# taz.de -- Nach der Präsidentschaftswahl: Sorge um Kolumbiens Frieden | |
> Mit Iván Duque wird ein Gegner des Friedensvertrags mit der Farc-Guerilla | |
> Präsident von Kolumbien. Was bedeutet das? | |
Bild: Wohin steuert Kolumbien unter Iván Duque? | |
Wien taz | Der ultrakonservative Iván Duque wird im August als nächster | |
Präsident von Kolumbien vereidigt. [1][Das Ergebnis der Stichwahl vom | |
Sonntag] ließ keinen Zweifel aufkommen. Angesichts des klaren Vorsprungs | |
von 54 zu 42 Prozent erkannte der unterlegene Gustavo Petro das Ergebnis | |
umgehend an. Die fehlenden vier Prozent erklären sich aus der Option der | |
weißen Stimmabgabe, die auf dem Wahlzettel eigens vorgesehen war. | |
Zu den ersten Gratulanten zählte Rodrigo Londoño Echeverri, besser bekannt | |
unter seinem Kampfnamen Timochenko, der Chef der in einer Partei | |
verwandelten Exguerilla Farc. Für ihn hat der friedliche Ablauf der Wahlen | |
bewiesen, dass das Friedensabkommen funktioniere. | |
Vor bald zwei Jahren hatten die Farc mit der Regierung des abtretenden | |
Präsidenten Juan Manuel Santos [2][einen umfassenden Friedensvertrag | |
unterzeichnet], der allerdings von der kompletten Umsetzung noch weit | |
entfernt ist. Während die Rebellen die [3][Waffen abgegeben] und sich in 26 | |
Zonen gesammelt haben, um auf ihre Reintegration in die Gesellschaft zu | |
warten, hat die Regierung die Erfüllung ihrer Verpflichtungen | |
hinausgezögert. Landzuteilungen und Ausbildungslehrgänge, die den | |
ehemaligen Kämpfern eine neue Lebensgrundlage verschaffen sollen, lassen | |
auf sich warten. | |
Expräsident Álvaro Uribe, [4][als Senator ein wichtiger Mann im Kongress], | |
hat dafür gesorgt, dass dem Prozess jede Menge Steine in den Weg geworfen | |
wurden. Und sein politischer Zögling Duque hat am Beginn seines Wahlkampfes | |
erklärt, er werde das Abkommen „in Stücke reißen“. | |
Von dieser Position ist Duque inzwischen abgerückt. Aber: „Wir werden | |
Änderungen vornehmen, damit der Frieden glänzt.“ Näher ging er darauf nicht | |
ein. Aus dem Wahlkampf weiß man, dass jener Teil des Friedensabkommens, der | |
den Comandantes Teilamnestie zusichert und ihnen für zwei | |
Legislaturperioden je fünf Sitze in Abgeordetenkammer und Senat garantiert, | |
annulliert werden soll. | |
## Rückkehr zu den Waffen ist keine Option | |
Auch sonst gibt sich [5][der 41-jährige Senator] weit zahmer und hat sogar | |
Positionen von Petro übernommen: Vom Umweltschutz bis zur Förderung von | |
Bauern und Kleingewerbe. Was davon tatsächlich auf die Agenda kommt, ist | |
ungewiss. | |
Eine Rückkehr zu den Waffen sei keine Option, hatte Pastor Alape, ein | |
wichtiger Farc-Vertreter, der taz kurz vor der Wahl gesagt. Man werde die | |
sozialen Bewegungen mobilisieren, um Druck zu machen. Seit Uribes | |
Präsidentschaft (2002-2010) haben sich sowohl die politische Landschaft als | |
auch das gesellschaftliche Umfeld verändert. Die Macht der | |
klientelistischen etablierten Parteien ist geschrumpft, und die Wähler | |
werden beobachten, ob der versprochene Kampf gegen die politische | |
Korruption wieder nur ein Schlagwort bleibt. | |
Der unterlegene Gustavo Petro steht jedenfalls für 2022 bereit. Er kann | |
immerhin für sich verbuchen, dass nie ein Kandidat links der Mitte so weit | |
