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# taz.de -- Sexuelle Identität soll ins Grundgesetz: Schutz für Homo- und Bis…
> FDP, Grüne und Linke wollen das Grundgesetz ändern. Das
> Diskriminierungsverbot soll um sexuelle Identität erweitert werden.
Bild: Gibt's im Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit, sind LSB laut…
Berlin taz | Ein „voller Erfolg“ sei der Gesetzentwurf jetzt schon, so Jens
Brandenburg, Sprecher für LSBTI der FDP. Dabei wirbt er am Mittwoch bei
einem Pressegespräch im Bundestag für ein langwieriges Unterfangen: Die
Liberalen wollen gemeinsam mit Grünen und Linken das
[1][Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes erweitern].
Artikel 3 schützt bislang vor Ungleichbehandlung aufgrund von Merkmalen wie
Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben und religiöser
oder politischer Anschauung. 1994 kam Behinderung als Merkmal hinzu. Nun
soll die „sexuelle Identität“ eingefügt werden, um Lesben, Schwule und
Bisexuelle besser zu schützen.
„Der Verfassungsrang von sexueller Identität schafft einen anderen Schutz
und eine bessere Sichtbarkeit“, so Doris Achelwilm (Linke). Die Ergänzung
sei wichtig, so der Antrag, weil Homo- und Bisexuelle die einzige Gruppe
seien, die zwar im Nationalsozialismus verfolgt wurden, aber nun nicht
durch das Grundgesetz explizit geschützt sind. Ein einfaches Gesetz könnte
Lesben, Schwulen und Bisexuellen dann ihre Rechte nicht mehr entziehen.
Seit Herbst haben Grüne und FDP an dem Antragstext zusammengearbeitet. Nun
hat sich auch die Linksfraktion im Bundestag angeschlossen. Für die Grünen
ist der Gesetzentwurf ein Teil des Aktionsplans gegen Homo- und
Transphobie, den sie in der vergangenen Woche in den Bundestag eingebracht
hatten. Ulle Schauws, queerpolitische Sprecherin der Grünen, spricht nun
von einer „historischen Chance“, weil gerade das 70-jährige Jubiläum des
Grundgesetzes gefeiert werde.
## Politischer Druck benötigt
In diesem Zusammenhang solle nun über die fehlende sexuelle Identität
gesprochen werden. Bislang gibt es entsprechende Regelungen schon in den
Landesverfassungen von Bremen, Berlin, Brandenburg, Thüringen und dem
Saarland sowie in der Grundrechtscharta der Europäischen Union.
Für eine Grundgesetzänderung braucht es im Bundestag und Bundesrat eine
Zweidrittelmehrheit. Um genug politischen Druck auf die
Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD auszuüben, soll der Lesben- und
Schwulenverband helfen. Der Verband hatte bereits 2007 mit der Kampagne 3+
mit Prominenten für das Anliegen geworben. „Bisher blieb sie leider ohne
Erfolg“, so Bundesvorständin Henny Engels.
„Das ist ein Anliegen, das quer durch die politischen Lager angenommen
wird“, behauptet Jens Brandenburg. Er verweist auf eine aktuelle
[2][repräsentative Studie der Antidiskriminierungsstelle] des Bundes,
wonach 51 Prozent der Bürger*innen eine solche Erweiterung befürworten.
Im Bundestag sind momentan aber nur die drei Oppositionsfraktionen dafür.
In der Union stoß der Vorschlag am Dienstag auf Ablehnung. „Das Grundgesetz
darf nicht mit Änderungen oder Ergänzungen überfrachtet werden, für die es
gar keine Notwendigkeiten gibt“, sagte der stellvertretende Vorsitzende
Thorsten Frei der FAZ. Am Mittwoch, kurz nach der Pressekonferenz, äußerte
sich Karl-Heinz Brunner, queerpolitischer Sprecher der SPD, nicht mehr
völlig ablehnend, sondern verhalten: „Für eine solide Zweidrittelmehrheit
gemeinsam zu werben, das ist Auftrag und Verpflichtung“, schrieb er nach
dem Pressegespräch [3][auf Twitter].
## Schwierige Definition
Dies brauche jedoch Zeit. Nur ein Unionsabgeordneter sprach sich bislang
öffentlich für das Anliegen aus. „Ja – wir brauchen ein klares Signal geg…
Diskriminierung und Hass“, schrieb Jan-Marco Luczak, stellvertretender
rechtspolitischer Sprecher der Fraktion, am Mittwochmorgen [4][auf
Twitter]. Angesichts der homophoben Übergriffe, die die Polizei seit Jahren
vermeldet, habe er seine Meinung geändert.
Umstritten ist die Definition von „sexueller Identität“ in dem Antragstext.
Der Gesetzentwurf definiert diese als „andauerndes Muster emotionaler,
romantischer oder sexueller Anziehung zu Menschen eines bestimmten oder
verschiedener Geschlechter“. Auf Nachfrage gibt Brandenburg zu, dass
„romantisch“ im rechtlichen Sinn „keine haarscharfe Definition“ sei.
Romantik stehe aber drin, um zu zeigen, dass Liebe zwischen zwei Menschen
mehr als der sexuelle Akt sei.
Nun sollen Anhörungen im Rechtsausschuss des Bundestages folgen. „Bei der
[5][Ehe für alle] haben wir den Fehler gemacht, die Debatte lange zu
vermeiden“, so Brandenburg. „Jetzt wollen wir die Debatte öffentlich
führen.“ Noch vor der Sommerpause wollen die Fraktionen den Antrag
einbringen. Anhörungen werden wahrscheinlich erst danach folgen.
22 May 2019
## LINKS
[1] /LGBTIQ-im-Grundgesetz/!5508994
[2] /Jahresbericht-Antidiskriminierung/!5585323
[3] https://twitter.com/brunnerganzohr?lang=de
[4] https://twitter.com/JM_Luczak?lang=de
[5] /Faktencheck-zur-Oeffnung-der-Ehe/!5425234
## AUTOREN
Markus Kowalski
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