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# taz.de -- Umbaupläne für Bremer Innenstadt: Bremen wird neu erfunden
> Für Investoren scheint die Innenstadt eine Goldgrube zu sein. Wenn alle
> Projekte gelingen, wird sich Bremen in zehn Jahren vollkommen anders
> anfühlen.
Bild: So schön wird's nie wieder: Kaufhofgebäude in der Papenstraße
BREMEN taz | Die Bremer Innenstadt wird komplett umgebaut. Zwischen
Sparkasse am Brill und dem Sporthaus Karstadt soll in zehn Jahren nichts
mehr an das erinnern, was derzeit dort steht. Auf dem historischen
Firmengelände von Jacobs, heute Mondeles, soll ein schmuckes Wohnquartier
entstehen; am Europahafen, wo Firmeninteressen von Kelloggs bisher die
Stadtentwicklung blockiert haben, plant Zechbau vier attraktive
Wohngebäude. Die Innenstadt soll wieder bevölkert und ausgeweitet werden.
Bei einer „Anhörung von SPD und Grünen in der Bürgerschaft hörten die
Politiker am Freitag aufmerksam denen zu, die hier Millionen investieren
wollen.
Warum wollen die das? Das Geld in Immobilien anzulegen liegt derzeit
besonders im Trend, aber der Unternehmer Kurt Zech nannte einen anderen
Grund: In Bremen ist in den vergangenen zwanzig Jahren wenig passiert, das
könnte eine Chance sein, in die Stadt der Zukunft zu investieren. Etwas
unpassend sprach Zech (Jahrgang 1957) von der „Gnade der späten Geburt“.
Was er meint: Die Bremer City ist nicht von Einzelhandelszentren der Marke
ECE verbaut. Die herrschen am Stadtrand – aber Zech erwartet eine
Renaissance der Stadt. Der Online-Handel revolutioniert den Einzelhandel –
die Läden der Zukunft sind keine großen Warenlager mehr, weil die Kunden
sich daran gewöhnen, die gekauften Produkte liefern zu lassen. Der
Einkaufsbummel muss Spaß machen.
Christian Jacobs, der Spross der Bremer Kaffee-Firma, sieht das genauso.
„Warum kommen die Menschen zu uns? Weil es hier schön ist, nicht weil es
anderes zu kaufen gäbe als anderswo.“ Also muss die Aufenthaltsqualität
schön sein, und „schön“ ist eben auch ein Auftrag an die Architektur.
Die Entwürfe von Zech für den Europahafen und von Jacobs für den „Jacobs
Hof“, das Gelände zwischen dem „Johann-Jacobs-Haus“ in der Obernstraße …
der Stadtwaage, haben ästhetische Qualitäten. Auch die neue Landesbank am
Domshof falle positiv auf, sagte Oliver Platz von der Architektenkammer. Er
forderte „exzellente“ Architektur. Manche Projektskizzen erfüllen dieses
Kriterium nicht, es dominiert die einfallslose Kasten-Architektur, zu
bewundern zwischen Kühne & Nagel und dem Bahnhofsplatz.
Investoren wie Zech und Jacobs hören offensichtlich den Stadtsoziologen
aufmerksam zu. Walter Siebel war zu der Anhörung am Freitag nach Bremen
gekommen, der Oldenburger Ermeritus. Der 79-Jährige wies darauf hin, dass
vor allem die Rollenveränderung der Frau die Städte verändert – die
berufstätigen Frauen übernehmen nicht mehr die „außerberuflichen
Verpflichtungen“, sondern kaufen diese als Dienstleistung ein. Nähe zu den
Dienstleistungsangeboten ist daher wichtiger als das Häuschen im Grünen.
Gleichzeitig, sagt Siebel, wird die Bindung der Mittelschichten an „ihre“
Stadt geringer, sie nehmen städtische Angebote im Sinne von
„Hotelfunktionen“ wahr. Bürgerschaftliches Engagement werde durch ein
zunehmendes „Kunden-Interesse“ verdrängt. Vor allem aber, hofft Siebel,
könnte die Zukunft des Autos die Innenstädte entlasten – wenn Mobilität
weniger an den Privatbesitz einer Karosse gebunden sei. 90 Prozent des
Verkehrs in den Städten sei immerhin der „ruhende“ Verkehr ungenutzter
Mobile.
Der Bausenator kam ganz zum Schluss zu Wort und musste auf die provokative
Frage antworten, ob es sich um ein „Solo für Investoren“ handele. Nein,
versicherte Joachim Lohse, aber man sitze „in demselben Boot“.
9 Apr 2018
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Immobilien Bremen
Stadtentwicklung Bremen
Bremen
Joachim Lohse
Kühne und Nagel
Hochhaus
Bundesrat
Sozialer Wohnungsbau
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