| # taz.de -- Öffentlicher Nahverkehr für alle: Augsburg probt die Gratis-Tram | |
| > An acht Haltestellen der Stadt können öffentliche Verkehrsmittel bald | |
| > kostenlos genutzt werden. Die Idee findet nicht überall Anklang. | |
| Bild: Kostenloser Nahverkehr für alle, heißt es bald in Augsburg | |
| Berlin taz | Die bayerische Stadt Augsburg will den öffentlichen | |
| Personennahverkehr kostenlos machen. Mitte 2019, spätestens 2020 soll man | |
| in der Innenstadt Bus und Straßenbahn ohne Fahrschein nutzen können. Das | |
| Angebot sei Teil der Augsburger „Agenda für Mobilität“, erklärte Walter | |
| Casazza, Geschäftsführer der Stadtwerke. Mit ihr wolle die Stadt | |
| Fahrverbote vermeiden und „umweltfreundlicheres Verkehrsverhalten“ fördern. | |
| Ein Vorbild? | |
| In vielen deutschen Städten werden Schadstoffgrenzwerte gerissen, die EU | |
| fordert seit Langem Maßnahmen dagegen. Im Februar hatte die Bundesregierung | |
| in einem Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella geschrieben, man denke | |
| darüber nach, den Gratis-ÖPNV in fünf Modellstädten zu testen. Diese | |
| winkten jedoch ab. Zu teuer. | |
| „Fast 12,8 Milliarden Euro nahmen die deutschen Nahverkehrsunternehmen 2017 | |
| durch Fahrgelder ein“, rechnet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen | |
| vor. Und schon heute drängelten sich die Fahrgäste „überall“. Der Verband | |
| warnt: „Ein kurzfristiger, sprunghafter Fahrgastanstieg würde die | |
| vorhandenen System vollständig überlasten.“ | |
| Helmut Dedy vom Deutschen Städtetag formuliert es anders: „Wir gucken mit | |
| großem Interesse auf Versuche, kleinräumig vergünstigte oder kostenlose | |
| Nahverkehrsangebote einzuführen, so wie in Augsburg.“ Aber wer den | |
| Gratis-ÖPNV „großflächig“ wolle, müsse sagen, wie das „vor Ort finanz… | |
| werden soll“. | |
| Kostenlos unterwegs – aber nur in der Innenstadt | |
| Augsburg schreckt die Geldfrage allerdings nicht ab. Die Stadtwerke und die | |
| Stadt Augsburg als Gesellschafter würden Fördergelder beantragen und für | |
| den Eigenanteil „ein tragfähiges Finanzierungskonzept entwickeln“, | |
| versichert Casazza. | |
| Allerdings soll der ÖPNV nicht in der gesamten Stadt kostenlos sein, | |
| sondern nur in der „City-Zone“. Das sind acht Haltestellen zwischen | |
| Hauptbahnhof, Theater, Rathausplatz und anderen Knotenpunkten im Zentrum. | |
| Das sei dann doch dem Geld geschuldet, erklärt Casazza: „Die | |
| Erlösminderungen durch die kostenlose Innenstadtzone müssen sich in einem | |
| verkraftbaren Rahmen halten.“ Zusammen mit einem sehr günstigen | |
| Kurzstreckenticket (4 Haltestellen für einen Erwachsenen maximal 1,45 Euro) | |
| erweitere sich aber der Radius. | |
| Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland meint: „Wer nur die Augsburger | |
| Innenstadt entlastet, verlagert das Problem an den Stadtrand.“ Dort suchten | |
| Autofahrer dann nach Parkplätzen, sie ließen den Wagen aber nicht zuhause | |
| stehen. Darum gehe es aber: „Man muss von Zuhause zu Fuß oder mit dem Rad | |
| bequem zur Haltestelle fahren können, wo der Bus oder die Bahn in guter | |
| Taktung in die Stadt fährt.“ Zugleich müsse Autofahrern das Leben schwerer | |
| gemacht werden, etwa mit höheren Gebühren fürs Parkhaus. Lottsiepen hält | |
| auch nichts vom Gratis-ÖPNV. „Im Kapitalismus, den kann man kritisieren | |
| oder nicht, wird nur das als Wert geschätzt, das auch etwas kostet.“ | |
| Viele schauen derweil in puncto Nahverkehr auf das Beispiel Wien. Die | |
| österreichische Hauptstadt mache es richtig, findet Mobilitätsforscher | |
| Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Dort | |
| gibt es ein 365-Euro-Jahresticket – nicht umsonst, aber günstig. Canzler | |
| sagt allerdings auch: „Wenn eine Kommune sich einen zeitweisen Gratis-ÖPNV | |
| leisten will, um seine Bürger zum Probieren einzuladen, ist das natürlich | |
| zu begrüßen.“ | |
| 27 May 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Hanna Gersmann | |
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