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# taz.de -- Die Wahrheit: Orales Kolumnieren
> Der Autor hat sich die Hand gebrochen. Tapfer schreibt er trotzdem seinen
> Text. Und erträgt alle Witze über Unfälle im Haushalt und die Folgen.
Ich habe mir die Hand gebrochen. Schreiben kann ich nur mithilfe einer
Spracherkennungssoftware. Ein schwieriges und langwieriges Unterfangen.
Beim Diktieren muss man so deutlich artikulieren wie beim Logopäden. Oder
so, wie es Old-School-Schauspieler noch weit bis in die achtziger Jahre auf
deutschen Bühnen taten, damit ihre Endungen auch noch im Theater in der 50
Kilometer entfernten Nachbarstadt zu verstehen waren.
Die beiden Kommentare, die ich in den letzten drei Wochen am häufigsten
hörte, waren: „Die meisten Unfälle passieren ja im Haushalt!“ Und:
„Verstehe, Ermüdungsbruch in der Wichshand!“
Das ist, meine lieben Mitmenschen, wahnsinnig witzig, das wisst ihr.
Ungefähr so witzig wie die Topclass-Powergag-Witzfrage, die mir mein Freund
Michael Haase in der 3. Klasse stellte und auch sogleich beantwortete: „Wie
heißt Oberschenkelhalsbruch auf Japanisch? – Knicki-Knacki nah bei Sacki.“
Damals ein Brüller, heute nicht mehr ganz überzeugend. Wobei, wenn ich so
nachdenke …
Das mit dem Haushalt stimmt übrigens. Der Unfall passierte so: Da ich der
Meinung bin, dass ich mit dem in meiner Wohnung installierten WLAN, drei
Handys und dem von Angela Merkel und Andrea Nahles ferngesteuerten
Überwachungssender genug verstrahlt werde, besitze ich noch ein
Schnurtelefon. Die Schnur dieses Schnurtelefons ist so lang, dass damit ein
schnurloses Telefon prima simulierbar ist: Man kann den Apparat in fast
jedes Zimmer unserer Wohnung tragen. Ist das Telefon in einem der Zimmer
angekommen, schlängelt sich das Kabel auf dem Flurfußboden. Nutzt man
jedoch die Kabellänge maximal aus, liegt es nicht auf dem Boden auf,
sondern ist in circa einem Zentimeter Höhe gespannt. Zum Beispiel quer vor
der Wohnzimmertür.
Den Rest kann man sich denken: Schussliger Autor flaniert durch die
Wohnung, übersieht den Telekommunikations-Stolperdraht, wird mit seinen 90
Kilo gefällt, bleibt auf mysteriöse Weise mit der Hand im Türrahmen hängen,
die Hand faltet sich einmal komplett nach außen – Folge: Bruch von mehreren
Mittelhandknochen.
Falls es unter den Wahrheit-Lesern Menschen gibt, die aus sexuellen oder
anderen Gründen auf Schmerzen stehen: So ein Bruch wäre was für euch! Man
empfindet dabei nämlich nicht den üblichen Standardschmerz mit seiner
Standardschmerzverlaufskurve: Man rammt das Knie aus Versehen gegen das
Tischbein, schreit auf, weil es höllisch weh tut – und dann lässt der
Schmerz langsam nach.
Nee, bei einem Bruch ist es so: Man fällt hin, der Knochen bricht, man
schreit auf, weil es höllisch weh tut – und dann wird der Schmerz
schlimmer! Bestimmt zehn Minuten lang. Ähnlich wie damals, als ich mir den
großen Zehennagel abgerissen hatte. Das ist übrigens auch ein langwieriges
Vergnügen. Es dauert ein ganzes Jahr, bis so ein Nagel nachgewachsen ist.
Aber glücklicherweise musste ich mit diesem Zeh keine Texte tippen.
31 Jan 2018
## AUTOREN
Hartmut El Kurdi
## TAGS
Unfälle
Schreiben
Hochzeit
Die Wahrheit
Hessen
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt AfD
Großbritannien
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