# taz.de -- Harley-Davidson und Donald Trump: Maskuline Neurosen Konservativer | |
> Kaum eine Marke ist amerikanischer als Harley-Davidson. Die | |
> Handelspolitik von US-Präsident Trump zwingt sie zu neuem Aufbruch. | |
Bild: Schwerer Schlag für Trump: Harley will Teile seiner Produktion ins Ausla… | |
Donald Trump sagte ausnahmsweise mal die reine Wahrheit, als er | |
Harley-Davidson einst „eine wahre amerikanische Ikone“ nannte. Wenn die USA | |
so etwas wie eine ideologische Kernbotschaft haben, dann verbreiten die | |
Motorräder von Harley-Davidson sie in alle Welt. In ihrem Chrom spiegelt | |
sich das Land so, wie es sich sehen will. Traditionsbewusst, mächtig, | |
individuell. | |
Benson P. Shapiro, Professor für Marketing an der Harvard Business School, | |
formulierte es einmal so: „Harley symbolisiert viele Dinge, die männliche | |
Amerikaner gerne sein wollen. Ein bisschen böse, ein bisschen nett“, ein | |
Symptom für die maskulinen Neurosen ihrer stets konservativen Besitzer | |
also. Auf symbolischer Ebene ist eine Harley eine Jukebox von Wurlitzer, | |
ein Flipper von Wurlitzer, ein Revolver von Colt, eine Kippe von Marlboro, | |
ein Whiskey von Jack Daniel’s – alles zusammen und auf zwei Räder gestellt. | |
Amerikanischer wird es nicht. Great! | |
Donald Trump hat das früh verstanden. „Bikers For Trump“ unterstützten | |
seinen Wahlkampf, im Gegenzug stellte er im Foyer seines Wolkenkratzers in | |
New York eine „goldene Harley“ aus. Als goldenes Kalb und letzte | |
Überlebende der heute weitgehend verwaisten industriellen Reviere von | |
Michigan, Wisconsin und Illinois. Die Kutschen, mit denen weiße Siedler | |
„den Westen eroberten“, in deren spritsaufenden Nachfahren aus Detroit die | |
USA bis zur Ölkrise ihren Überfluss feierten – sie sind beinahe alle | |
ausgestorben. Das Pferd aber, so die Erzählung, hat überlebt – in der | |
Harley. | |
Grund dafür ist nicht, dass diese Motorräder konkurrenzfähig wären. Ganz im | |
Gegenteil. Das Prinzip der langhubigen Zweizylinder ist seit den vierziger | |
Jahren unverändert. Die einzige echte Innovation, den Motor der modernen | |
V-Rod, haben sich die Amerikaner bei Porsche in Weissach entwickeln lassen. | |
Während aber bei der Entscheidung für ein Automobil irgendwann die Vernunft | |
das Steuer übernimmt, ist die Anschaffung eines ohnehin unvernünftigen | |
Motorrades immer gefühlsgesteuert. Deshalb spielt es keine Rolle, wenn | |
andere Hersteller zuverlässiger, solider, schneller oder sparsamer sind. | |
Harley verkauft ein antiquiertes Lebensgefühl; das antiquierte Motorrad | |
gibt es, neben anderem überteuerten Nippes von der Lederjacke bis zur | |
Satteltasche mit Fransen, sozusagen gratis dazu. | |
## Schwarzenegger, Fonda, Rourke | |
Wer eine Harley fährt, will daher auch nicht wirklich Motorrad fahren. Er | |
will Harley sein und als Harleyfahrer gesehen werden. Er will Arnold | |
Schwarzenegger in „Terminator“ sein, Peter Fonda in „Easy Rider“, Mickey | |
Rourke in „Harley Davidson & The Marlboro Man“ oder einer der harten Jungs | |
aus „Sons of Anarchy“. Er will „frei“ sein. Und die Freiheit ist das | |
zentrale Versprechen, das beide auf ihre Weise machen – das Motorrad als | |
Konstruktionsprinzip, „der Westen“ als ideeller Raum. | |
Nun nimmt Harley-Davidson sich die unternehmerische Freiheit, Teile seiner | |
Produktion ins Ausland zu verlagern. Dabei spielt es keine Rolle, ob der | |
Grund dafür in einbrechenden Verkäufen oder dem von Donald Trump | |
angezettelten Handelskrieg liegt. „Ausgerechnet“ Harley, wie der Präsident | |
selbst in einem Tweet mit spürbarer Bestürzung feststellt, wird damit | |
globaler und weniger „amerikanisch“. | |
Gerade so, als wären die Manager aus Milwaukee in der patriotischen | |
Pflicht, wider alle Vernunft dem Wunschdenken des Präsidenten zu | |
entsprechen. „Ausgerechnet“, und hier sagt er wieder die Wahrheit, diese | |
gerade für seine eigene Wählerschaft so hochsymbolische Marke geht ihm nun | |
von der Fahne. Ein schwerer Schlag für Donald Trump. Ein schlechter Deal. | |
26 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Arno Frank | |
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