicklung wirksamer Schutzmaßnahmen, wie etwa die Einrichtung von
Beschwerdestellen.
Allerdings zeigten die untersuchten Fälle, „dass Unternehmen, solange sie
selbst entscheiden dürfen, inwieweit sie Menschenrechte und Umweltfragen
berücksichtigen, dies entweder nur teilweise oder gar nicht tun“, schreiben
die Autoren der Studie. Freiwilligkeit reiche deshalb nicht, gesetzliche
Regelungen seien notwendig.
Die Behörden müssten die Umsetzung kontrollieren und sanktionieren.
Parallel dazu sei es aber auch sinnvoll, Geschädigten aus dem Ausland
Zugangsmöglichkeiten zu deutschen und europäischen Gerichten zu
verschaffen, damit sie Unternehmen auch auf Schadenersatz verklagen können.
Zudem fordert das Öko-Institut in seiner Studie, die Standards für die
innereuropäische Zulassung und für zu exportierende Stoffe zu
vereinheitlichen. Das heißt zusammengefasst: Produkte, die in der EU oder
Deutschland verboten sind, weil sie Menschen oder Umwelt gefährden, sollen
auch nicht exportiert werden dürfen.
31 Jul 2018
## LINKS
[1] https://www.oeko.de/publikationen/p-details/umweltschutz-wahrt-menschenrech…
## AUTOREN
Ulrike Bickel
## TAGS
Menschenrechte
Schwerpunkt Pestizide
BASF
Umweltverschmutzung
Menschenrechte
Peru
Schwerpunkt Glyphosat
Landwirtschaft
Strom
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