# taz.de -- Friedensplan in Afghanistan: Angebot an die Taliban | |
> Staatschef Ghani bietet den Islamisten den Eintritt in die Regierung an. | |
> Gibt es bald eine Afghanistan-Friedenskonferenz in Deutschland? | |
Bild: Noch ist Afghanistans Zukunft undurchsichtig: Eingangshalle des Intercont… | |
KABUL taz | Es sind die weitestgehenden Friedensvorschläge, die eine | |
afghanische Regierung jemals an die Taliban gemacht hat: Verhandlungen in | |
Kabul, und wenn der Aufstandsbewegung das zu gefährlich ist, „in einem | |
UN-Büro, in einem nicht in den Konflikt involvierten islamischen Land“ – | |
also nicht in Pakistan – „oder in irgendeinem Drittstaat“; Eröffnung ein… | |
Taliban-Büros in der afghanischen Hauptstadt und Anerkennung der | |
bewaffneten Gruppe als politische Partei; Aufhebung der UN-Sanktionen für | |
Taliban-Verhandler; Freilassung von Gefangenen und Aufnahme der Taliban in | |
die afghanische Regierung. Alles ohne Vorbedingungen. Sogar einen | |
Waffenstillstand soll es geben. | |
Die Taliban müssten jetzt entscheiden, ob sie Frieden wollen, sagte der | |
afghanische Präsident Ashraf Ghani, der diese Vorschläge gestern beim | |
zweitem Treffen des sogenannten Kabul-Prozesses unterbreitete. Er bot zudem | |
Gespräche über eine Revision der Verfassung an. Immerhin will er dabei an | |
den demokratischen Rechten aller afghanischen Bürger und insbesondere den | |
Frauenrechten festhalten – das ist eine rote Linie sowohl für politisch | |
aktive Afghan*innen als auch für die internationalen Unterstützer der | |
Ghani-Regierung. Frauen und Zivilgesellschaft sollen „in allen Phasen“ | |
etwaiger Gespräche beteiligt werden. | |
Der Kabul-Prozess dient dazu, Afghanistans Nachbarn für einen Friedensplan | |
zu mobilisieren. Der Adressat des Friedensplans, die Taliban, waren nicht | |
eingeladen. Denn erst sollen die nahen und ferneren Nachbarn – Pakistan und | |
Indien, Iran, Russland und China – sowie die Geberländer mit den USA an | |
der Spitze auf die afghanische Regierungslinie eingeschworen werden. | |
Dies ist wohl zumindest vorerst auch gelungen, wie die am späten | |
Mittwochnachmittag verabschiedete Abschlusserklärung andeutet. Insgesamt | |
waren 23 Länder sowie UNO, EU und Nato in Kabul vertreten. | |
## Die Rolle der USA | |
Das alles ist noch kein Friedensplan, sondern erst eine Liste von | |
Vorschlägen. Und die Taliban müssen zustimmen. Das Problem ist: Sie lehnen | |
bisher offiziell jegliche Direktkontakte mit der Regierung Ghani ab und | |
bezeichnen diese als „Knechte Amerikas“. Sie wollen nur mit den USA | |
verhandeln – und zwar über ihre Hauptforderung, den Rückzug der | |
ausländischen Truppen. | |
In einer überraschend schnellen Reaktion auf ihrer offiziellen Webseite | |
werfen die Taliban Ghani nun vor, „die wichtigsten Themen verfehlt“ zu | |
haben. Sie seien nicht auf „Posten und Vergünstigungen“ aus, Ghanis | |
Angebote kämen „politischer Bestechung“ gleich. | |
Wahrscheinlich hatten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht die | |
Abschlusserklärung des Kabuler Treffens erhalten. Denn in dieser Erklärung, | |
zu deren Verfassern auch die USA gehören, wird angeboten, bei Gesprächen | |
auch „die kontroversen Aspekte der internationalen Präsenz in Afghanistan“ | |
auf die Tagesordnung zu setzen. Damit wären die USA direkt oder indirekt an | |
den Verhandlungen beteiligt. | |
Zudem gibt es auch auf Taliban-Seite Flexibilität. In den letzten Jahren | |
hat es immer wieder informelle Kontakte gegeben, direkt oder über Dritte. | |
Das Kabuler UN-Büro oder die internationale Nichtregierungsorganisation | |
Pugwash-Konferenz, die ebenfalls in Kabul vertreten ist, besuchen | |
regelmäßig das politische Büro der Taliban, das 2013 im Golfstaat Katar | |
eröffnet wurde. Erörtert werden unter anderem Verfassungsfragen und | |
Maßnahmen zum Schutz afghanischer Zivilisten. 2015 trafen Taliban-Vertreter | |
in Oslo afghanische Parlamentarierinnen und sollen beeindruckt von deren | |
Auftreten und Positionen gewesen sein. | |
## Die Rolle der Bundesregierung | |
Allerdings steht das Taliban-Büro in Katar gerade zur Disposition, wegen | |
der Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Katar. Die saudische Regierung in | |
Riad ist einer von Afghanistans wichtigsten Geldgebern. Sie hat Kabul unter | |
Druck gesetzt, an ihren Strafmaßnahmen gegen Katar mitzuwirken und das auch | |
öffentlich zu erklären. Sollte es tatsächlich zur Schließung des Büros | |
kommen, dürften die Taliban dies als unfreundlichen Akt interpretieren. | |
Auch wie es zu einem Waffenstillstand kommen soll, ist unklar. Ghani hat | |
offengelassen, ob Kabul den ersten Schritt machen wird oder ob er das von | |
den Taliban erwartet. Jedenfalls kündigte der Präsident an, dass der Hohe | |
Friedensrat – ein von ihm selbst ernanntes Gremium, das aber gern als | |
Nichtregierungsorganisation dargestellt wird – ein Verhandlungsteam | |
nominieren werde. Er drückte seine Hoffnung aus, das man sich mit den | |
Taliban auf eine Agenda verständigen werde. | |
Hier kommt die deutsche Bundesregierung ins Spiel. Ihr | |
Afghanistan-Sondergesandter, der Persisch sprechende Markus Potzel, bot am | |
Dienstag im afghanischen Fernsehen an, die Taliban-Gespräche könnten auch | |
„in Bonn oder Berlin“ stattfinden, und sprach von einer „dritten | |
Bonn-Konferenz“ zu Afghanistan. Die ersten beiden gab es in den Jahren 2001 | |
und 2011. | |
28 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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