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# taz.de -- Studentisches Hochhauskonzept: Die Angst vorm hohen Haus
> Architekturstudierende aus Kassel stellen ein Hochhauskonzept für Bremen
> vor. Ihre Vorschläge sind eine Wohltat für hiesige Debatte.
Bild: Die Bremer Hochhäuser sind nicht schön – aber die Höhe ist nicht das…
BREMEN taz | Wer in Bremen ein Hochhaus bauen will, muss sich auf Ärger
einstellen. Und zwar von allen Seiten. Denn ob man nun an in den Himmel
gestapelte Elendsquartiere denkt oder an gläserne Bonzen- und
Bankenpaläste: Wirklich leiden kann sie niemand. Das wissen auch die
angehenden Architekten aus Kassel, die in einem Ausstellungsraum am Brill
gerade ihre „Stadtsilhouetten“ vorstellen: ein Hochhauskonzept für die
Stadt Bremen.
Sie werben fast defensiv dafür, es mit den Hochbauten doch wenigstens mal
zu versuchen. Obwohl die einzelnen Entwürfe erfrischend frei von
ideologischen Hemmungen zu Werke gehen, steht am Anfang zunächst das, wovon
tunlichst die Finger zu lassen sind: die Grünflächen der Stadt, die
charakteristischen Bremer-Haus-Viertel – und natürlich das von der UNESCO
geschützte Altstadtensemble aus Rathaus, Roland und so weiter.
Das allerdings reicht für Hochhausplaner erheblich weiter als „Bremens gute
Stube“, weil die Sicht auf den Dom auch aus der Ferne nicht versperrt
werden soll. Also: Bremen soll nicht Frankfurt werden und trotzdem um eine
ganze Reihe von Hochhäusern ergänzt werden, die das Vorhandene aufgreifen
und fortsetzen sollen.
„Silhouetten zum Weiterbauen“ nennen das die Studierenden und schließen da
neben dem historischen Klimbim auch die Industrieklötze entlang der Weser
mit ein. Dass die Kasseler nun ausgerechnet Bremen für ihr Semesterprojekt
ausgewählt haben, dürfte wohl dem Leiter Stefan Rettich zu verdanken sein,
der vor seiner Professur in Kassel an der Bremer „School of Architecture“
tätig war. Mit Studierenden von hier hat er in den vergangenen Jahren
ähnliche Projekte zu Bremer Bausünden wie der Hochstraße am Breitenweg oder
der Grohner Düne angeleitet.
Nun also Hochhäuser. So könnte am Breitenweg das bereits vorhandene
Bundeswehrhochhaus einen Nachbarn bekommen, direkt auf der anderen Seite
der Hochstraße.
Was nach einem eher subtilen Eingriff ins Stadtbild klingt, sieht
gezeichnet erheblich aufregender aus: Wie durch ein Tor führe der Verkehr
von der B75 in einen klar definierten Raum, statt wie bisher nach
undurchsichtigen Auf- und Abfahrten plötzlich vorm Bahnhof in die
Innenstadt gespuckt zu werden.
Ein korrespondierendes drittes Hochhaus am Rande des Güterbahnhofgeländes
wäre gleichzeitig ein optischer Anlaufpunkt für den Verkehr der
Bürgermeister-Smidt-Straße.
Die Häuser selbst sind ganz ansehnlich designt, in so einer Mischung aus
Wohn- und Gewerbeflächen – interessante Ideen, die so zwar niemand bauen
wird, die aber doch Angst nehmen und eine Idee davon vermitteln, dass Lage
und Anschluss an die Infrastruktur für einen Neubau relevanter sind als
seine Höhe.
Und das macht die Ausstellung über die Zukunftsplanung hinaus ja gerade so
interessant auch für längst laufende Debatten. Tenever etwa hat sich
gemacht, auch wenn man das in Viertel und Innenstadt noch immer nicht so
recht mitbekommen hat. Nicht weil die Häuser heute flacher wären, sondern
weil man die leerstehende Hälfte abgerissen und so die Angstecken belichtet
hat.
Derart entzerrt, wurde aus dem dunklen Klotz am Ende der Welt bezahlbarer
Wohnraum am grünen Rand der Stadt. Und das klingt nicht nur anders, sondern
ist es eben auch.
Vergessen darf man über die neue Freude am Hochhaus natürlich nicht, dass
dieses nachträglich zurechtgestutzte Tenever einmal noch viel mehr wollte:
eine Utopie von der Expansion in die Höhe, praktisch, durchorganisiert und
günstig. Im Wissen um das Scheitern dieser alten Träume versprechen die
studentischen Entwürfe nichts dergleichen, sondern wägen Vor- gegen
Nachteile nüchtern ab. Und mindestens das ist in Bremen: ein Fortschritt.
19 Mar 2018
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
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Hochhaus
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