| # taz.de -- LGBTIQ* im Grundgesetz: „Mehr als nur Symbolpolitik“ | |
| > Der Schutz der sexuellen und geschlechtlichen Identität soll in der | |
| > Verfassung verankert werden. Der Bundesrat diskutiert den Entwurf am | |
| > Freitag. | |
| Bild: Eine Gesetzesinitiative vom Berliner Justizsenator Dirk Behrendt will den… | |
| Berlin taz | Die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz und | |
| Thüringen wollen den Schutzbereich von Artikel 3 des Grundgesetzes | |
| erweitern. In Zukunft soll dort stehen, dass keine Person aufgrund ihrer | |
| „sexuellen und geschlechtlichen Identität“ benachteiligt werden darf. Am | |
| Freitag wird der Entwurf, den der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt | |
| (Grüne) eingereicht hat, im Bundesrat vorgestellt und diskutiert. | |
| „Wir wollen die Rechte von LGBTIQ* langfristig schützen“, sagte Behrendt | |
| der taz. Dazu brauche es die Absicherung im Grundgesetz. Das Ziel sei es | |
| schließlich, Minderheiten auch vor sich ändernden politischen Mehrheiten zu | |
| schützen. | |
| Damit bezieht sich Behrendt auch auf den lange umkämpften Paragrafen 175 | |
| des Strafgesetzbuchs, der bis zu seiner Abschaffung im Jahr 1993 sexuelle | |
| Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte. „Artikel 3 hat dieses | |
| Gesetz nicht verhindert“, so der Justizsenator. „In seiner erweiterten Form | |
| hätte er das schon.“ | |
| Der erste Satz von Artikel 3, Absatz 3, lautet bisher wie folgt: „Niemand | |
| darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner | |
| Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen | |
| oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Nun | |
| soll an dieser Stelle das Merkmal „sexuelle und geschlechtliche Identität“ | |
| eingefügt werden. | |
| Die Verankerung im Grundgesetz würde auch dazu führen, dass eine mögliche | |
| Abkehr von dem Diskriminierungsverbot deutlich schwieriger wäre. Sollte | |
| jemand das Gesetz in Zukunft wieder abschaffen wollen, bedürfte es dazu | |
| schließlich einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. | |
| ## Gegner*innen zweifeln an Notwendigkeit | |
| Dennoch: Als Berlin, Bremen und Hamburg 2009 zum ersten Mal versuchten, | |
| Artikel 3 zu erweitern, zweifelten Gegner*innen vor allem an der | |
| Notwendigkeit einer solchen Änderung. Tatsächlich würde sich in der | |
| konkreten Rechtsprechung für LGBTIQ* vermutlich wenig ändern. Bereits jetzt | |
| sind sie im Grundgesetz unter anderem durch Artikel 3, Absatz 1 („Alle | |
| Menschen sind vor dem Gesetz gleich“) vor einer Benachteiligung durch den | |
| Staat geschützt. Zudem sind Diskriminierungsverbote in vielen | |
| Landesverfassungen sowie in diversen einfachen Gesetzen verankert. | |
| Trotzdem sei die Änderung wichtig, so Behrendt. „Die Verfassung prägt immer | |
| auch die Wertevorstellung.“ Außerdem hofft er, dass beispielsweise der | |
| Schutz im Ausland verfolgter Homosexueller durch die Erweiterung des | |
| Paragrafen besser gewährleistet werden kann. „Es geht also um mehr als nur | |
| um Symbolpolitik“, betont der Justizsenator. | |
| Am Freitag wird der Gesetzesentwurf in die Ausschüsse geleitet. Dort wird | |
| der Antrag beraten und entschieden, ob eine Empfehlung ausgesprochen wird. | |
| Stimmt der Bundesrat dem Entwurf dann zu, wird er über die Bundesregierung | |
| an den Bundestag weitergeleitet. | |
| „Der Erfolg der Initiative steht und fällt mit der Entscheidung der Union. | |
| Und die ist tief gespalten“, so Behrendt. „Das hat man schon bei der | |
| Abstimmung zur Ehe für alle bemerkt.“ | |
| Das saarländische Justizministerium, dessen Minister Peter Strobel (CDU) | |
| auch stellvertretender Vorsitzender im Rechtsausschuss ist, hat auf | |
| taz-Anfrage bereits mitgeteilt, dass es keinen Bedarf zu einer textlichen | |
| Änderung sieht. Auch Niedersachsen habe bereits angekündigt, den Entwurf | |
| abzulehnen, so Justizsenator Behrendt. | |
| Trotzdem findet er: „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für den Vorstoß.“ M… | |
| der Ehe für alle und der Einführung des dritten Geschlechts in die | |
| Geburtsregister seien in letzter Zeit wichtige Erfolge gefeiert worden. | |
| 8 Jun 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Miriam Schröder | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| Ehe für alle | |
| Bundesrat | |
| Queer | |
| Schwerpunkt LGBTQIA | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Schwule | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| Geschlechtsidentität | |
| Geschlechtsidentität | |
| Gerichtsurteil | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| „Lebensort Vielfalt“ für LGBTQI: Schutz und Vorurteil | |
| Am Bahnhof Ostkreuz in Berlin steht seit einem Jahr ein Haus. Die | |
| Mieter*innen: queere Menschen, die ohne Hilfe ihren Alltag nicht bewältigen | |
| können. | |
| Sexuelle Identität soll ins Grundgesetz: Schutz für Homo- und Bisexuelle | |
| FDP, Grüne und Linke wollen das Grundgesetz ändern. Das | |
| Diskriminierungsverbot soll um sexuelle Identität erweitert werden. | |
| Magazine für Lesben: Für sie. Und sie. Und Sie. | |
| Das Zeitschriftenangebot für Lesben ist mau. Immerhin: Das „L-MAG“ wird 15 | |
| – und ist nicht mehr ganz allein auf dem Markt. | |
| Gastkommentar Drittes Geschlecht: Der nächste Ausschluss | |
| Der Entwurf zur dritten Option ist zu restriktiv: Er macht medizinische | |
| Diagnosen zur Bedingung – und ist damit selbst diskriminierend. | |
| Trans/Inter kritisieren Gesetzentwurf: Drittes Geschlecht nur per Diagnose | |
| Ein „drittes Geschlecht“ soll bald möglich sein – aber nur gegen ärztli… | |
| Attest. Inter und trans Aktivist*innen lehnen das ab. | |
| Gerichtsentscheidung in Chile: Rechte von Trans* gestärkt | |
| Trans*-Personen können nun persönliche Angaben auch ohne vorherigen | |
| chirurgischen Eingriff ändern lassen. Das entsprechende Gesetz aber fehlt | |
| noch immer. | |
| Das Recht auf positive Bezeichnung: „Sehr fortschrittlich“ | |
| Die Bremer Juristin Konstanze Plett hat dazu beigetragen, das | |
| Bundesverfassungsgericht von der Notwendigkeit der Anerkennung von | |
| Intersexualität zu übezeugen | |
| Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: Dritte Option neben Mann und Frau | |
| Die intersexuelle Person Vanja erreicht die Anerkennung eines „weiteren | |
| Geschlechts“. Der Bundestag hat bis Ende nächsten Jahres Zeit, das | |
| umzusetzen. |