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# taz.de -- Die Wahrheit: Das dritte Auge der Windsors
> Ein dringend notwendiger Abschlussbericht zur royalen Hochzeit des Jahres
> und den noch royaleren Rassismen im Umfeld der Windsors.
Bild: Meghan und Harry Windsor sind glückliche Eltern
Das ZDF wird zurzeit mit Vorwürfen überschüttet, die Berichterstattung über
die „Royal Wedding“ vor Kurzem sei rassistisch gewesen. Weil den
blütenweißen Kommentatoren nichts Besseres einfiel, als penetrant Meghan
Markles afroamerikanische Herkunft, ihre „Exotik“ zu thematisieren.
So kommentierte während der Übertragung die Gala-Unterhaltungschefin
angesichts von Markles Hautfarbe, sie habe „das Gefühl, dass die Queen bei
Meghan ein Auge zudrückt“. Und Thomas Kielinger von der Welt fielen zum
königlichen Paar Begrifflichkeiten ein, die man eher der Zucht von
Rennpferden zuordnen würde: „Es ist nicht ungewöhnlich für England, dass
die ungewöhnlichen Paarungen passieren.“
An dieser Stelle fürchtete man kurz, Kielinger sei als Eugenikexperte
eingeladen worden. Aber schnell war klar, dass der einzige Grund für seine
Anwesenheit seine altersmäßige und im Gestus deutliche Ähnlichkeit zum
Konkurrenzfachmann Rolf Seelmann-Eggebert war. Glücklicherweise trug
Kielinger dunklen Anzug und nicht wie Seelmann-Eggebert standardmäßig
Tweedjackett. Man sieht dann ja sofort immer Alexander Gauland vor sich –
sorry, aber diese alten weißen Männer in Jagdkleidung sind auch wirklich
nicht auseinanderzuhalten …
Andererseits: Der genetisch-rassistische Ansatz wäre auch nicht schlimmer
gewesen als das Exotismusgequatsche. Vielleicht sogar interessanter, vor
allem, wenn man den royalen Inzestaspekt betrachtet: Selbstverständlich
muss das britische Königshaus froh über jede Auffrischung des Gen-Pools
sein. Egal, welche ethnische Herkunft die neuen Familienmitglieder haben:
afroamerikanisch, mongolisch oder nordschwedisch. Hauptsache, sie sind weit
vom europäischen Hochadel entfernt. Und von Deutschland. Bekanntermaßen
sind die Royals ja durch und durch deutsch: Hannover, Sachsen-Coburg und
Gotha, Battenberg …
Kaiser Wilhelm II. war ein Cousin des britischen Königs George V., Ernst
August von Hannover steht auf Platz 450 der britischen Thronfolge und ist
ein Ururenkel von Queen Victoria, genau wie Prinzgemahl Philip, der dem
Haus Schleswig-Holstein-Glücksburg-Sonderburg entstammt. Seine Frau
Elisabeth II. ist übrigens Victorias Urenkelin und damit eine Cousine
irgendeines Grades ihres Gatten. Prinz Harry soll ja durch die inzestuöse
Heiratspolitik der Royals in den vergangenen Jahrhunderten sein eigener
Uronkel und gleichzeitiger Schwippneffe Heinz-Theodor von Anhalts sein, der
mit seiner Apanage in Aschersleben einen royalen Stehimbiss betreibt.
Mit anderen Worten, wenn man verhindern will, dass noch mehr
siebenfingrige, zweiköpfige Kinder im Keller von Schloss Windsor versteckt
werden müssen, tut man gut daran, die Nachkommenschaft bürgerliche,
nichtdeutsche Partner heiraten zu lassen. So gesehen kann man sogar froh
sein, dass die Queen bei der Hochzeit ihres Enkels nicht ihr drittes Auge
zudrücken musste.
30 May 2018
## AUTOREN
Hartmut El Kurdi
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