# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Horrido, ein Waidmannsheil | |
> Warum hat das Jagen in deutschen Gaulanden nur so einen schlechten Ruf? | |
> Ist es doch ein normaler Bestandteil unserer politischen Kultur. | |
Die Jagd ist nicht nur gelebter Naturschutz, sondern normaler, um nicht zu | |
sagen, konstituierender Bestandteil unserer Kultur. Heute genügt es jedoch | |
schon, Begriffe wie „Jagd“ und „jagen“ nur auszusprechen, schon empört… | |
das linksliberale Juste Milieu. Ebenso bei Worten wie „Heimat“, „Gau“, | |
„Land“ oder „jüdische Finanzkrake“. Verstehe das, wer will. | |
Unser Bundesjagdgesetz beruht auf dem Reichsjagdgesetz vom 3. Juli 1934, | |
das vom Reichsjägermeister Hermann Göring erlassen wurde. Es formuliert | |
Dinge, die für jeden Deutschen selbstverständlich sein sollten, zum | |
Beispiel, dass mit dem Jagdrecht auch zwingend die „Pflicht zur Hege“ | |
verbunden ist. Es geht also keineswegs nur um das Töten oder gar Ausrotten, | |
wie gern unterstellt wird, sondern in Paragraf zwei heißt es klar und | |
deutlich: „Die Hege hat zum Ziel die Erhaltung eines den landschaftlichen | |
und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden | |
Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen.“ | |
Angestrebt wird also: Artenreichtum. Vielfalt. Oder wie wir Akademiker | |
sagen: Diversität. Um das möglich zu machen, muss der Wildbestand jedoch – | |
ich bleibe hier beim Wortlaut des Gesetzes – „landschaftlich und | |
landeskulturell angepasst“ sein. Nicht alles ist also erhaltenswert. Sagt | |
das Bundesgesetz. François Mitterand hätte es wohl ähnlich formuliert. | |
Wir alle wissen, dass das Befolgen der Gesetze nicht immer einfach ist. Wer | |
hat nicht schon einmal im Überschwang den Holocaust geleugnet, einer | |
Oktoberfestbedienung in den Schritt gefasst – ja, wem ist nicht schon | |
einmal in feuchtfröhlicher Runde ein übermütiges „Juda verrecke!“ | |
rausgerutscht? Sollte nicht passieren, kommt aber vor. Wir sind ja alle nur | |
Menschen. Meist ist es ja auch nicht so gemeint. | |
„Verrecken“ ist zum Beispiel ein normales deutsches Verb, das auch schon | |
von Goethe benutzt wurde, und „Juda“ ist der Nachname des 1983 geborenen | |
kasachischen Radrennfahrers Juri Juda, der 2003 Dritter bei der | |
kasachischen Zeitfahrmeisterschaft wurde und im Anschluss eine Etappe bei | |
der „Jelajah Malaysia“ gewann. Was soll daran also schlimm sein? Oder | |
provokativ? | |
Aber bei aller Nachsicht gegenüber kleineren Gesetzesübertretungen: Wenn es | |
um die Jagd geht, ist Paragrafentreue oberste Bürger- und Jägerpflicht. | |
Wenn sich zum Beispiel der landschaftsfremde Procyon lotor, der | |
nordamerikanische Waschbär, in meiner nordhessischen Heimat unkontrolliert | |
vermehrt und im historischen Kasseler Villenviertel Wilhelmshöhe jeden | |
zweiten Dachboden besetzt hält und zukotet und deswegen die Leistungsträger | |
dort nicht mehr wissen, wo sie die von Opa geerbte Jünger-Gesamtausgabe und | |
ihre Militaria-Sammlung lagern sollen – dann ist die konsequente Bejagung | |
unumgänglich. | |
Sicher: Wir alle finden Waschbärbabys niedlich. Dennoch dürfen wir uns | |
nicht von ihren braunen Knopfaugen erpressen lassen. Sondern durchladen. Es | |
geht um die Vielfalt. | |
27 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Hartmut El Kurdi | |
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