Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach antisemitischem Übergriff in Berlin: Verdächtiger stellt sic…
> Am Tatort will niemand etwas von der Tat mitbekommen haben. Die Polizei
> fahndet nach zwei weiteren Verdächtigen.
Bild: Tatort Prenzlauer Berg: In der Raumer Straße am Helmholtzplatz passiert …
So richtig will im Prenzlauer Berg niemand etwas vom antisemitischen
Vorfall mitbekommen haben, der sich hier am Dienstagabend ereignete. „Ich
weiß nichts, ich weiß nichts“, sagt der Betreiber eines Falafel-Imbiss’.
„Ich hab nichts gesehen, aber der im Imbiss hat den besten Blick auf den
Tatort“, sagt ein Mitarbeiter des Restaurants nebenan. Niemand will etwas
gehört, etwas gesehen haben – und niemand will seinen Namen in der Zeitung
lesen. Hier, in der Raumer Straße, verrät am Donnerstagmorgen wirklich nur
die Werbung einer Boulevardzeitung an einem Kiosk, was dort zwei Tage zuvor
passiert ist und seitdem bundesweit für Schlagzeilen sorgt.
Zwei junge Männer waren am Dienstagabend mit einer jüdischen Kopfbedeckung,
der Kippa, die Raumer Straße entlang gegangen, als sie nach eigener Aussage
auf eine Gruppe junger, arabisch sprechender Männer trafen. Erst seien sie
von diesen antisemitisch beschimpft, dann auch angegriffen worden,
schildern sie der Polizei später. Einer aus der Gruppe schlägt mit einem
Gürtel auf einen der Kippaträger ein, wie ein vom Opfer im Internet
veröffentlichtes Video zeigt. Danach flüchten der Angreifer und seine zwei
Begleiter. Ein antisemitischer Angriff im gutbürgerlichen Prenzlauer Berg,
das ist ein Skandal.
Am Donnerstagmittag stellt sich der Tatverdächtige im Beisein seiner
Rechtsanwältin. Es handelt sich nach Angaben der Polizei um einen
19-jährigen syrischen Staatsbürger, der seit 2015 in Deutschland lebt. Am
Nachmittag wurde er einem Haftrichter vorgeführt, zur Sache äußerte sich
der Mann bisher nicht. Ermittelt wird wegen gefährlicher Körperverletzung
und Beleidigung. Die Fahndung nach seinen beiden Begleitern dauerte am
Donnerstagabend an.
Der angegriffene Kippaträger Adam A. ist 21 Jahre alt, kommt aus Israel und
lebt seit drei Jahren in Deutschland. Er ist, wie nun bekannt wurde, nach
eigener Aussage aber kein Jude, sondern Atheist. In Interviews erklärte A.,
dass er die Kippa erst vor ein paar Tagen in Israel von einem Freund
geschenkt bekommen hatte. „Ich bin unter Juden aufgewachsen, meine ganzen
Freunde in Israel sind Juden, ich habe auch Juden unter meinen Verwandten.
Es hat etwas mit mir zu tun und es ist sehr wichtig für mich“, sagt er in
einem Interview. Trotz Warnungen habe er in Berlin die Erfahrung machen
wollen, eine Kippa zu tragen.
Egal ob A. die Kippa aus religiöser Überzeugung trug oder nicht – es ändert
nichts daran, dass der Angriff auf ihn als antisemitisch einzustufen ist.
Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sagte dazu einer Zeitung:
„Das Judentum gehört zu Deutschland – wer das nicht akzeptiert, hat hier
nichts verloren.“
In der Raumer Straße in Prenzlauer Berg stimmt man Oppermann zu. „Das ist
schlimm, aber wir haben davon auch erst aus den Medien erfahren“, sagt der
Mitarbeiter eines Eck-Cafés. In einer Bäckerei sagt eine Frau: „Ich bin
wirklich betroffen. Im Prenzlauer Berg passiert so etwas ja eigentlich
nicht.“ Sie zeigt auf das Gesicht des Angreifers auf der Titelseite und
sagt: „Der kam bestimmt aus einem anderen Teil von Berlin“. Eine Kundin mit
schwarzen Haaren nickt und pflichtet ihr bei: „Ich komme auch aus dem Nahen
Osten. Mich beschämt dieser Antisemitismus.“
Nahezu alle relevanten Bundes- und Landespolitiker haben sich zu dem
Vorfall geäußert und ihn scharf verurteilt. Die CDU-Fraktion im Berliner
Abgeordnetenhaus forderte auch für Berlin einen Antisemitismusbeauftragten.
19 Apr 2018
## AUTOREN
Katharina Meyer zu Eppendorf
Plutonia Plarre
## TAGS
Antisemitismus
Übergriffe
Berlin Prenzlauer Berg
Fête de la musique
Jüdisches Museum Berlin
Antisemitismus
Antisemitismus
Jüdische Gemeinde
Antisemitismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wochenvorschau für Berlin: Endzeitstimmung und Feierlaune
Diese Woche ist gute Laune angesagt. Es ist wieder Zeit für die größte
Umsonst-und-draußen-Party und das größte Festival für freie Kunst in dieser
Stadt.
Berliner Wochenkommentar II: Ein Denkanstoß
Die Kippa, die Anlass zu einem antisemitischen Angriff in Prenzlauer Berg
war, ist nun im Jüdischen Museum zu sehen.
Aktion „Berlin trägt Kippa“ am Mittwoch: Auch Frauen dürfen eine tragen
Nach dem gewalttätigen antisemitischen Vorfall in Prenzlauer Berg lädt die
Jüdische Gemeinde Berlin alle Hauptstädter zum tragen einer Kippa auf.
Nach antisemitischem Angriff in Berlin: Schläger stellt sich der Polizei
Zwei Tage nach dem Angriff auf einen jungen Israeli und dessen Begleitung
ist der Täter bei der Berliner Polizei erschienen. Begleitet wurde er von
einer Rechtsanwältin.
Feiern in Berlin zur Staatsgründung Israels: Lieber ein säkulares Leben
Berlin hat die zweitgrößte jüdische Gemeinde Deutschlands. Doch nur ein
Viertel der jüdischen Berliner sind darin organisiert. Eine
Bestandsaufnahme.
Experte zur Zunahme von Antisemitismus: „Es müssen Handlungen folgen“
Viele erklären den zunehmenden Antisemitismus mit der Migration von
Muslimen. Zu einfach, erklärt der Leiter der Recherche- und
Informationsstelle Antisemitismus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.