| # taz.de -- Verhandlung über UN-Abkommen: Lehrstunde in Menschenrechten | |
| > In Genf beginnen Gespräche über ein Abkommen, das Firmen zur Einhaltung | |
| > von Menschenrechten verpflichtet. Berlin will nicht mitmachen. | |
| Bild: Menschenrechte sollten für jeden Punkt der Lieferkette gelten | |
| Genf taz | Ab Montag kommen 120 Staaten in Genf zur 4. Verhandlungsrunde | |
| über ein Abkommen mit verbindlichen Menschenrechtsnormen für | |
| Wirtschaftsunternehmen zusammen. Grundlage ist ein erster kompletter | |
| Vertragsentwurf, den der ecuadorianische Vorsitzende auf Basis der ersten | |
| drei Verhandlungsrunden seit 2015 vorgelegt hat. Die | |
| Nichtregierungsorganisationen (NGO) der Treaty Alliance fordern | |
| Nachbesserungen. | |
| Die EU-Kommission nimmt lediglich pro forma an den Verhandlungen teil. Sie | |
| beteiligt sich nicht inhaltlich. Das hatte die für Menschenrechtsfragen | |
| zuständige Arbeitsgruppe der EU-Kommission auf Druck Deutschlands Ende | |
| letzter Woche beschlossen. Die Bundesregierung hält die freiwillige | |
| Selbstverpflichtung von Unternehmen auf Basis der UN-Leitprinzipien | |
| „Wirtschaft und Menschenrechte“ für ausreichend. Sie sind aber nicht | |
| rechtsverbindlich. | |
| Bei den Genfer Verhandlungen wird hingegen ein völkerrechtliches Abkommen | |
| zwischen Staaten angestrebt. Es soll verbindliche Menschenrechtsnormen und | |
| Sorgfaltspflichten für Unternehmen festschreiben sowie Mechanismen zur | |
| Überwachung. Vorgesehen sind auch Instrumente, um Verstöße zu | |
| sanktionieren, sowie bessere Klagemöglichkeiten für betroffene Menschen. | |
| Die Treaty Alliance bemängelt, dass der vorliegende Vertragsentwurf in | |
| Bezug auf die strafrechtliche Haftung von Unternehmen zu „zurückhaltend“ | |
| sei. Denn der Entwurf schreibt den Vertragsstaaten nicht die Einführung | |
| eines Unternehmensstrafrechts vor, sondern ermöglicht ihnen alternative | |
| Sanktionen. Zur Überwachung der Regeln sieht der Entwurf bislang lediglich | |
| eine unabhängige internationale Expertenkommission vor. Die Treaty Alliance | |
| fordert die Schaffung eines internationalen Gerichtshofs. Hier sollen | |
| Menschen aus Ländern ohne eigene Rechtswege Klagemöglichkeit bekommen. | |
| Die Treaty Alliance kritisiert, dass der Vertragsentwurf den | |
| Menschenrechtsnormen für Unternehmen keinen Vorrang mehr einräumt vor | |
| Handels- und Investitionsabkommen, die Spielräume von Staaten zur Umsetzung | |
| von Menschenrechten einschränken. Das kann etwa der Fall sein, wenn | |
| Konzerne vor sogenannten Investor-Staat-Schiedsgerichten gegen Mindestlöhne | |
| und andere Sozial- und Umweltstandards klagen. | |
| ## Zu inhaltlicher Beteiligung nicht bereit | |
| In den ersten Bausteinen für einen Vertragsentwurf, den der | |
| Verhandlungsvorsitzende letztes Jahr vorgelegt hatte, war diese | |
| Vorrangklausel noch enthalten. Der jetzige Entwurf ermöglicht es Staaten | |
| sogar ausdrücklich, Bestimmungen aus Freihandelsabkommen den Vorrang vor | |
| Menschenrechtsnormen einzuräumen. | |
| Diese und andere Abschwächungen zwischen den ursprünglichen | |
| Vertragsbausteinen und dem ersten kompletten Vertragsentwurf erfolgten in | |
| den letzten zwölf Monaten auf Wunsch einer Reihe nördlicher | |
| Industriestaaten. | |
| Dennoch ist die Bundesregierung im Unterschied zu den Regierungen | |
| Frankreichs und anderer EU-Mitgliedsstaaten auch weiterhin nicht bereit zu | |
| einer inhaltlichen Beteiligung an den Verhandlungen. Die Bundesregierung | |
| hatte bereits gegen den [1][Beschluss des UNO-Menschenrechtsrats vom Juni | |
| 2014] zur Eröffnung von Vertragsverhandlungen gestimmt und die ersten drei | |
| Verhandlungsrunden boykottiert. | |
| Ende vergangenen Jahres hat Deutschland im Finanzausschuss der | |
| UNO-Generalversammlung in New York vergeblich die Streichung aller | |
| Haushaltsmittel für die jetzt in Genf beginnende Verhandlungsrunde | |
| beantragt. | |
| 15 Oct 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Zumach | |
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