# taz.de -- Menschenrechtler über Racial Profiling: „Fälle scheinen mehr zu… | |
> Der Wiener Rapper T-Ser erhebt Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei. | |
> Dieter Schindlauer von der Beratungsstelle „ZARA“ will den Fall nun | |
> klären. | |
Bild: Sidney, Meydo und T-Ser vom Label Akashic Recordz sind mit #nichtmituns g… | |
Der österreichische Rapper T-Ser ist am Sonntag zusammen mit einigen | |
Arbeitskollegen in einem Wiener Park von Polizisten kontrolliert worden. Er | |
hat den Fall publik gemacht und spricht von Rassismus. Auch die Wiener | |
Zeitung [1][berichtete darüber.] | |
Der Rapper teilte noch am Sonntag [2][mehrere kurze Videos des Ereignis] in | |
seiner „Instagram-Story“ im Internet und warf der Wiener Polizei „Racial | |
Profiling“ vor. Das auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierende | |
Agieren von Polizisten ist nicht nur rassistisch, sondern auch | |
rechtswidrig. Die Wiener Polizei wies diesen Vorwurf dann auch entschieden | |
von sich. | |
T-Ser und seine Kollegen sind alle Österreicher, einige von ihnen sind | |
People of Colour (PoC). Ein österreichischer Staatsbürger ist in seinem | |
Heimatland nicht dazu verpflichtet, ein Dokument, wie einen | |
Personalausweis, Führerschein oder Reisepass bei sich zu tragen. Bei | |
Menschen, die aus einem anderen Land stammen, sieht die Rechtslage anders | |
aus. Sie müssen bei einer Kontrolle ihre Identität nachweisen können – die | |
Amtshandlung muss allerdings begründet werden. | |
Unter dem Hashtag [3][#nichtmituns] gingen die Videos viral. In den | |
Kommentaren schilderten Tausende User ihre eigenen Erfahrungen mit | |
willkürlichen Polizeikontrollen. Mittlerweile hat sich auch die | |
[4][österreichische Sensibilisierungs- und Beratungsstelle gegen Rassismus | |
ZARA] – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit eingeschaltet. | |
ZARA-Obmann Dieter Schindlauer will den Vorfall nun klären und | |
gegebenenfalls eine Beschwerde einreichen. | |
Herr Schindlauer, was ist da am Sonntag passiert? | |
Bisher kennen wir nur die Videos, die gepostet wurden. Diese zeigen aber | |
schon Anhaltspunkte, die sehr klar dafür sprechen, dass diese Handlungen | |
nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Zum Beispiel die Szenen, wo | |
die Polizisten einen der Männer am Arm festhalten. Der Mann zeigte kein | |
aggressives Verhalten. Als Beobachter fällt es schwer, ein solches Handeln | |
der Polizei nachzuvollziehen. Die Beamten wollten die Männer aus dem Park | |
vertreiben und es schien schon damit zusammenzuhängen, wie sie aussehen. | |
Aber es brauch ein Gesamtbild, um eine seriöse Einschätzung zu machen. | |
Wie allgegenwärtig ist „Racial Profiling“ in Österreich? | |
Wir haben häufig mit Beschwerden gegen die Polizei zu tun. Jedoch ist | |
Racial Profiling relativ schwer nachzuweisen. Es ist meist nur ein | |
Empfinden der Betroffenen. Oft wird es erst ersichtlich, wenn es keinen | |
konkreten Grund für ein Handeln von Seiten der Polizei gibt – also wenn | |
jegliche Anhaltspunkte fehlen. Erst kürzlich ist die österreichische | |
Exekutive in einem internen Papier zum Schluss gekommen, dass es eventuell | |
ein Problem mit Racial Profiling geben könnte. Sie wollen das Thema nun | |
mehr aufgreifen, das wurde uns zumindest versprochen. Passiert ist aber | |
noch nicht wirklich viel. | |
Haben Sie den Eindruck, dass dieses Problem größer geworden ist? | |
Bis vor einem Jahr gab es eine Phase, wo die Polizeibeschwerden eher ab- | |
als zugenommen haben. Nun scheinen die Vorfälle wieder mehr zu werden. Aber | |
genau können wir das nicht sagen. Wir sehen ja nur, wie viele Beschwerden | |
bei uns landen. Und diese steigen im Moment weiter an. | |
Wie können Sie sich das erklären? | |
