# taz.de -- Initiative gegen Racial Profiling in Berlin: Polizei unter Rassismu… | |
> Ein Gutachten der Initiative „Ban Racial Profiling“ zweifelt die | |
> Rechtmäßigkeit verdachtsunabhängiger Polizeikontrollen an. | |
Bild: Protest gegen diskriminierende Polizeipraxis am Görlitzer Park (Archivbi… | |
BERLIN taz | Der Ort ist Programm: Am Kottbusser Tor stellte am Donnerstag | |
die Initiative „Ban Racial Profiling“ zum Abschluss ihrer einjährigen | |
Kampagne zur Sensibilisierung für die diskriminierende polizeiliche Praxis | |
ein Gutachten vor. Darin geht es um den verfassungsrechtlichen Rahmen der | |
Einrichtung sogenannter kriminalitätsbelasteter Orte (KBO) und | |
verdachtsunabhängiger Identitätskontrollen, die überdurchschnittlich häufig | |
Nichtweiße betreffen. | |
Eine Möglichkeit der Polizei, diesem Vorwurf des Racial Profilings zu | |
begegnen, wäre nach Ansicht von Biplap Basu von der Initiative die | |
Dokumentation der Kontrollen. „Wir haben der Polizei schon vor mehr als | |
zwei Jahren als Vorschlag einen Dokumentationsbogen für solche Kontrollen | |
vorgelegt. Die erste Reaktion war: Brauchen wir nicht, bei uns gibt es ja | |
kein Racial Profiling.“ Später habe sich die Polizeiführung | |
gesprächsbereiter gezeigt. Selbst mit dem damaligen Polizeipräsidenten | |
Klaus Kandt gab es Treffen. Man wolle sich innerhalb eines halben Jahres zu | |
der Sache verhalten, hieß es damals, seitdem sei nichts passiert. „Aber | |
vielleicht dauern polizeiliche sechs Monate einfach länger“, sagt Basu | |
lächelnd. | |
Das Gutachten von Cengiz Barskanmaz, Rechtswissenschaftler am | |
Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, und der Rechtsanwältin | |
Maren Burkhardt untermauert die Kritik der Kampagne und zweifelt die | |
Verfassungsmäßigkeit nicht nur der kritisierten polizeilichen Praxis an, | |
sondern auch deren gesetzliche Grundlage, den Paragrafen 21 des Berliner | |
Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog). | |
„Dass verdachtsunabhängig Identitätskontrollen stattfinden können, war ja | |
nicht immer so“, berichtet Maren Burkhardt über einen Paradigmenwechsel in | |
den 1990ern. Juristisch dagegen anzugehen sei kompliziert, da sich | |
bestimmte Rechtsauffassungen seitdem verfestigt hätten. Große Probleme | |
bereite in konkreten Einzelfällen auch die Beweis- und Zeugensituation, vor | |
allem aber das völlig intransparente Verfahren allein bei der Ausweisung | |
der KBO. Die Kriterien für die Feststellung solcher „gefährlicher“ Orte | |
seien rein interner Natur und entzögen sich jeder parlamentarischen und | |
juristischen Kontrolle. | |
Cengiz Barskanmaz erläutert ergänzend ein Verfahren des Europäischen | |
Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei hinreichender Plausibilität des | |
Vorwurfs der rassistischen Diskriminierung die Beweislast umkehrt. | |
Staatliche Behörden müssten dann gerichtsfest nachweisen, dass sie nicht | |
diskriminieren. In Deutschland ist ein solches Vorgehen bislang unüblich. | |
So bleibt es fürs Erste bei privater Empirie in der Beobachtung vermuteten | |
Racial Profilings. Ein erster Schritt Berlins zur Lösung des Problems | |
könnte die Umsetzung des Koalitionsvertrages von Rot-Rot-Grün sein. Dort | |
ist nicht nur vorgesehen, Polizeibeamte für das Thema zu sensibilisieren, | |
sondern auch, einschlägige Passagen im Asog zu streichen – was bislang noch | |
nicht passiert ist. | |
15 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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