# taz.de -- Ausstellung „Die besten deutschen Comics“: Knaller in der Nische | |
> Bremen zeigt die wichtigsten deutschen Comics in einer betrüblich | |
> randständigen Ausstellung – und verschenkt damit mal wieder eine | |
> Gelegenheit zur Profilierung. | |
Bild: Politische Kunst im Comic: „Madgermanes“ | |
BREMEN taz | Einen besseren Überblick über das, was im Comic derzeit | |
angesagt ist, bekommt keine Ausstellung an die Wand. Im Wallsaal der | |
Zentralbibliothek sind die Preisträger des letzten Max-und-Moritz-Preises | |
zu sehen, des wichtigsten deutschen Comicpreises. Dass hier (fast) keine | |
Geheimtipps hängen, liegt nun daran, dass der Preis seit Jahren wichtiger | |
Stichwortgeber für das Feuilleton ist und die prämierten Titel darum | |
zuverlässig rauf und runter besprochen werden. Lohnen tut der Besuch | |
trotzdem – wegen der zahlreichen Originalzeichnungen, die man sonst ja kaum | |
zu Gesicht bekommt. | |
Kurz gesagt: Die Wanderausstellung ist ein dickes Ding und dass sie nun | |
auch nach Bremen kommt, ist eine kleine Sensation. Allerdings eine mit | |
einem großen Haken, der geradezu sinnbildlich ist für den unterbelichteten | |
Stand der Comics in Bremen. Der Wallsaal ist ein schöner Ausstellungsraum, | |
aber zu klein. | |
Die Schautafeln, auf denen die Arbeiten im Detail vorgestellt werden, | |
mussten sogar ein Stockwerk höher auf den Flur ausweichen. Man hat das | |
populäre Thema unter Wert verkauft – aus der Not: Öffentliche Förderung gab | |
es dafür nicht. | |
Eine Comicszene, wie sie sich etwa in Hamburg über Festivals und Lesereihen | |
etabliert hat, gibt es hier nicht. Wenn mal jemand kommt, dann ist es ein | |
Glückstreffer, weil der Golden Shop oder die Logbuch-Buchhandlung den | |
richtigen Riecher hatten und jemanden eingeladen haben. | |
So wie etwa Birgit Weyhe, die am Mittwoch bei der Ausstellung in der | |
Bibliothek zu Gast ist, um ihren Comic „Madgermanes“ vorzustellen – ein | |
bildgewaltiges Werk, das die Geschichte mosambikanischer | |
Vertragsarbeiter*innen in der DDR erzählt. Das ist eine Fußnote zum | |
historischen Wirrwarr des zusammenbrechenden Sozialismus – aber eben auch | |
eine, die über ihre assoziative Bildsprache gerade als Comic glänzt. | |
Dass Ausstellung und Rahmenprogramm trotz knapper Mittel nach Bremen | |
kommen, ist das Verdienst von Gregor Straube vom Verein Kulturnetz – einem | |
von diesen hyperaktiven Comic-Enthusiasten, die hier in Bremen gute Arbeit | |
machen und zumindest auswärts auch wahrgenommen werden. | |
Da war etwa die Ausstellung „Abstrakte Comics“: Damit hat Straube in der | |
Neustadt eineinhalb Räume gleich dreimal bespielt. Die internationalen | |
Künstler*innen kamen in Etappen nach Bremen, weil zu wenig Platz war. Der | |
große Aufschlag fand dann anderswo statt. In Mannheim, wo die drei Teile | |
gemeinsam gezeigt und gut besucht wurden. | |
Oder „Ink & Pixels“, eine hochinteressante Rundumschau über die Vielfalt | |
des kenianischen Comics: auf dem Flur der Bibliothek versteckt, später dann | |
in Wiedensahl in angemessener Größe – und mit eigenem Katalog. | |
Die Bremer Comickultur ist ein Exportgut. Mit Geschichte übrigens: Auch | |
Panel, ein einst verdienstvolles Magazin stammt aus Bremen. Hier herrscht | |
produktives Rumgewurschtel unter widrigen Bedingungen. Hört man sich in der | |
Bremer Kulturszene nach Comics um, dann kommt man noch heute nach zwei | |
Sätzen auf „Kaboom“ zu sprechen, eine Ausstellung der Weserburg, welche die | |
Schnittstellen von Comic und Kunst untersucht hat. Das war wirklich toll, | |
ist aber auch schon fünf Jahre her. | |
Dennoch: Wer nach Comics in Bremen sucht, der findet sie auch. In Straubes | |
Galerie in Walle, oder im Institut Français, das regelmäßig verdiente | |
französische Künstler*innen vor- und ausstellt. Auch Künstler*innen gibt | |
es, die aber ebenfalls eher peripher unterwegs sind. | |
An der Hochschule für Künste etwa wird mit Zines gearbeitet: künstlerischen | |
Druckerzeugnissen, unter denen zwischen Kunst-, Illustrations- und | |
Literaturmagazinen eben auch ein paar Comics zu finden sind. Ende Mai steht | |
das Bremer Zine- Festival auf dem Plan – und ganz sicher werden auch da | |
wieder ein paar schöne Comictitel versteckt sein – weil auch da wieder ein | |
paar Enthusiasten rumgewurschtelt haben werden. | |
21 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
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