gekommen ist. Er fühle sich nicht geschlagen, denn acht Millionen Stimmen | |
seien ein starkes Mandat. Noch am Wahlabend schwor er seine Anhänger auf | |
die neuen Aufgaben ein: „Ab heute sind wir Opposition und wir werden nicht | |
zulassen, dass die Jugend zurück in Krieg und Gewalt geführt wird!“ | |
Petro bekommt als Unterlegener in der Stichwahl automatisch einen Sitz im | |
Senat. Mit den Verbündeten der Grünen Allianz, des Polo Democrático | |
Alternativo und der Farc wird er sich als Oppositionsführer auf ein Viertel | |
der Senatoren stützen können. Und schon nächstes Jahr bieten Kommunal- und | |
Regionalwahlen eine Bühne für ein neues Kräftemessen. | |
19 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Neuer-Praesident-in-Kolumbien/!5513668 | |
[2] /Abkommen-in-Kolumbien/!5362764 | |
[3] /Friedensprozess-in-Kolumbien/!5425201 | |
[4] /Wahlen-in-Kolumbien/!5490884 | |
[5] /Neuer-Praesident-in-Kolumbien/!5513668 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Iván Duque | |
Juan Manuel Santos | |
Alvaro Uribe | |
Kolumbien | |
Farc | |
Guerilla | |
Friedensabkommen | |
Kolumbien | |
Kolumbien | |
Kolumbien | |
Kolumbien | |
Farc | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Kolumbien | |
Kolumbien | |
Kolumbien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ausstellung in München: Die Farc-Frauen | |
Die Fotografin Ann-Christine Woehrl hat den Übergang kolumbianischer | |
Ex-Guerilleras der Farc in den Alltag dokumentiert. | |
Kolumbianische Umweltschützerin: Trans und Ökologin Nr. 1 | |
Brigitte Baptiste ist Expertin für Biodiversität und queere Ökologie. Nun | |
wird sie als erste Transfrau des Landes Rektorin der Universität EAN. | |
Zeitzeugen und politisches Theater: „Eine exzellente Entscheidung“ | |
Heidi und Rolf Abderhalden – Preisträger der Goethe-Medaille 2018 und | |
Gründer von „Mapa Teatro“ aus Bogotá – über 50 Jahren Gewalt in Kolumb… | |
Friedensabkommen in Kolumbien: Ein Zimmer, sechs mal vier Meter groß | |
Sie lebten Jahrzehnte im kolumbianischen Dschungel und sollen nun zurück in | |
ein ziviles Leben finden. Ein Fotograf hat Ex-FARC-Kämpfer portraitiert. | |
Sonderjustiz und Frieden in Kolumbien: Prozessauftakt gegen Farc-Guerilleros | |
Erstmals haben sich ehemalige Rebellen der Justiz gestellt. Mehr als 50 | |
Jahre Krieg zwischen Regierung und Guerilla sollen aufgearbeitet werden. | |
Nationalpark im ehemaligen Farc-Gebiet: Kolumbien schützt riesiges Waldgebiet | |
Der Nationalpark Serranía del Chiribiquete ist nun größer als die | |
Niederlande. Doch es fehlt Geld, um ihn gegen Holzfäller zu verteidigen. | |
Kommentar Machtwechsel in Kolumbien: Der lange Schatten Uribes | |
Der Konservative Iván Duque hat sich gegen seinen linken Herausforderer | |
durchgesetzt, indem er ihn als Sozialisten abstempelte. | |
Neuer Präsident in Kolumbien: Eine politische Wundertüte | |
Iván Duque ist jung, hat politisch nur wenig Erfahrung und wird als | |
„kolumbianischer Macron“ gefeiert. Ein klares Programm fehlt ihm bislang. | |
Präsidentschaftswahl in Kolumbien: Eine Mehrheit für den Frieden? | |
Wer gewinnt die Stichwahl? Der linke Gustavo Petro oder der Ultrarechte | |
Iván Duque? Mit einer „weißen Stimme“ gibt es sogar eine dritte Option. |