| # taz.de -- Gendergerechte Sprache: Echt der letzte Müll | |
| > Binnen-I, Asterisk, Unterstrich, Partizipbildungen… Bevor der Duden sich | |
| > festlegt, liefern wir noch schnell 10 Argumente gegen das Gendern. | |
| Bild: Binnen-I, Asterisk, Unterstrich, Partizipbildungen – muss gendergerecht… | |
| 1) Gendergerechte Sprache macht ganz simple Sätze sinnlos kompliziert. | |
| Lesen Sie mal folgende Abhandlung über das Doppelspaltmodell in der | |
| Quantenphysik: „Ein Lichtteilchen oder Photon fliegt auf einen Doppelspalt | |
| zu und trifft dahinter auf einen Schirm, sodass Wissenschaftler es | |
| nachweisen können. Die Eigenheiten der Quantenphysik bewirken, dass die | |
| Photonen dabei nicht gehäuft hinter den beiden Spalten auftreffen, sondern | |
| ein Interferenzmuster erzeugen, wie man es eigentlich von Wellen erwartet – | |
| wie bei Schall- oder Wasserwellen, die durch beide Spalte treten können. | |
| Und doch erzeugt jedes Photon nur einen einzigen wohllokalisierten Punkt.“ | |
| Und jetzt stellen Sie sich das mit Gendersternchen vor: Sie verstehen | |
| wirklich gar nichts mehr. | |
| 2) Selbstbewusste Frauen brauchen so einen Quatsch nicht. Die | |
| Dauerbeleidigten, die sich bei „Professoren“ und „Managern“ nicht | |
| mitgemeint fühlen, haben diese Titel sowieso nicht verdient. Übrigens: Auch | |
| wer weniger verdient als männliche Kollegen, muss eben lernen zu | |
| verhandeln. Selber schuld. | |
| 3) Die männliche Form für alle benutzt man schon „seit 2.000 Jahren“. Hat | |
| der Bundesgerichtshof gesagt. Mit Sprache ist es wie mit Wein: Die Jahre | |
| zeugen von Qualität. Wie vor Jahrhunderten schon geschrieben wurde, kann | |
| also nicht falsch sein. Siehe Martin Luthers Vorrede zu seiner Übersetzung | |
| des Neuen Testaments von 1522: „Es were wol recht vnd billich, das dis buch | |
| on alle vorrhede vnnd frembden namen außgieng, vnnd nur seyn selbs eygen | |
| namen vnd rede furete, Aber die weyl durch manche wilde deuttung vnd | |
| vorrhede, der Christen synn da hyn vertrieben ist, das man schier nit mehr | |
| weys, was Euangeli oder gesetz, new oder alt testament, heysse, fodert die | |
| noddurfft eyn antzeygen vnd vorrhede zu stellen, da mit der eynfelltige | |
| man, aus seynem allten wahn, auff die rechte ban gefuret vnd vnterrichtet | |
| werde, wes er ynn disem buch gewartten solle, auff das er nicht gepott vnnd | |
| gesetze suche, da er Euangeli vnd verheyssung Gottis suchen sollt.“ Schön, | |
| oder? | |
| 4) Sprache soll Wirklichkeit abbilden. Und die ist nun mal ungerecht. Passt | |
| doch. | |
| 5) Mit dem generischen Femininum, äh Maskulinum sind Männer, äh Frauen doch | |
| auch immer mit gemeint. Zur Untermauerung der These ein Auszug aus Gerd | |
| Brantenbergs „Die Töchter Egalias“: „Schließlich sind es immer noch die | |
| Männer, die die Kinder bekommen“, sagte Direktorin Bram und blickte über | |
| den Rand der Egalsunder Zeitung zurechtweisend auf ihren Sohn. Es war ihr | |
| anzusehen, daß sie gleich die Befrauschung verlor. (…) „Aber ich will | |
| Seefrau werden!“ (…) Seine Schwester lachte gemein. Sie war anderthalb | |
| Jahre jünger als er und ärgerte ihn immer. „Haha! Ein Mann soll Seefrau | |
| werden? Denkste!“ Neunmalklug fügte sie noch hinzu, daß der Widersinn doch | |
| schon in den Wörtern liege. „Eine männliche Seefrau! Der blödeste Ausdruck | |
| seit Wibschengedenken! Ho, ho! Vielleicht solltest du Schiffsjunge werden? | |
| Oder Zimmermann? Oder Steuermann?! Ich lach’ mich tot. Alle Männer, die zur | |
| See gehen, sind entweder Prostis oder Fallüster.“ „Fallüster?“ „Fall�… | |
| ja! Sicher! Und in jedem Hafen stehen die Prostis in Reih mit Glied, um die | |
| Seefrauen zu empfangen!“ (…) „Papa, muß Petronius nicht bald einen PH | |
| tragen?“ Petronius wurde puterrot. | |
| 6) Das dritte Geschlecht soll einen eigenen Ankreuzkasten im | |
| Personenstandsregister bekommen. Das ist doch der beste Beweis dafür, dass | |
| wir nichts gegen die haben. Jetzt aber die ganze Sprache auf den Kopf | |
| stellen deswegen ist doch wirklich übertrieben. | |
| 7) Das generische Maskulinum reicht vollkommen, es meint ja nicht Männer. | |
| Eigentlich sind nicht nur Frauen, sondern auch Männer in dieser männlichen | |
| Form „bloß mitgemeint“. Das hat der Deutschlehrer Tomas Kubelik in seinem | |
| Buch „Genug gegendert! Eine Kritik der feministischen Sprache“ erklärt. Die | |
| Form ist also schön neutral und vollkommen losgelöst von Geschlecht oder | |
| Stereotypen. Sieht man doch: Dieser Satz richtet sich an alle Chefs, Ärzte, | |
| Lehrer, Sekretäre, Putzmänner und Krankenbrüder. | |
| 8) Weil es ein Schritt zu mehr Demokratie ist. Und wenn wir damit einmal | |
| anfangen, wollen alle anderen unterrepräsentierten oder sonstwie | |
| diskriminierten Gruppen am Ende auch Gerechtigkeit. Wo kämen wir denn da | |
| hin? Das wäre wirklich sehr anstrengend. | |
| 9) Wir haben wichtigere Probleme. Kinder in Afrika zum Beispiel. Und | |
| Klimawandel. | |
| 10) Mal ehrlich: es sieht einfach scheiße aus. Mit diesen ganzen Strichen | |
| und Sternchen – wer hat da noch Lust, weiterzulesen? Eben. | |
| 9 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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