# taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Merkel verteidigt Asylverschärfung | |
> Für Bundeskanzlerin Angela Merkel hängt der Bestand der Europäischen | |
> Union vom Umgang mit der Migration ab. Zudem warnt sie Trump vor einem | |
> Handelskrieg. | |
Bild: Angela Merkel nutzt die Bundestagsdebatte auch, um sich zur Einigung im U… | |
Berlin rtr/dpa/afp | Der Umgang mit dem Thema Migration wird nach | |
Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) darüber entscheiden, | |
ob die Europäische Union Bestand hat. Es brauche rechtlich tragbare, | |
realistische, solidarische Antworten, die die Menschen nicht überforderten, | |
sagte Merkel am Mittwoch bei der Generaldebatte zum Haushalt 2018 im | |
Bundestag. „Es muss mehr Ordnung in alle Arten der Migration kommen.“ | |
Merkel nutzte ihre Rede auch zu einer Verteidigung der Einigung mit der CSU | |
auf die geplante Asylrechtsverschärfung. Dazu gehöre auch eine bessere | |
Rückführung in andere EU-Staaten. „Recht und Ordnung müssen durchgesetzt | |
werden.“ | |
Die Kanzlerin erklärte, inzwischen kämen schon 95 Prozent weniger Menschen | |
als Bootsflüchtlinge über die zentrale Mittelmeerroute. Dennoch solle der | |
Schutz der europäischen Außengrenzen weiter verstärkt werden. Mit Blick auf | |
den geplanten [1][Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex] versprach sie: | |
„Deutschland wird seinen Beitrag hier leisten.“ | |
Außerdem warb sie für einen „neuen Pakt für Afrika“ und betonte die | |
Bedeutung des „Marshallplans“ von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). | |
Man dürfe nicht über die Köpfe der Afrikaner hinweg entscheiden, sondern | |
müsse mit den dortigen Ländern sprechen. „Migration ist ein globales | |
Problem, und das erfordert eine globale Antwort.“ | |
In der Haushaltsdebatte warnte Merkel zudem vor einer [2][Eskalation der | |
wirtschaftlichen Konflikte mit den USA]. Die Auseinandersetzungen der | |
Europäischen Union mit Amerika über die von US-Präsident Donald Trump | |
initiierten Schutzzölle auf Importe trügen Züge eines Handelskrieges, sagte | |
sie. | |
## Nahles lehnt geschlossene Lager ab | |
„Es lohnt sich alle Mühe, diesen Konflikt zu entschärfen, aber dazu gehören | |
zwei Seiten“, sagte Merkel weiter und verwies auf eine anstehende Reise von | |
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in die USA zur Lösung des | |
Streits. Das gute Funktionieren der Weltwirtschaft hänge von guter | |
Zusammenarbeit ab. Deutschland werde sich dafür einsetzen. | |
Als Erfolge der Großen Koalition nannte Merkel unter anderem den abermals | |
schuldenfreien Bundeshaushalt für das Jahr 2018, die niedrigsten | |
Arbeitslosenzahlen seit der deutschen Einheit sowie die Steigerung des | |
Mindestlohns. Die Kanzlerin verwies zudem auf die abermalige Steigerung der | |
Renten, die beschlossene Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der | |
Krankenversicherung sowie die Förderung von Familien und sozialem | |
Wohnungsbau. | |
FDP-Chef Christian Lindner warf Merkel vor, seit Herbst 2015 mit der | |
Flüchtlingspolitik beschäftigt zu sein, ohne das Problem befriedigend zu | |
lösen. Es gebe aber Millionen Menschen in Deutschland, die von der | |
Regierung eine Lösung der Alltagsprobleme erwarteten. „Davon haben wir | |
nichts gehört“, hielt der Lindner der CDU-Chefin vor. Außerdem schlug er | |
eine parteiübergreifende Zusammenarbeit in Bund, Ländern und Gemeinden für | |
einen deutschen Migrationskonsens vor. | |
SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles mahnte eine Rückkehr der | |
Regierungskoalition zur Sacharbeit an. „Wir brauchen keine Masterpläne, wir | |
brauchen gutes Handwerk“, sagte Nahles mit Blick auf den „Masterplan | |
Migration“ von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Seit der | |
Unterzeichnung des Koalitionsvertrages Mitte März gebe es in der | |
Flüchtlingsfrage keine neue Sachlage. Nahles ließ eine endgültige | |
Zustimmung ihrer Partei zum Asyl-Kompromiss von CDU und CSU erneut offen | |
und pochte auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien. | |
[3][„Geschlossene Lager lehnen wir ab.“] | |
## Linke: Humanität bleibt auf der Strecke | |
Die Fraktionsvorsitzende der AfD, Alice Weidel, warf der Bundesregierung | |
vor, „eigentlich schon gescheitert“ zu sein. Merkel und ihr Kabinett seien | |
mit sich selbst und mit ihrem politischen Überleben beschäftigt. Mit Blick | |
auf den Bundeshaushalt warf Weidel der großen Koalition unter anderem vor, | |
für Millionenausgaben zur „Alimentierung von Asylbewerbern“ verantwortlich | |
zu sein. | |
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warf der Union vor, mit ihrem Streit | |
über die Flüchtlingspolitik der Demokratie schweren Schaden zugefügt zu | |
haben. Es gehe CDU und CSU um Macht und Recht behalten und dabei bleibe die | |
Humanität auf der Strecke. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder | |
spreche von „Asyltourismus“, als kämen die Asylbewerber im Privatjet nach | |
Europa. Gerade von einer sich christlich nennenden Partei hätte er eine | |
andere Haltung erwartet. „Sie hätten doch auch mit einem Lächeln Jesus | |
abgeschoben“, sagte Bartsch. | |
Die Bundesregierung sei nicht mehr zum Lösen von Problemen da, sie sei | |
selber zum Problem geworden, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton | |
Hofreiter. Tausende Menschen würden im Mittelmeer ertrinken, der | |
tödlichsten Grenze der Welt. Anstatt den Besatzungen von Rettungsschiffen | |
zu danken, würden sie kriminalisiert, sagt Hofreiter mit Blick auf Kritik | |
von Bundesinnenminister Horst Seehofer an den Betreibern der im Mittelmeer | |
kreuzenden private Rettungsschiffe. „Damit schafft man ein Klima der | |
moralischen Verwahrlosung.“ | |
4 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /EU-Gipfel-zur-Fluechtlingspolitik/!5514193 | |
[2] /Handelskonflikt-mit-Trump/!5512330 | |
[3] /Asylkompromiss-und-Grosse-Koalition/!5518906 | |
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