Es drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass das mit dem | |
Regierungswechsel zu tun hat. Aber das ist nur ein Eindruck. Manche | |
Elemente in der Polizei könnten sich bestätigt fühlen, dass ein bisschen | |
Rassismus nicht schadet. Aber es ist noch nicht so massiv angestiegen, um | |
zu sagen: Die österreichische Polizei wurde total umgekrempelt, es sind nur | |
noch rassistische Rambos unterwegs. Das wäre ein überzogenes Bild. | |
In welchem Rahmen treten Fälle von „Racial Profiling“ am häufigsten auf? | |
Es kommt oft vor, dass in manchen öffentlichen Räumen bestimmte | |
Bevölkerungsgruppen durch ständige Kontrollen oder erniedrigender | |
Behandlung vertrieben werden. Oft scheint es so, dass bestimmte Gruppen so | |
lange kontrolliert werden, bis sie sich einfach nicht mehr an dem Ort | |
aufhalten. Die meisten Fälle die wir gemeldet bekommen, sind aber viel | |
schlimmer. Die reichen schon mal bis hin zu Misshandlungsvorwürfen gegen | |
die Polizei. | |
Wie können sich Betroffene von „Racial Profiling“ wehren? | |
Es gibt die Möglichkeit, sich zu beschweren. Dabei wird zwischen der | |
sogenannte Richtlinienbeschwerde und der Maßnahmenbeschwerde unterschieden. | |
Die Richtlinienbeschwerde befasst sich mit der Frage, ob der Einsatz als | |
solcher richtig geführt wurde. Da fließt dann auch die Fragen ein, ob es | |
Hinweise auf ein rassistisches Motiv für die Amtshandlung gab. Die | |
Maßnahmenbeschwerde richtet sich gegen konkrete polizeiliche Maßnahmen, wie | |
das Festhalten zum Beispiel. Bei dem Fall vom Sonntag müssen wahrscheinlich | |
beide Beschwerden eingereicht werden. | |
Was kann ein Außenstehender tun, wenn er Zeuge von „Racial Profiling“ wird… | |
Es ist wichtig, als Zeuge stehen zu bleiben und gut aufzupassen. Das Filmen | |
ist erlaubt und hilft wahnsinnig bei der Aufklärung solcher Fälle. Was man | |
nicht tun sollte, ist eine erniedrigende Behandlung von Seiten der Polizei | |
aufzunehmen und dann das Video einfach ins Internet zu stellen. Es verletzt | |
die Persönlichkeitsrechte der Person. Der Zeuge sollte sich mit dem | |
Betroffenen vernetzen und das Video an unseren Verein oder direkt an die | |
Staatsanwalt schicken. Gibt es nur mündliche Aussagen, ist es schwierig, | |
etwas zu beweisen. Denn Aussagen von Polizisten werden höher bewertet – | |
selbst wenn es um Übergriffe geht. | |
Was passiert mit einem Exekutivbeamten, dem Racial Profiling nachgewiesen | |
wurde? | |
Die meisten Betroffenen sind nicht daran interessiert, dass die | |
Polizeibeamten bestraft werden. Sie möchten lediglich, dass sie ihr | |
Fehlverhalten einsehen. Viele wünschen sich nur eine Entschuldigung und | |
eine Erklärung dafür, was passiert ist. Falls die Beamten für ihr Verhalten | |
bestraft werden, dann passiert das komplett intern. | |
Oft wirkt es so, als gebe es gar keine Konsequenzen für die Beamten. | |
Es gibt schon Disziplinarverfahren für die Beamten, wie Versetzungen, | |
Gehälter die nicht ausbezahlt werden oder Nachschulungen. Es dringt nur | |
nicht nach außen. Die von Racial Profiling betroffene Person hat kein Recht | |
darauf, zu erfahren, was disziplinär passiert ist. Anders ist es bei | |
Delikten, die mit Körperverletzung zu tun haben. Da gibt es natürlich ein | |
klassisches Strafverfahren, wo Polizeibeamte dann ganz normal verurteilt | |
werden und auch ihren Job verlieren können. | |
17 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.wienerzeitung.at/themen_channel/integration/gesellschaft/996072… | |
[2] https://www.instagram.com/p/Bo7aAOGniXY/?utm_source=ig_embed | |
[3] https://twitter.com/search?q=%23Nichtmituns&src=tyah | |
[4] https://zara.or.at/ | |
## AUTOREN | |
Irina Angerer | |
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