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# taz.de -- Neuer Präsident in Kolumbien: Eine politische Wundertüte
> Iván Duque ist jung, hat politisch nur wenig Erfahrung und wird als
> „kolumbianischer Macron“ gefeiert. Ein klares Programm fehlt ihm bislang.
Bild: Iván Duque, konservativer Kandidat, jubelt über seinen Sieg: Er erhielt…
Wien taz | Kolumbien hat gewählt, und es hat sich für eine konservative
Zukunft entschieden. Iván Duque vom rechten Centro Democrático konnte sich
am Sonntag in der Stichwahl klar mit 54 Prozent der Stimmen gegen den
Mitte-Links-Kandidaten Gustavo Petro von Colombia Humana mit knapp 42
Prozent durchsetzen. Nur vier Prozent entschieden sich für die am
Stimmzettel vorgesehene neutrale Option der weißen Stimme.
Petro, der eine ökologische Modernisierung des Landes, den Kampf gegen
Korruption und das verkrustete klientelistische System und vor allem eine
konsequente Umsetzung der Friedensverträge mit der marxistischen
FARC-Guerilla versprochen hatte, konnte zwar gegenüber dem ersten Wahlgang
am 27. Mai mehr Stimmen dazugewinnen, doch gelang es ihm nicht, eine
Trendwende einzuleiten.
Mit Iván Duque, der kurz vor der Vereidigung Anfang August seinen 42.
Geburtstag feiern wird, bekommt Kolumbien nicht nur den jüngsten
Präsidenten seiner Geschichte, sondern auch eine politische Wundertüte.
Seine politische Erfahrung beschränkt sich auf vier Jahre im Senat, wo er
sich als wortgewaltiger Redner und treuer Erfüllungsgehilfe von
Ex-Präsident Álvaro Uribe für die Kandidatur empfahl. Uribe hatte den
gelernten Juristen in Washington entdeckt, wo er bei der
Interamerikanischen Entwicklungsbank die Abteilung für Kultur, Kreativität
und Solidarität leitete.
Duque verstand es, sein junges Alter, das von politischen Gegnern als Manko
aufs Korn genommen wurde, zu seinem Vorteil zu nutzen. Obwohl die
traditionelle politische Klasse hinter ihm steht, gelang es ihm, sich als
unverbrauchter und erfrischender Newcomer zu inszenieren. Das Time Magazine
half dabei, indem es ihn als „kolumbianischen Macron“ feierte.
## Was Duque wirklich vorhat, ist unklar
Entscheidend für den klaren Wahlsieg dürfte aber gewesen sein, dass es der
geballten Propaganda der Rechten gelungen war, Gustavo Petro als
gefährlichen Linken zu verteufeln. Die Angst vor einem ehemaligen
Guerillero, der das Land sicherlich in den Sozialismus nach venezolanischem
Vorbild führen würde, verschreckte viele Menschen. Castrochavismo heißt der
Phantasiebegriff, der seit Jahren in allen Wahlen Lateinamerikas
erfolgreich gegen linke Kandidaten eingesetzt wird.
Petro war die letzten drei Wochen hauptsächlich damit beschäftigt, zu
versichern, dass er weder beabsichtige, die Unternehmer zu enteignen, noch
eine Verfassunggebene Nationalversammlung einzuberufen. Diese Angst vor
Petro hat wohl auch verhindert, dass die ausgeschiedenen Zentrumskandidaten
eine klare Wahlempfehlung abgaben.
Was Iván Duque wirklich vorhat, ist auch nach seiner Ansprache am Wahlabend
nicht klar. Er versprach, ein Präsident für alle Kolumbianer zu sein, Hass
und Rache seien ihm fremd. Auch wolle er den Friedensvertrag nicht „in
Stücke reißen“, wie er früher gelobt hatte, sondern dafür sorgen, dass die
einfachen Guerilleros, die längst die Waffen niedergelegt haben, sich in
die Gesellschaft intergrieren könnten.
Als wollte er sich die Plattform von Petro zu eigen machen, sagte er
Korruption und Klientelismus den Kampf an und versprach die Flüsse und
Naturräume des Landes zu schützen. Er will das Steuersystem vereinfachen
und auch der kleinen und mittleren Produktion eine Chance geben. Diese
Sektoren haben unter der Politik des abtretenden Präsidenten Juan Manuel
Santos besonders gelitten.
Duque vergaß aber auch nicht, seinem Mentor Álvaro Uribe zu danken, ohne
den er seinen Kindheitstraum der Präsidentschaft nie hätte verwirklichen
können. Und so fragen sich Beobachter und Kommentatoren in Kolumbien, ob
Duque seine vollmundigen Versprechen einer integrativen Versöhungspolitik
wirklich umzusetzen versucht oder sich doch als Werkzeug der rachsüchtigen
Pläne von Uribe missbrauchen lässt.
18 Jun 2018
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Kolumbien
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Iván Duque
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