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# taz.de -- Royal Baby in Großbritannien: Natural Born Influencer
> Nummer sieben in der britischen Thronfolge ist geboren. Schon vor dem
> großen Tag war das Kind Ziel rassistischer Beleidigungen.
Bild: Meghan und Harry Windsor sind glückliche Eltern
Schon seit Anfang März befeuerten Schlagzeilen wie „Wehen-Alarm! Prinz
Harry außer sich vor Sorge!“ (nicht in der taz) oder „Wehen-Panik im
Palast“ (auch nicht in der taz) das Gefühl, es müsse bald soweit sein.
Zuletzt galt jeder fahrende Krankenwagen in der Region Berkshire, wo Prinz
Harry und Herzogin Meghan von Sussex leben, als Aufhänger für Nervositäten,
die erst durch Bekanntgabe einer erfolgreichen Geburt überstanden sein
würden. Jetzt ist Baby Sussex geboren. Die Nummer sieben in der Thronfolge
der britischen Monarchie wird wie jedes neue Mitglied der königlichen
Familie ein Garant für ansteigenden Tourismus- und Souvenirumsatz sein.
Durch seinen Cousin Prinz George sollen die Mehreinnahmen 260 Millionen
Pfund betragen haben.
Während die Neugierigen auf die Bekanntgabe der königlichen Wehen warteten,
erhitzte die Weigerung der Eltern, das Neugeborene unmittelbar nach der
Geburt Kameras zu präsentieren, die Gemüter. Meghan und Harry hatten nicht
nur den errechneten Geburtstermin für sich behalten, sondern beanspruchen
auch einige Tage Ruhe für sich und das Kind, bevor Fotos veröffentlicht
werden. Anders als ihre Schwägerin Katherine von Cambridge, die sich schon
drei Mal nur Stunden nach der Geburt ihres Kindes vor dem St.-Mary-Hospital
der Öffentlichkeit zeigte, bestehen Megan und Harry auf etwas Privatsphäre.
Skandal!
Es müsste für Meghan völlig in Ordnung sein, gemäß ihrer Wünsche und ihren
Bedürfnissen zu handeln. Müsste. Denn [1][sich und dem Kind nach den
Strapazen] der Geburt Ruhe zu gönnen, [2][nannte CNN gleich mal]: Meghan
und Harry sträuben sich gegen die Tradition. [3][RTL wusste es noch
besser]: „Ihre Fans sind geschockt – keine Bilder vom Royal Baby?“ Dabei
brechen die jungen Eltern keinesfalls mit Traditionen, lediglich mit
Erwartungen: Harrys Mutter Diana war die erste Angehörige des britischen
Königshauses, die, quasi noch mit einem Bein im Kreißsaal stehend, die
Frucht der erfolgreichen Fortpflanzung dem öffentlichen Auge darbot. Queen
Elizabeth hingegen hatte ihre vier Kinder noch zu Hause zur Welt gebracht.
Doch die Erzählung von einer sträubsamen Meghan ist beliebt. Die bereits
einmal geschiedene Amerikanerin, eine Woman of Color, wird medial gern zum
Misfit erklärt und damit auch in den scheinbaren Gegensatz zu Katherine von
Cambridge gesetzt, die sich noch nie einen Fehler erlaubt haben soll.
Es ist für die Royals üblich, vor der Geburt nicht über das Geschlecht oder
den Namen des Kindes zu sprechen. Den Raum für Spekulationen schließen die
Brit*innen gern mit Wetten: Die meisten setzten ihr Geld darauf, dass die
Vornamenswahl auf Elisabeth oder Diana beziehungsweise Arthur oder Edward
fallen wird. Bei Baby Sussex ist der Raum für Spekulationen aber etwas
größer als bei den Cousinen und Cousins. Offen bleibt, ob das Kind Träger
einer doppelten Staatsbürgerschaft sein wird, ob die Queen ihm einen Titel
verleihen wird und ob es sich eher für Polo (wie sein Vater) oder
Corgiezucht (wie seine Urgroßmutter) interessieren wird. Und schließlich
ist da die vor allem für Rassist*innen entscheidende Frage nach der Haut-
und Haarbeschaffenheit. „Eine Gemischte brütet mit einem Rothaarigen – ich
kann nicht erwarten zu sehen, wie das Ergebnis aussieht.“
## Postitionierung gegen Rassismus
Online-Kommentare wie dieser offenbaren unterdessen das ganze Spektrum von
Ablehnung, die Meghan entgegenschlägt. „Meghan war nie schwanger. Sie haben
einfach noch kein schwarzes Kind mit roten Haaren finden können, das sie
als ihr eigenes ausgeben können!“ Es gibt natürlich noch drastischere
Aussagen als diese. Baby Sussex wird nicht nur das Joch eines Lebens in der
Öffentlichkeit zu tragen haben, über das Harry und William klagten. Die
künftige Nummer sieben der britischen Thronfolge wurde schon vor der Geburt
rassistisch beleidigt und es kann leider nicht davon ausgegangen werden,
dass sich das nun ändert. Es wäre weit gegriffen, deshalb auf eine starke
Positionierung der britischen Royals gegen jeglichen Rassismus zu hoffen.
Dennoch: Bereits vor der Verlobung mit Meghan ließ Prinz Harry [4][ein
offizielles Statement herausgeben], in dem er rassistische Untertöne in der
Berichterstattung über seine Partnerin und den offenen Sexismus und
Rassismus in Online-Kommentaren darunter verurteilte.
Bekanntermaßen äußert sich Königin Elisabeth gar nicht politisch. Sie
dürfte zwar an Wahlen teilnehmen, hat aber seit ihrer Krönung im Jahr 1953
nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht. Über ihre Familie gilt die Annahme,
dass sie das Neutralitätsgebot ebenfalls auf diese Weise auslegt. In ihren
öffentlichen Äußerungen sind die britischen Royals dazu verdammt, sehr
allgemein zu formulieren, eher zu sagen, was gut ist in der Welt, als mit
dem Finger auf Probleme zu zeigen. Es ist gut, sich für die Natur
einzusetzen, aber wer sie schädigt, über den wird geschwiegen. Es ist gut,
das Stigma psychischer Krankheit aufzulösen, aber die Ursachen liegen ganz
im Privaten, no comment über materielle Ursachen. Insofern war Harrys
Statement gegen Rassismus als ein für ihn richtungsweisendes zu verstehen –
ein klares nein aus dem Mund (oder genauer, aus der
Öffentlichkeitsabteilung) eines per Gebot Neutralen.
Harry und Meghan haben keine politische Macht, aber eben sozialen Einfluss,
den sie hoffentlich in der Zurückweisung von Rassismus wirken lassen.
Glücklicherweise muss die britische Öffentlichkeit aber nicht darauf
warten, dass persönliche Betroffenheit eines Angehörigen des Königshauses
andere drängende Themen auf die gesellschaftliche Agenda setzt. Sie hat ja
schon lange genug auf das Kind gewartet.
6 May 2019
## LINKS
[1] /!5268254/
[2] https://edition.cnn.com/2019/05/02/uk/meghan-harry-royal-baby-photo-call-gb…
[3] https://www.rtl.de/cms/herzogin-meghan-prinz-harry-ihre-fans-sind-geschockt…
[4] https://www.royal.uk/statement-communications-secretary-prince-harry
## AUTOREN
Donata Künßberg
## TAGS
Windsors
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Großbritannien
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