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# taz.de -- Sonderjustiz und Frieden in Kolumbien: Prozessauftakt gegen Farc-Gu…
> Erstmals haben sich ehemalige Rebellen der Justiz gestellt. Mehr als 50
> Jahre Krieg zwischen Regierung und Guerilla sollen aufgearbeitet werden.
Bild: Der frühere FARC-Rebellenchef Rodrigo Londono tritt am 13. Juli nach sei…
Eineinhalb Jahre nach dem historischen Friedensvertrag in Kolumbien hat die
[1][Sonderjustiz für den Frieden] ihre Arbeit aufgenommen. Am Freitag
erschien die Führungsriege der ehemaligen Farc-Guerilla zum ersten Mal vor
der Justiz. 31 früheren Farc-Kommandierenden werden bis zu 8.500
Entführungen in den Jahren 1993 bis 2012 zur Last gelegt. Dabei geht es
auch um Folter, Ermordung und das Verschwindenlassen der Entführten.
Die Sonderjustiz für den Frieden ist ein wichtiger Bestandteil des
Friedensabkommens, dass Regierung und Guerilla 2016 unterzeichnet hatten.
Mit ihr sollen alle am Konflikt beteiligten Parteien für Morde,
Entführungen, Vergewaltigungen, Folter und Vertreibungen zur Verantwortung
gezogen werden. Es geht aber vor allem um Aufklärung der Taten und der
Schicksale der bis heute Verschwundenen.
Nach Angaben des Historischen Zentrums der Erinnerung Kolumbiens haben die
fünf Jahrzehnte der militärischen Auseinandersetzungen, an denen auch
andere Guerilleros und Paramilitärs beteiligt waren, rund 6,5 Millionen
Opfer gefordert. 5,7 Millionen Menschen wurden vertrieben und 220.000
Menschen getötet. 27.000 Menschen wurden entführt, rund 60.000 Personen
sind verschwunden.
Seit Freitag wird nun erstmals vor der Sonderjustiz die
Verantwortlichkeiten von 31 darin Verwickelten geklärt. Zum Auftakt waren
mit Rodrigo Londoño alias „Timochenko“, Pablo Catatumbo und Carlos Lozada
lediglich drei frühere Farc-Kommandeure erschienen. Ein Weiterer wurde per
Video zugeschaltet. Die anderen ließen sich von ihren AnwältInnen
vertreten.
## Über zwei Milliarden Dollar durch Entführungen
Am Ende des jetzt begonnen Verfahrens werden jedoch keine Urteile stehen.
Aufgabe der „Kammer für die Anerkennung der Wahrheit, Verantwortung und
Feststellung der Taten und Ausführungen der Sonderjustiz für den Frieden“,
so der volle Name, ist es, alle bisherigen Ermittlungsergebnisse und
Urteile aus früheren Prozessen zu Verbrechen im Zusammenhang mit dem über
50-jährigen Konflikt zu bündeln und zu klären, welche Taten als schwere
Verbrechen strafrechtlich verfolgt werden sollen. 86 Berichte wurden der
Kammer vorgelegt, darunter auch ein umfassender Bericht der
Generalstaatsanwaltschaft, aus dem hervorgeht, dass die Guerilla über zwei
Milliarden Dollar mit den Entführungen erpresst haben sollen.
„Die Vorgeladenen haben jetzt Zeit zum Lesen und um sich vorzubereiten.
Danach rufen wir sie dazu auf, Stellung zu beziehen,“ so die Vorsitzende
Richterin Julieta Lemaitre. Sie und ihre vier KollegInnen hoffen auf die
aktive Aufklärung durch die mutmaßlich Beschuldigten. Als Anreiz dient die
Aussicht auf Strafmilderungen oder gar Straffreiheit bei weniger schweren
Straftaten. Erwartet wird ein langjähriges Verfahren. Einen Termin für die
nächste Sitzung setzte Richterin Julieta Lemaitre nicht fest.
Nach der Sitzung entschuldigte sich die heute als politische Partei
organisierte Farc (Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común/Alternative
revolutionäre Kraft des Volkes): „Wir bitten alle um Verzeihung, wir werden
alles nur Mögliche tun, damit die Wahrheit über das Geschehene bekannt
wird. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, dass sich solche
Taten niemals wiederholen werden,“ so die Farc in ihrer Stellungnahme, in
der sie sich über die Anwesenheit der Medien und den digitalen Livestream
bei der Sitzung beschwerte. Zudem sei unerlaubterweise der Bericht der
Generalstaatsanwaltschaft der Presse zugespielt worden.
„Die juristische Aufarbeitung der während des Konflikts verübten Verbrechen
ist eine wichtige Komponente des Friedensprozesses“, sagte Kai Ambos. Der
Professor für internationales Strafrecht an der Universität Göttingen
unterstützt die Sonderjustiz in Kolumbien als externer Berater. „Es dürfte
schwer werden, den Farc-Anführern die Verantwortlichkeit für einzelne
Entführungen nachzuweisen“, räumte Ambos gegenüber der Nachrichtenagentur
dpa ein. Entscheidend sei jedoch, dass die Täter am Ende in irgendeiner
Weise zur Verantwortung gezogen werden würden.
14 Jul 2018
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## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Farc
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