# taz.de -- Immobilien des Bundes: Gemeinwohl statt Gewinn | |
> Der Bund verscherbelt seine Grundstücke und Immobilien meistbietend. Für | |
> die Städte ist das fatal. Das Land Berlin will das nun ändern. | |
Bild: Nicht viel Platz in Berlin – die wenigen freien Grundstücke wollen alle | |
BERLIN taz | Dass sich in einem lange leer stehenden Bürogebäude am | |
Frankfurter Tor jetzt Studenten in möblierte 18-Quadratmeter-Zimmer | |
einmieten können, ab 635 Euro monatlich, ist schön für die | |
Upper-Class-Studis, deren Eltern 30 Euro pro Quadratmeter nicht zu viel für | |
das Wohl ihrer Sprösslinge sind. | |
Weniger schön ist das im Sinne einer sozialen Stadtentwicklung, also der | |
Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum für alle, von der dann auch | |
Studenten profitieren können. Die Unlust von Privaten, genau diesen zu | |
schaffen und anzubieten, versteht sich systembetrachtend von selbst, also | |
bleibt die öffentliche Hand. | |
Wie schön wäre es also, hätte diese genügend Grundstücke, um günstigen | |
Wohnraum zu errichten. Und jetzt die Ironie: Wem gehörte das Grundstück, | |
auf dem die Cresco Capital Group nun das dicke Geschäft macht? Richtig, dem | |
Staat. Bis zum Jahr 2013 war die Fläche Teil des Portfolios der | |
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), dem Immobilienunternehmen des | |
Bundes. Dann erfolgte der Verkauf zum Höchstpreis von 16 Millionen Euro – | |
zu viel für landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, die selbst dringend | |
nach Grundstücken suchen. | |
Und das ist kein Einzelfall. [1][Dutzende Flächen und Häuser gehen | |
dieserart Jahr für Jahr an private Investoren]. Aktuell stehen große | |
Grundstücke in Karlshorst und Spandau zum Verkauf, auch sie werden damit | |
nicht mehr für die Errichtung günstigen Wohnraums zur Verfügung stehen. | |
Gesetzlich ist das genau so gewollt. Demnach ist die Bima beauftragt, | |
„nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern“. Im | |
Ergebnis beschleunigt der Bund damit die Preisentwicklung nicht nur auf | |
Berlins überhitztem Immobilienmarkt. Für Stadtentwicklungspolitik, ja gar | |
soziale Verantwortung ist in dieser Schäuble’schen Logik eines | |
marktkonformen Staates kein Platz. | |
Doch bald beginnt womöglich eine neue Zeit, ohne den alten | |
Bundesfinanzminister und ohne Maximalverwertungsauftrag für die Bima. | |
Zusammen mit Brandenburg und Bremen hat Berlin eine Bundesratsinitiative | |
für ein verändertes Bima-Gesetz eingebracht. Demnach soll beim Verkauf von | |
Liegenschaften, die sich für den sozialen Wohnungsbau eignen, auf | |
Bieterverfahren verzichtet und die Grundstücke stattdessen zum Verkehrswert | |
abgegeben werden. | |
Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) schreibt in einem Brief an die | |
anderen Länderchefs, die Bürger „erwarten hier zu Recht keine | |
Kaufpreismaximierung, sondern eine Kooperation der öffentlichen Hand, denn | |
alle staatlichen Ebenen sind dem Gemeinwohl verpflichtet“. Womöglich stößt | |
er auf offene Ohren. Drei von vier Ausschüssen haben die unveränderte | |
Einbringung des Entwurfs empfohlen. Am Ende könnte das sogar die gut | |
betuchten Studi-Eltern freuen. | |
2 Nov 2017 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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