| # taz.de -- Prozess in Hamburg: Schmierte Kühne + Nagel? | |
| > Ein Möbelimporteur hat den Logistikkonzern auf Zahlung von 95 Millionen | |
| > Euro verklagt, weil er dem Möbelhändler überhöhte Transportkosten in | |
| > Rechnung gestellt haben soll. | |
| Bild: „Immer kulant“: Hochregallager von Kühne+Nagel in Hamburg | |
| HAMBURG taz | Eine Möbelfirma aus Franken hat den Hamburger Logistikkonzern | |
| Kühne + Nagel auf die Zahlung von 95 Millionen Euro verklagt. Der in | |
| Liquidation befindliche Möbelimporteur wirft Kühne + Nagel vor, jahrelang | |
| überhöhte Rechnungen gestellt und damit Schmiergeldzahlungen an einen | |
| Bevollmächtigten des Möbelimporteurs finanziert zu haben. Die überhöhten | |
| Rechnungen hätten letztlich den Ausschlag für die Insolvenz des | |
| Möbelimporteurs gegeben. | |
| Das Hanseatische Oberlandesgericht hat am Donnerstag über Ereignisse | |
| verhandelt, die bis in die 1980er-Jahre zurückreichen, nachdem der | |
| Bundesgerichtshof den Fall zum zweiten Mal an das Hamburger Gericht | |
| zurückverwiesen hatte. Die Bundesrichter forderten das Oberlandesgericht zu | |
| einer erneuten Beweisaufnahme auf. Dabei geht es zentral um die Frage, ob | |
| der Transportvertrag zwischen Kühne + Nagel und der Firma Chromo-Möbel | |
| nichtig ist, weil sich deren Beauftragter, ein Dr. Kurhofer, bestechen | |
| ließ. | |
| Chromo-Möbel exportierte im großen Stil in Asien hergestellte Möbel, um sie | |
| auf dem europäischen Markt zu verkaufen. Die Möbel wurden in Containern | |
| transportiert – bis zu 1.000 Stück pro Jahr. Wie der ehemalige | |
| Geschäftsführer Thomas Launer aussagte, hatte Chromo zunächst Verträge mit | |
| wechselnden Spediteuren, verließ sich aber irgendwann komplett auf Kühne + | |
| Nagel. | |
| Die große Spedition sei zwar teurer gewesen als andere, sagte Launer, dafür | |
| aber zuverlässig und kulant. Chromo habe sich darauf verlassen könnten, | |
| dass stets genug Container verfügbar waren, dass der Transport auch mal | |
| beschleunigt werden konnte oder Container auch mal etwas länger auf dem Kai | |
| stehen konnten, bis sie entladen wurden. „Kühne + Nagel war klasse“, sagte | |
| Launer. Hinweise von Mitarbeitern, es gebe günstigere Angebote, wischte er | |
| vom Tisch. „Ich bin doch nicht verrückt und ändere eine Geschichte, die | |
| läuft.“ | |
| ## Herausgabe von Belegen erzwungen | |
| Die Verhandlungen mit der Spedition legten Launer, dessen Frau und | |
| Schwiegereltern ganz in die Hände Kurhofers. Die Firma sei dermaßen rasant | |
| gewachsen, dass die vierköpfige Leitungstruppe froh über jede Möglichkeit | |
| gewesen sei, Arbeit zu delegieren, erinnerte sich Launer. Und Kurhofer habe | |
| gute Arbeit gemacht. | |
| Ob dem so war, daran kamen Zweifel auf, als die Staatsanwaltschaft Hof | |
| infolge der Insolvenz von Chromo begann, gegen den ehemaligen | |
| Geschäftsführer Launer wegen Untreue zu ermitteln. Im Zuge dessen sei Kühne | |
| + Nagel zur Herausgabe von Belegen gezwungen worden, an denen sich die | |
| Schmiergeldzahlungen ablesen ließen – so schildert es der Anwalt von | |
| Chromo, Reiner Fuellmich. | |
| Nach Darstellung des Anwalts hat Kühne + Nagel zu den eigentlichen | |
| Speditionskosten einen Aufschlag an den Bevollmächtigten Kurhof überwiesen, | |
| den dieser auf seine eigenen Konten leitete. Um den Aufschlag in | |
| Deutschland von der Steuer absetzen zu können, habe die Bremer Kühne + | |
| Nagel-Filiale der Hongkonger Filiale diesen Zuschlag ersetzt. Bis 2002 | |
| waren solche Zahlungen ins Ausland als „nützliche Aufwendungen“ steuerlich | |
| absetzbar. | |
| ## Rabatte oder nicht? | |
| Anwalt Fuellmich machte die Zahlungen mit dem Vermerk „n.A.“ denn auch | |
| gleich zu Beginn des Gerichtstermins zum Thema. „N.A. – das ist ein | |
| Codewort für Schmiergeldzahlungen“, sagte Fuellmich. Die Kammer wollte | |
| dieser These jedoch nicht ohne Weiteres folgen: Fuellmich müsse schon | |
| nachweisen, dass Kurhofer „hinter dem Rücken der Klägerin“ Chromo-Geld | |
| bekommen habe – oder ob es sich nicht um Rabatte handelte, wie von der | |
| Gegenseite behauptet. | |
| Die Verhandlung drehte sich im Weiteren darum, ob Kurhofer tatsächlich | |
| alleine die Aufträge vergeben konnte und inwiefern das plausibel sei. | |
| Launer verwies auf die besondere Kompetenz des Bevollmächtigten, der ja vor | |
| Ort gewohnt habe, die Verhältnisse dort kannte und über die nötigen | |
| Kontakte verfügt habe. Launer trat nur als Zeuge auf. Das Verfahren gegen | |
| ihn wegen Untreue ist längst eingestellt. | |
| 17 Aug 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
| ## TAGS | |
| Kühne und Nagel | |
| Klaus-Michael Kühne | |
| Schmiergeld | |
| Bestechung | |
| Prozess | |
| Klaus-Michael Kühne | |
| Klaus-Michael Kühne | |
| Immobilien Bremen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Geschichtsschreibung bei Kühne+Nagel: Des Patriarchen alternative Fakten | |
| Der Mehrheitsaktionär des Logistikers Kühne+Nagel nennt die Kritik am | |
| Umgang mit der NS-Geschichte des Unternehmens „verzerrt“. Eine Erwiderung. | |
| Machtkampf beim Hamburger SV: Vorstandschef vs. Geldgeber | |
| Der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne will vom Hamburger Sportverein | |
| Geld zurück, weil Vorstandschef Bernd Hoffmann ihm eine Sperrminorität | |
| vorenthält. | |
| Umbaupläne für Bremer Innenstadt: Bremen wird neu erfunden | |
| Für Investoren scheint die Innenstadt eine Goldgrube zu sein. Wenn alle | |
| Projekte gelingen, wird sich Bremen in zehn Jahren vollkommen anders | |
| anfühlen. |